home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Seltene Berufe: Der Parfumeur François-Henri Le Rai Leroy

Moschus, Jasmin und Sandelholz – Über die Tradition und Kreation besonderer Düfte

Von Petra Kammann

Der Duft ist das unsichtbare Kleid, das einen Menschen umhüllt, er kann andere auf Distanz halten, aber auch faszinerend und verführerisch wirken. Parfumeure sind Künstler, die den Menschen mit dem Hauch eines Duftes eine Aura verleihen und Assoziationen auslösen. So einer ist François-Henri Le Rai Leroy aus dem bretonischen Städtchen Vannes im westfranzösischen Morbihan…

François-Henri Le Rai Leroy, Parfümdesigner in Vannes, vor dem Foto seines Ururgroßvaters, des berühmten Pariser Parfumeurs vom Ende des 19. Jahrhunderts, Foto: Petra Kammann

Im Zentrum von Vannes in Nähe der Kathedrale liegt der kleine Laden von François-Henri Le Rai Leroy, Foto: Petra Kammann

Rue Saint-Guénahel im historischen Städtchen Vannes: ein köstlich diskreter Hauch von Duft durchzieht den winzigen Laden mit den dicken Steinmauern von François-Henri Le Rai Leroy. Beim Eintreten in die Mini-Boutique fällt der Blick in dem gerade mal zehn Quadratmeter großen Raum auf ein großes altes Schwarz-weiß-Foto seines Ururgroßvaters L. Louis Lenoir, einst ein begehrter und renommierter Parfumeur an der Place Vendôme in Paris.

Darunter stehen aufgereiht ein paar Parfumflakons, welche die Formeln von gestern und die Duftkompositionen von heute des Parfumeurs François-Henri Le Rai Leroy enthalten.

Zwischen 1860 und 1905 hatte Louis Noir den europäischen Hochadel mit seinen  köstlichen Duftwässern beliefert, war gar Hoflieferant der Königin von England, ebenso wie der des persischen Shahs und des russischen Zaren. Mehr als über 150 Jahre später hat einer seiner Ururenkel François-Henri Le Rai Leroy beschlossen, dessen Duft-Abenteuer von damals heute in Vannes fortzuführen.

Die Parfumerie Louis Lenoir in Paris an der Place Vendôme vor über 100 Jahren

Denn die Erinnerung an L. Louis Lenoir war bei seinen Großeltern immer noch präsent. So wurden die Rezeptbücher, alte Flaschen und Destilliergefäße des Parfumeurs sorgfältig in seiner Familie aufbewahrt. „Die Entdeckungen, die ich unter den Objekten meines Vorfahren gemacht habe, haben mich schlicht fasziniert, aber ich hätte nie gedacht, daraus einen Beruf zu machen. Die Formeln sind handgeschrieben mit genauen Gramm-Angaben und der Anzahl der Ingredienzien“, sagt der engagierte Soloselbstständige.

12 Jahre lang hatte der Parfumeur, der ursprünglich auch eine kaufmännische Ausbildung genossen hat, bereits in Paris im Immobiliengeschäft gearbeitet, bevor er vor knapp 10 Jahren den Absprung wagte, um die Familientradition seines Vorfahren wieder aufzugreifen, sich somit auf ein Metier eingelassen, für das man schon eine gewisse Portion Leidenschaft mitbringen muss. Denn die echte Kreation eines neuen Parfums ist nicht nur sehr subtil, bisweilen zeitaufwändig, sondern auch äußerst subtil und hat nichts mit dem zu tun, was man üblicherweise in den heutigen einschlägigen Drogerie- oder Parfümerieketten findet.

Den Anfang machte er mit dem Duft „Rose fumée noch nach alten Rezepten “, den der Großvater hinterlassen hatte, bevor dann selbst kreierte Düfte folgten. Wie er bei der Kreation eines neuen Duftes vorgehe, wollte ich von François-Henri Le Rai Leroy wissen. „Es gibt immer einen Ausgangspunkt, der ganz unterschiedlicher Natur sein kann. Nehmen wir zum Beispiel die Iris. Der reine Duft dieser Pflanze allein ist schon berauschend. Um allerdings daraus jedoch ein Parfum entstehen zu lassen, bedarf es jedoch einer weiteren Duftnote“, sagt er.

Das kann auch schon mal ein inspirierendes Wort sein wie im Falle seines Parfums „Demesure“, was soviel bedeutet wie Maßlosigkeit oder das Sprengen der Grenzen des Normalen. Da ging es dann mit orientalischen Duftnoten weiter. Mit den Kopfnoten Bergamotte, Pfeffer und Orange, den Herznoten: Basilikum, Lavendel und Geranien und den Basisnoten: Vanille, Weihrauch, Sandelholz und Zeder. Zur Zeit seines Großvaters gab es noch um die hundert Extrakte, die man beimischen konnte. Heute sind die Möglichkeiten unbegrenzt. Dafür ist es nicht so leicht, ein besonderes Charakteristikum heraus zu destillieren.

So testet Le Rai Leroy, wenn er glaubt, dass seine Komposition fertig ist, diese an Bekannten und Freunden, um auch spontane Reaktionen mit einzubeziehen. „Es ist immer schwierig, eine Komposition zu beenden“, erzählt er. Wird der Duft gefallen? Ist er noch verbesserungswürdig?

„Für die Männer sollte es ein holzig-aromatischer Duft sein mit einigen Zitrusnoten, für die Frauen leicht holzig, weder zu süßlich, noch zu blumig“, ergänzt er. „Dann muss man die Reaktionen und subjektiven Empfindungen entschlüsseln und neu interpretieren. Und wartet erst einmal ab. Daher kann es durchaus bis zu sechs Monaten dauern, bis ein Duft wirklich steht. Manchmal geht es auch schneller wie im Falle des Duftes ,Héliotrope‚. Da haben 14 Tage gereicht.“

Bis heute hat der Parfumeur neun verschiedene Kompositionen entwickelt, für Frauen, Männer, aber auch Unisecx-Parfums. Seine Eaux de toilettes wie auch seine Parfums werden nach seiner Rezeptur dann in der traditionellen Parfumstadt Grasse in einem erfahrenen Labor hergestellt. Daneben kreiert er auch auf eine individuelle Person zugeschnittene Düfte, mit derselben Akkuratesse wie man ein Haute Couture-Kleid auf den Körper maßschneidert.

Dabei lauscht er im Gespräch den Personen ihre geheimen Wünsche ab und lässt sich davon inspirieren. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass er es nicht vermag, die Wünsche des Kunden zu verwirklichen, weil sie zum Beispiel nicht den richtigen Punkt finden. Dann nimmt er sich das Recht heraus, einen Duft nicht zu realisieren. Denn die olfaktive Komposition ist eine Kunst. Dass er auch kreativ in Designdingen ist, zeigen seine schlicht gestalteten Flacons, die er ebenfalls entwickelt hat.

 

An diesem ersten Flacon orientieren sich auch die anderen Fläschchen

Heute vertreibt François-Henry Le Rai Leroy für Frauen den Duft „Doux Fleurant„, pudrig-funkelnd mit pikanten Noten, einer durchdringenden Frische, aus einer diskreten Melange aus Zitrone, Mandarine, Bergamotte, Iris, Veilche und Sandelholz.

Und für Herren zum Beispiel „Vetyver“ mit einer harmonischen Mischung aus Vetiver, Zeder, Moschus, Muskatnuss, Mandarine und Minze. Daneben hat er auch Duftkerzen auf der Basis von Bergamotte, Jasmin, Sandelholz entwickelt und in ein edel schwarzes Töpfchen gekleidet. Der sinnliche Duft „Demesure Fragrance orientale MIXTE“ ist besonders elegant, authentisch und verführerisch durch seine prickelnden Akzente von Bergamotte, Pfeffer und Orange, während die Herznoten würzige und blumige Aromen von Kardamom, Geranium und Lavendel durchscheinen lassen und dem Duft einen orientalisch holzigen und balsamharzigen Hauch verleihen, bei dem sich Vanille, Weihrauch, Sandelholz und Amber aufs Gelungenste vereinen.

Im Laden gelten nun wegen der Pandemie auch die hygienischen Regeln mit Mundschutz, Foto: Petra Kammann

Natürlich hat sich Le Rai Leroy auf die augenblickliche Lage eingestellt. Die Düfte lassen sich nämlich inzwischen auch direkt bei ihm in Vannes bestellen, von wo aus die Lieblingsparfums auf die olfaktive Reise geschickt, auf der auch Evasionsassoziationen freigesetzt werden. Und wie heißt es schön in Charles Baudelaires berühmten Gedicht aus den „Fleurs du Mal“ („Blumen des Bösen“)?

Les parfums, les couleurs et les sons se répondent.

II est des parfums frais comme des chairs d’enfants,
Doux comme les hautbois, verts comme les prairies,
– Et d’autres, corrompus, riches et triomphants,

Ayant l’expansion des choses infinies,
Comme l’ambre, le musc, le benjoin et l’encens,
Qui chantent les transports de l’esprit et des sens“.

(„Die Parfums, die Farben und die Klänge antworten einander

Düfte gibt es, frisch wie das Fleisch von Kindern, süß wie Oboen,
grün wie Wiesen, — und andere, verdorben, üppig und triumphierend,

Ausdehnend sich Unendlichkeiten gleich,
wie Amber, Moschus, Benzoe und Weihrauch,
die die Verzückungen des Geistes und der Sinne singen.„) 

 

F.H. Le Rai Leroy Fragrances –
11, rue Saint-Guénhaël,
56000 Vannes,

Tel: 00 49 2 56 63 41 16
Mob: 0049 66 64 82 74 96

Mail:  fhleraileroy@gmail.com

Öffnungszeiten: 10h30 à 13h et de 14h à 19h,

Preisangaben und Produktinfos auf Facebook ( FH-Le-Rai-Leroy-Fragrances-409321885541 ) und auf Instagram

 

 

 

 

 

Comments are closed.