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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Offenbachs Wetterpark – Attraktives Freilichtmuseum mit Wetterphänomenen zum Anfassen

„Warum in die Ferne schweifen?“ Spannende Erlebnistour für die ganze Familie

Von Hans-Bernd Heier

Noch ist das Reisen nur mit Einschränkungen möglich. Doch warum in die Ferne schweifen, liegt das Gute oft so nah? Beispielsweise der Wetterpark in Offenbach. Alle reden vom Wetter. Aber kaum jemand weiß, wie Nebel, Hagelschauer oder Stürme entstehen und wie Meteorologen diese so genau voraussagen können. Verständliche Antworten auf diese und ähnliche Fragen erhalten große und kleine Besucher im einzigartigen Erlebnispark am Offenbacher Buchhügel.

Publikumsmagnet Besucherzentrum mit interaktiver Dauerausstellung; Foto: Gisela Heier

Der Wetterpark ist Teil des Regionalparks Rhein-Main – ein Netz aus parkartig oder naturnah gestalteten Wegen und Grünflächen im Rhein-Main-Gebiet mit zwei Besucherzentren in Weilbach und in Offenbach. Die Regionalpark-Rundroute umfasst mittlerweile eine Länge von 190 Kilometern und reicht von Wiesbaden bis Hanau und von Friedrichsdorf bis Rödermark und Mörfelden Walldorf. Die weitverzweigte Route verbindet Streuobstwiesen, Felder und Feuchtbiotope, Kunstwerke und historische Zeugnisse sowie vielfältige Freizeitangebote, wie großzügige Spielplatz-Anlagen. Die vielen Aussichtspunkte eröffnen immer wieder neue Perspektiven auf die abwechslungsreiche Kulturlandschaft der Rhein-Main-Region.

Automatische Wetterstation mit meteorologischem Messgarten

Bereits 2001 kam die Idee auf, die vielfältigen Attraktionen des Regionalparks um einen Wetterpark zu bereichern. Was lag näher, diesen Lehr- und Erlebnispfad in Offenbach, der Wetterstadt Deutschlands, mit dem Hauptsitz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) anzusiedeln? Seit 2005 ist der 20.000 Quadratmeter große Themen-Landschaftspark ein höchst attraktives, kostenfreies Freilichtmuseum. Offene Landschaft und außergewöhnliche Bäume prägen seine Kulisse. Der spezielle Themen-Landschaftspark ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt Offenbach, des Deutschen Wetterdienstes sowie des Regionalpark Rhein-Main.

Das äußerst komplexe Zusammenspiel der klassischen Wetterelemente Sonne, Wasser, Erde, Luft wird an 14 Stationen verständlich vermittelt. Diagramme zeigen typische Zustände der Atmosphäre und der Wetterabläufe. Auf einer Weltkarte kann jedem Ort der Erde die entsprechende Klimazone zugeordnet werden.

Am Simulator des Besucherzentrums können Gäste selbst einen Tornado erzeugen.

Gleich zu Beginn des Rundgangs empfängt eine automatische Wetterstation mit einem meteorologischen Messgarten die Besucherinnen und Besucher. Diese wie auch die anderen 70 Stationen, die der DWD in Deutschland betreibt, entsprechen in Ausstattung und Betrieb exakt den strengen Standards der Weltorganisation der Meteorologie. Automatisch gemessen werden: Erdbodentemperatur, Luftdruck, Luftfeuchte und -temperatur, Niederschlagsart, -dauer und -menge, Windrichtung und Windgeschwindigkeit sowie die Wolkenuntergrenze. Die Lufthygiene wird durch einen Staubsammler bestimmt. Die jeweils aktuellen Werte sind auf einer elektronischen Anzeigentafel zu sehen und werden an die DWD- Zentrale weitergeleitet.

Die Station „Wetter und Klima“ besteht aus einer rund sieben Meter langen Informationsplatte, die Besucher zu lebhaftem Meinungsaustausch einlädt

Neben dem Messfeld steht eine Aussichtsplattform, von der aus die Anlage gut überblickt werden kann. Ein großer Monitor auf Augenhöhe zeigt Animationen zum aktuellen Wettergeschehen wie Wetterwarnungen für Hessen, einen Wolkenvorhersagefilm oder die Temperaturkarte für Deutschland. Der Bildschirm ist in einem markant blau gestrichenen Container untergebracht.

Nur wenige Schritte entfernt glänzt das 2014 errichtete, mit Zinkblechen verkleidete „Besucherzentrum Wetterpark“, das sich zu einem echten Publikumsmagnet entwickelt hat. Die Ausstellung mit ihren vielen interaktiven Stationen bietet ebenso spannende wie unterhaltsame Einblicke in die Phänomene am Himmel. Nicht nur junge Besucher haben große Freude daran, in einer Wassersäule einen Tornado zu entfachen, einen Regenbogen zum Leuchten zu bringen, per Fön Windgeschwindigkeiten zu imitieren oder Wetterstimmungen wie Sturm oder Gewitter visuell und mit Geräuschkulissen zu erzeugen. „Wir präsentieren Wetterphänomene gewissermaßen zum Anfassen“, sagt Regionalpark-Gästeführerin Ina Mpantis. „Kinder drücken an der Station Wetterstimmungen natürlich gerne die Blitz-Taste.“

Klima-Faktoren und -Zonen

Als Wetter – vom althochdeutschen Wort „wetar“ = Wind, Wehen abgeleitet – wird der spürbare, kurzfristige Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort der Erdoberfläche bezeichnet, der sich unter anderem als Sonnenschein, Bewölkung, Regen, Wind, Hitze oder Kälte zeigt. Während das Wetter eine Momentaufnahme beschreibt, bezeichnen Meteorologen als Klima die Gesamtheit aller atmosphärischen Zustände in mindestens 30 Jahren. Eine lange Info-Tafel bietet verständliche Erklärungen – grafisch anschaulich ergänzt – für „Lufterwärmung“, „Luftmassen“, „Luftströmungen“, „Föhn“, „Klimafaktoren“ und „Klimaklassifikationen“.

Im Rhein-Main-Gebiet herrscht vergleichsweise mildes Klima

So erfahren Besucher beispielsweise, warum das Klima im Rhein-Main-Gebiet vergleichsweise mild ist. Die Beckenlage zwischen Taunus, Spessart und Odenwald schützt vor starken Winden. Durch die verdichtete Bebauung und den geringen Luftaustausch kann sich in den Innenstädten aber auch die Hitze stauen („Wärmeinsel-Effekt“). In Sommernächten ist es dann oft mehrere Grad wärmer als auf freiem Feld. Große Grüngürtel und Waldgebiete im Regionalpark kühlen die Luft ab und entlang der Flüsse Rhein, Main, Nidda und Kinzig kann Frischluft in die Städte strömen.

In der Meteorologie ist Luftdruck eine der wichtigsten Größen.

Kaum ein Phänomen gibt den Meteorologen so viele Rätsel auf wie die wundersame Wolkenwelt. Doch was verraten Form und Farben der verschiedenen Wolken-Typen über das Wetter? Welche Form hat ein Regentropfen? Wie schwer ist Luft? Welche zerstörerische Kraft haben Blitze? Wie entsteht ein Gewitter? Keine dieser Fragen bleibt unbeantwortet.

Wie schwer ist Luft?

An der Station „Luftdruck“ dürfte so mancher eine verblüffende Überraschung erleben: Um das Gewicht der Luft anschaulich zu erläutern, ist im Wetterpark ein dreimal drei Meter großer offener pinkfarbener Kubus zu sehen. Sein Inhalt besteht aus Luft, die 27 Kilogramm schwer ist. Dieses Gewicht wird mit einem 27 Kilogramm schweren massiven Metallwürfel verglichen, um zu zeigen, was den Luftdruck ausmacht. Dieser lastet auf unseren Schultern, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.

Wenn das Wetter Kapriolen schlägt: Gewitter; Foto: Marcel Heier

Gewitter sind ein faszinierendes Naturschauspiel. Für viele Menschen sind sie nach wie vor furchterregend, werden doch durch Blitze gewaltige elektrische Spannungen zwischen den Gewitterwolken und der Erde entladen. „Gewitter treten vor allem von Mai bis August auf, am häufigsten im Juni. Insgesamt erhellen in diesen Monaten im Durchschnitt etwa zwei bis drei Millionen Blitze den Himmel“, erläutert Birgit Heck, Sprecherin der Unternehmenskommunikation von WetterOnline.

In einer Gewitterwolke werden kleine Eispartikel und Wassertröpfchen durcheinander gewirbelt. Durch kräftige Aufwinde stoßen und reiben sich die Eiskristalle aneinander und elektrische Ladung entsteht. Typischerweise ist der untere Teil der Gewitterwolke negativ, der obere Teil, genau wie der Erdboden, positiv geladen. Ist der Spannungsunterschied zu groß, entlädt er sich – es blitzt.

Durch den Blitz erhitzt sich die Luft in Bruchteilen von Sekunden auf rund 30.000 Grad Celsius. Dort wo der Blitz entlangfährt, lässt die extreme Hitze die Luft quasi explodieren und löst einen lauten Knall aus. Blitz und Donner entstehen immer gleichzeitig. Durch die unterschiedlichen Geschwindigkeiten von Licht und Schall nehmen wir Blitz und Donner aber zeitlich versetzt wahr.

Blitzbaum – eine vom Blitz getroffene Eiche

Im Wetterpark steht ein vom Blitz getroffener Eichenstamm. Der vernarbte Stamm erhellt, welche zerstörerische Kraft in einem Blitz steckt. Blitzeinschläge hinterlassen in Weich- oder Hartholzbäumen unterschiedliche Spuren. Weichhölzer haben einen hohen und gleichmäßigen Flüssigkeitsgehalt. Die Feuchtigkeit erhitzt sich bei einem Einschlag sehr schnell. Wasser dehnt sich aus. Der Baum zerreißt. Eine Eiche ist dagegen ein Hartholzgewächs. Der Blitz wird unterhalb der Rinde abgeleitet. Mit der Hand kann der fingerdicke Blitzkanal nachverfolgt werden.

An weiteren Stationen können Besucher den Geheimnissen der Sonne, die Motor des Wettergeschehens ist, von Atmosphäre, Wind, Wasserkreislauf, Niederschlag und Luftströmen nachspüren.

Das beeindruckende Modell eines Wetter-Satelliten vom Typ Meteosat 9 gehört ebenfalls zu den Exponaten des meteorologischen Erlebnisparks. Das Modell im Maßstab 1:4 ist eine Dauerleihgabe von EUMETSAT (Europäische Organisation zur Nutzung meteorologischer Satelliten). Der Meteosat 9 dient der Wetterbeobachtung und Klimaforschung. Er tastet wie ein Scanner ununterbrochen die Erde ab. Die gewonnenen Bilder und Daten ermöglichen es, komplexe Wetterabläufe, Klima- und Umweltveränderungen zu analysieren, was so durch Beobachtungen auf der Erde nicht möglich ist. Sie sollen helfen, Unwetter frühzeitig zu erkennen und davor zu warnen, um Katastrophen im Straßen-, Flug- und Schiffsverkehr sowie in Land- und Bauwirtschaft möglichst abzuwenden oder zu entschärfen.

An der „Phänologischen Uhr“ lassen sich die Blütezeit ausgewählter Pflanzen ablesen; Foto: Marcel Heier

2005 wurde Meteosat 9 ins All geschickt. Seither befindet er sich in einer Höhe von 36.000 Kilometern über dem Äquator. Die Bilder, die er ans EUMETSAT-Kontrollzentrum in Darmstadt liefert, geben vor allem Aufschluss über den Feuchtigkeitsgehalt in der Atmosphäre, die Verteilung von Eis und Schnee und den Anteil an Staub.

Als Wahrzeichen des Wetterparks gilt der13 Meter hohe „Sicht-/Dunstturm“, der je nach Stärke der Lufttrübung einen Blick auf Offenbach bis zum Taunus ermöglicht. Ergänzt werden diese Wetterstationen durch eine gut erklärte „Phänologische Uhr“ und einen vielseitigen „Baumpfad“

Der Besuch des Wetterparks ist für die ganze Familie ein ebenso kurzweiliges wie lehrreiches Erlebnis; weitere Informationen unter: www.wetterpark-offenbach.de

Fotos (soweit nicht anders bezeichnet): Hans-Bernd Heier

 

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