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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Der mit dem Cello tanzte: Frank Wolff zum 75ten

Von Renate Feyerbacher, Text und Fotos

Sein Geburtstagskonzert gab Frank Wolff in der Paulskirche. Allerdings nicht an seinem Geburtstag, dem 28. August, da war die Paulskirche für Goethe, der an diesem Tag am 28. August 196 Jahre zuvor auf die Welt gekommen war, reserviert. Beziehungsweise diesmal wurde der diesjährige Goethepreisträger, der bosnische Schriftsteller, Literatur- und Theaterwissenschaftler Dževad Karahasan geehrt, sondern einen Tag später.

Der Cellist Frank Wolff – kreativ und offen wie eh und je

Nur 200 Personen wurden zu Frank Wolffs Konzert in die Paulskirche gelassen. Streng waren die Corona-Regeln. Freunde und Wegbegleiter waren gekommen, zum Beispiel der Satiriker, Autor und  Mitbegründer der TITANIC, Pit Knorr, die Frankfurter Fotografin Barbara Klemm, der Grünen-Politiker und Autor Daniel Cohn-Bendit und Universaltheatergenie Michael Quast. Ich selbst war da, weil ich Frank Wolff lange nicht gesehen und gehört hatte. Zuletzt bei der Aufführung  des ausgezeichneten Dokumentarfilms „Mein blaues Cello“ (2010) 2011 in der Naxos-Halle.

Der Titel bezieht sich auf Else Lasker-Schülers Gedicht „Mein blaues Klavier“. Es umschreibt für Frank Wolff die Klangfarbe seines Instruments. „Das Cello hat ja nicht nur etwas Sentimentales und Romantisches, sondern auch etwas Melancholisches. Das bin ich auch, nicht nur vom Gefühl und der seelischen Verfassung her. Es ist auch ein Teil von meinem Körper.“

Ich war am 29.August dabei, weil ich viel Kontakt zu Frank Wolff und dem originellen Frankfurter Kurorchester hatteZusammen mit der legendären Sängerin und Pianistin Anne Bärenz  hatte er es 1981 gegründet. In den 80-er- 90-er Jahren habe ich es mit kleinen Fernsehbeiträgen im hr begleitet. Die kleine Gruppe tourte damals durch die ganze Welt. Später gründeten die Beiden, die auch privat verbunden waren, das Neue Frankfurter  Schulorchester. Bei dem ersten Konzert in der Alten Oper 2002 begeisterte mich Anne Bärenz, die 2005 leider mit gerade mal 54 Jahren starb. Die beiden mischten Rock, Pop, Klassik und würzten die Musik mit Literatur: mit Gedichten von Heinrich Heine, Robert Gernhardt und Ernst Jandl, mit Limericks.  Klamauk und Tiefsinn wechselten bei ihren Auftritten einander ab.

Pianist Markus Neumeyer kam bereits damals ins Ensemble. Er musiziert, experimentiert und singt heute noch zusammen mit Frank Wolff und der Sängerin Ingrid El Sigai in Gestalt des Stalburg Trio Frankfurt.

 

Auch Oberbürgermeister Peter Feldmann hatte es sich nicht nehmen lassen, zu reden und zuzuhören

Eine Geburtstagsrede war das allerdings nicht – zu verklausuliert. Kaum ging er auf Frank Wolff ein.

Ingrid El Sigai begann mit einem Geburtstagständchen à la Marilyn Monroe „Frankie, wenn Du Geburtstag hast.. , wenn Du doch jeden Tag Geburtstag hätt’st.“ Sie kann schluchzen, gurren und singen wie auf der Opernbühne, auf der sie ebenfalls oft zu Hause ist. Sie gehört zum Ensemble der Frankfurter Kammeroper, ist Sprecherin und Moderatorin beim Hessischen Rundfunk.

Ingrid El Sigai sang das „Geburtstagsständchen“

Im Gesang wurde sie unterstützt von Markus Neumeyer, der sein Instrument, das Klavier, grandios beherrscht. Gelegentlich mischte sich die rau-ruppige Stimme Frank Wolffs dazu. Mit dem Cello erhob er sich nur einmal kurz für einen Tanzversuch. Mit 75 ist man eben nicht mehr so beweglich. Doch sein Cellospiel ist immer noch großartig.

Das Programm bot Musikcollagen von Bach bis Hendrix, von Wolffs Lieblingskomponisten. Mit Doppelgriffen, Glissandi, Flageoletts entlockte er seinem Instrument feine ruppige und auch experimentelle Klangmomente.

Frank Wolff hat ebenso wie der diplomierte Kapellmeister Markus Neumeyer und Ingrid El Sigai eine klassische Musikausbildung. Er studierte bereits als hochbegabter Jugendlicher an der Freiburger Musikhochschule Cello. Dann schmiss er das Studium und ging nach Frankfurt, um bei Theodor W. Adorno zu studieren, der ihm anbot, bei ihm zu promovieren.

Daraus jedoch wurde nichts, Adorno starb. Das Studium verkümmerte, da er und Franks älterer Bruder, der Verleger KD Wolff, sich im SDS, dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund, engagierten. Nach dem Ende der 68er Jahre wandte Frank Wolff sich wieder ganz seinem Instrument zu, das er nie aufgegeben hatte.

Demnächst soll er mit Sting in einer Show auftreten: Komiker Otto, der von den Schreibern der Neuen Deutschen Schule mit Texten beliefert wurde, hörte Frank Wolffs Spiel bei der Geburtstagsparty für Pit Knorr im vergangenen Jahr. Er war so begeistert, dass er ein Treffen mit Sting einfädelte.

Unermüdlich und nach wie vor erfreut Frank Wolff Menschen mit seinem außergewöhnlichen Celloprogramm. Heute lebt er in Berlin, Kinder und Enkelkinder zogen ihn nach schwerer Krankheit dorthin. Aber Frank Wolff ist alles andere als ein muffiger älterer Herr. Er ist jung geblieben, aufgeschlossen und zugänglich. So war er auch hier in Frankfurt für jede und jeden nach dem Konzert zu sprechen und lud offiziell zur Geburtstagsfeier in ein Lokal ein. Für mich war es eine schöne Wiederbegegnung.

 

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