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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Ein Besuch im Schweizerischen Generalkonsulat- Wie betrifft Covid 19 die Arbeit im Konsulat?

Für das Schweizerische Generalkonsulat in Frankfurt, zuständig für Hessen, NRW, Rheinland-Pfalz und das Saarland, war und ist die Coronakrise eine besondere Herausforderung. Da es das Ziel der Schweizer Regierung ist, die eigenen Bürger aus der ganzen Welt nach Hause zu holen, kamen etliche Reisende, die auf dem Weg zurück in die Schweiz waren, über den Frankfurter Flughafen. Die Weiterreise sollte dann möglichst von den Reisenden selbst organisiert werden. Dabei war die Unterstützung durch das Konsulat in besonderen Fällen hilfreich. Der Chef des Eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten Bundesrat Ignazio Cassis hatte betont, dass eine Krise dieses Ausmaßes in Europa nur gemeinsam bewältigt werden könne. So hat die Schweiz in den letzten Wochen zum Beispiel auch Corona-Patienten aus Frankreich aufgenommen oder Schutzmaterial nach Italien geliefert. Wie sich der derzeitige Alltag dadurch am Konsulat verändert hat, das wollte FeuilletonFrankfurt wissen. Petra Kammann traf Generalkonsul Dr. Urs Hammer und die Konsularische Attachée Rose Christine Gloor zum Gespräch.

Generalkonsul Dr. Urs Hammer am Eingang zum Schweizerischen Generalkonsulat im 4. Stock an der Mendelssohnstraße 87 in Frankfurt, Fotos: Petra Kammann

Fast klingt es wie eine Erinnerung aus fernen Zeiten, wenn Urs Hammer vom letzten gesellschaftlichen Treffen spricht, das gemeinsam vom Konsulat mit dem Schweizerisch-Deutschen Wirtschaftsclub und Frankfurt RheinMain am 3. März in der Schweizer Residenz in der Villa Elsaesser organisiert wurde. Damals ging es um den ‚Global Spirit‘ in Frankfurt und Davos. Keynote-Speakerin war da die neue Europachefin der Schweizer Großbank UBS Christine Novakovic. „Im Rückblick“, sagt er, „spürte man da schon den Umbruch und die aufkommende wachsende Unsicherheit“…  Und dann folgte alles Schlag auf Schlag, bis der Alltag zum Erliegen kam“.

„Wir mussten alles herunterfahren und haben dann die von Bern wie auch die von Deutschland vorgegebenen Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt, so dass wir seit dem 23. März nunmehr mit zwei alternierenden Teams arbeiten. Die Hälfte des 10-köpfigen Teams macht Homeoffice, während die andere Hälfte vor Ort arbeitet“. Regelmäßig wechseln sie sich ab, nicht zuletzt, um zu vermeiden, dass ihnen im Homeoffice die Decke auf den Kopf fällt.

Dr. Urs Hammer in seinem Konsulatsbüro

Nicht nur für Urs Hammer muss das eine völlige Umstellung gewesen sein, der bis dahin dienstlich oft unterwegs war, in der Schweizerischen Botschaft in Berlin, im Rheinland, im Ruhrgebiet, im Münsterland, in Westfalen, in Rheinland-Pfalz, im Saarland oder in Hessen selbst, wo das Konsulat zudem auch jeweils kulturelle Veranstaltungen mit Schweizern unterstützt: Lesungen, Konzerte, Ausstellungen etc.

An manchen Orten und bei bestimmten Gelegenheiten werden auch typische Schweizer Produkte präsentiert. Von jetzt auf gleich von zu Hause zu arbeiten, war schon eine Umstellung. Und er kann sich vorstellen, was dieser Paradigmenwechsel für andere Leute wie zum Beispiel die freischaffenden Künstler bedeutet, sowohl finanziell als auch moralisch.

Ganz persönlich habe er den ersten Einbruch bewusst erlebt, als sein Sohn Zeno, der in den Februarferien einen Tag lang mit seinem Onkel in Mailand, das zu dem Zeitpunkt noch coronafrei war, verbracht hatte, nach Schulbeginn unmittelbar in die Quarantäne geschickt wurde.

Entwicklungen in der Schweiz

Nach und nach änderte sich die Situation auch in der Schweiz dramatisch, insbesondere im Tessin oder in Graubünden, wo viele Grenzgänger täglich in die Schweiz kommen. Außerdem gab es auch noch etliche ausländische Touristen zu dieser Zeit, vor allem in den Skigebieten. Vom österreichischen Ischgl war ein Warnsignal ausgegangen. Da wurde dann ziemlich schnell alles runtergefahren: Skilifte, Hotels, Bars, Restaurants etc. geschlossen, so dass das Leben in den Wintersportorten zum Stillstand kam.

In der Schweiz war vor kurzem ein Epidemiegesetz eingeführt worden, das es dem Bundesrat erlaubt, auch weitergehende Maßnahmen zu ergreifen und zeitnah umzusetzen. Auf Stufe der Kantone – vergleichbar mit den deutschen Bundesländern – wurden zuerst im besonders betroffenen Kanton Tessin alle Veranstaltungen abgesagt. Danach wurde selbst die legendäre Basler Fasnacht kurzfristig erstmals nach 100 Jahren abgesagt, seinerzeit war es wegen der Spanischen Grippe.

In Bern gibt es ein Krisen-Management-Zentrum, das sich in großen Krisen wie dieser um die im Ausland festsitzenden Schweizer und deren Rückreise bemüht. In einer zweiten Phase wurden die Schweizer Touristen bei der Rückkreise unterstützt, welche es aus eigener Kraft nicht mehr schafften. Dieses Zentrum für die Bewältigung der Krise wurde aufgestockt. Für das Konsulat erwies sich die Zusammenarbeit mit der Zentrale in Bern dann als sehr effektiv. „Wir wurden schnellstens instruiert und weltweit angehalten, vor Ort zu bleiben und (Rück-)Reisen in die Schweiz zu vermeiden, weil die Kräfte und Ressourcen vor Ort gebraucht würden“, sagt Hammer einvernehmlich.

Warten auf die ankommenden Transit-Reisenden und Unterstützen am Frankfurter Airport: Großes persönliches Engagement von Hans-Peter Willi (li), Konsul und Martin Zaugg (re), Betriebsleiter des Schweizerischen Generalkonsulats

Denn die Schweiz ist stark mit der EU verzahnt, ist sich bewusst, dass das Land keine Insel, sondern auch ein Durchgangsland ist. Sie ist wirtschaftlich und verkehrspolitisch stark mit den Nachbarländern verzahnt, hat Basistunnels wie den 57 km langen St. Gotthard-Tunnel gebaut, um den Güterverkehr auf der Nord-Süd-Achse zu gewährleisten. „Wir haben immer sehr genau auf unsere Nachbarstaaten geschaut. Da zeigte sich, dass unsere Assoziierung im Schengen-System auch bestens funktioniert, weil wir einen guten Austausch mit den Nachbarländern hatten.“

Grenzen erkennen, um sie zu überwinden

Am 25. März hat die Schweiz ihre Grenzen für Touristen und Geschäftsreisende definitiv geschlossen. Nur Schweizer und Ausländer mit Aufenthalts- oder Grenzgängerbewilligung dürfen derzeit noch in die Schweiz einreisen.

Die Grenzen zu Österreich, Deutschland, Italien, Frankreich sind seither dicht, außer zum Fürstentum Liechtenstein, zu dem keine Grenzkontrollen stattfinden, weil die Schweiz mit dem Fürstentum seit vielen Jahren in einer Zollunion ist, auch sonst mit dem Ländle einen intensiven Austausch pflegt und konsularisch auch Liechtensteiner Angelegenheiten vertritt. Inzwischen sind im übrigen fünf weitere Grenzübergänge zwischen der Schweiz und Frankreich geöffnet worden, um den Wirtschaftsverkehr nicht völlig zum Erlahmen zu bringen, zumal sich in Genf auch zahlreiche internationale Organisationen wie u.a. die UN und die WHO befinden.

Dennoch rückten die Grenzen, die es in Europa nicht mehr zu geben schien, in mehrfacher Hinsicht wieder ins Bewusstsein. Eingeschränkt zu sein in seiner Bewegungsfreiheit, das war wirklich eine neue Erfahrung. Vielleicht habe das auch etwas Positives, meint Hammer und helfe uns, einen neuen „Spirit“ darin zu sehen, neuartige Ansätze im globalen Umgang miteinander zu finden, weil dadurch das Bewusstsein, dass wir in einer globalen Welt leben geschärft sei. „Darin, dass durch dieses kursierende Virus fast der komplette globale Handel markant abgebrochen ist, sieht man aber auch, wie verletztlich unsere Welt geworden ist, wie wenig es braucht, um die ganze komplexe Zusammenarbeit zum Erliegen zu bringen. Man denke nur daran, wie auch in Europa – z.B. bei der Beschaffung von Schutzmasken – Engpässe entstanden sind. Die Schärfung dieses Bewusstseins könnte auch positive Folgen für die internationale Zusammenarbeit haben, etwa auf die Wissenschaft, um z.B. weltweit Impfstoffe zu entwickeln“, so glaubt Hammer.

Hans-Peter Willi (li), Konsul des Schweizerisches Generalkonsulats, betreute am Frankfurter Airport ankommende Schweizer auch ganz praktisch

Wie sich die neuen Grenzen konkret auf einzelne Personen und auf die Tätigkeiten insgesamt im Konsulat auswirken, dazu gab auch Rose Christine Gloor, Konsularische Attachée, Auskunft.

Neuartige Aufgaben in Corona-Zeiten

Beim Lock Down saßen überall auf der Welt verstreut Schweizer auf Kreuzfahrtschiffen oder in Austauschsemestern etc. fest. Bei den Rückholaktionen führten viele ihrer Flüge über Frankfurt. Natürlich hatten die meisten von ihnen das Bedürfnis, so rasch wie möglich in die Schweiz zurückzukommen über die bestehenden Möglichkeiten. Herr Zaugg, Betriebsleiter, war mit Hammers Stellvertreter Hans-Peter Willi in Sachen Repatriierung daher am Flughafen vor Ort. Sie unterstützten die dort gelandeten Passagiere, in dem sie ihnen halfen, die schweren Rucksäcke zu schleppen, Gepäckwagen und Rollstühle zu organisieren und und zu schieben.

Dem Konsulat fiel die Aufgabe zu, sie vorgängig über die bestehenden Möglichkeiten zu informieren. Sie durften nur zum Zweck der Heim- bzw. Weiterreise mit dem Flieger oder dem Zug kurzfristig einreisen. So sei hier, wenn es von den Kapazitäten her möglich war, die deutsche Regierung, welche zusammen mit der Lufthansa Rückholflüge organisierte, sehr kooperativ gewesen. Sowohl Hammer als auch Gloor heben in diesem Zusammenhang ganz besonders die gute Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden wie auch mit dem Flughafenpersonal, hervor. Umgekehrt profitierten auch deutsche Passagiere von Rückkehrflügen, welche vom Schweizer Außenministerium organisiert wurden.

Die Fahrt von Frankfurt in Richtung Basel zu organisieren, war einfacher, da die Züge der Deutschen Bahn bis Basel Badischer Bahnhof fahren (der schon auf schweizerischem Staatsgebiet liegt). Von dort geht es weiter mit der Straßenbahn (Tram) oder mit dem Bus zum Bahnhof Basel SBB. Während einiger Tage kam es zu Komplikationen durch einen Unfall auf der Bahnstrecke in der Nähe von Freiburg. Die Reisenden mussten dann kurzfristig zwischen Freiburg und Basel auf alternative Verkehrsverbindungen umsteigen. Das Konsulat versuchte, den Transitreisenden bei Bedarf Schutzmasken zur Verfügung zu stellen und die Leute am Flughafen im Hotel unterzubringen. Außerdem wurden auf Verlangen der deutschen Botschaften im Ausland, welche die Rückholflüge mitorganisierten, Passierscheine ausgestellt, aber nur für Personen, welche mit deutschen Rückholflügen repatriiert wurden. 

„Natürlich gab es da auch einige wenige, die dann gerne noch in Deutschland geblieben und ihren Urlaub in Deutschland verlängert hätten und das noch laut vernehmlich verkündeten“, sagt Gloor amüsiert, „was aber die Bundespolizei dann nicht so toll fand“. Bis zu unserem Treffen am  21. April gab es insgesamt  60 Repatriierungsflüge mit  523 Personen, die offiziell über Frankfurt kamen, zu betreuen. Die Infrastruktur am Flughafen funktionierte gut. Hilfreich sei es dabei gewesen, dass die Lufthansa täglich nach Genf und nach Zürich fliege und die Verständigung am Flughafen auch kein Problem war.

Rose Christine Gloor, Konsularische Attachée 

Zwei Passagiere waren Opfer eines Verkehrsunfalls in Neuseeland gewesen. Die eine Person benötigte in Frankfurt einen Rollstuhl. Die Beiden mussten natürlich entsprechend betreut werden. Hinzu kam ein „Spontan-Flug“ aus Neuseeland selbst. Da der von der Schweiz organisierte Flug überbucht war, konnten gewisse  Fluggäste leider nicht direkt in die Schweiz fliegen und durften spontan mit dem Rückholflieger der Lufthansa über Frankfurt mitfliegen. Vermutlich haben sie es durch „Stand by“ noch geschafft mitzukommen, weil andere Passagiere nicht rechtzeitig am Flughafen erschienen.

23 Schweizer mussten insgesamt auf den Flieger nach Frankfurt umsteigen. „Da ist Herr Willi zusammen mit Herrn Zaugg, Betriebsleiter des Generalkonsulats mitten in der Nacht zum Flughafen gefahren, um die Leute zu betreuen. Die hatten wir nicht mehr vor dem Abflug informieren können“, berichtet Frau Gloor, „Kollegen unserer Botschaft in Neuseeland am Flughafen haben uns kurzfristig darüber informiert.“

Erstaunlich, dass so etwas funktioniert! Es sei ein Kooperationsdreieck gewesen zwischen dem Krisenmanagement-Zentrum in Bern, dem über das Pikett-Telefon rund um die Uhr erreichbaren Generalkonsulat und den ausländischen Vertretungen der Schweiz, von wo aus die Passagiere starteten. Ein weiteres Beispiel: Austauschschülerinnen kamen aus Panama zurück, die Hans-Peter Willi eigens am Flughafen in Empfang nahm, um sie in den Zug in die Schweiz zu setzen. Andere kamen aus Nepal.

Glücklicherweise gibt es immer Kollegen vor Ort, sei es in Panama oder in Kathmandu in Nepal, die dafür sorgen, dass die Schweizer mit an Bord kommen. „Das hat sehr unbürokratisch bestens geklappt. Die Flüge wurden uns von den Kolleginnen und Kollegen am Abflugort angekündigt. Wir wussten also, wann die Flieger in Frankfurt landen würden, denn die Flüge kamen alle außer Fahrplan. Zudem haben wir eine Notfallnummer zur Verfügung gestellt, welche es den Rückreisenden erlaubt hätte, uns in Notfällen zu kontaktieren“, sagt Gloor und ergänzt: „Wir haben nur wenige Anrufe erhalten. Meist konnten sich die Reisenden wohl selbst helfen bzw. die Fragen zur Weiterreise vor Ort klären.

In dem Gebäude befindet sich das Schweizerische Generalkonsulat in Frankfurt

Oftmals seien die Anfragen auch sehr berührend gewesen, so, wenn es um das Zusammenkommen mit betagten Eltern ging. In manchen Familien leben die Familienmitglieder dies- und jenseits der Grenze, wo die Kinder zum Beispiel hin- und herpendeln. Das geht nun nicht mehr. Da bekommt man im Konsulat so einiges an persönlichen Schicksalen und manchmal auch kleine Dramen mit. „Etliche waren den Tränen nah, als sie ihre Geschichte erzählten“, berichtet Frau Gloor.

Natürlich konnte man nicht auf alles eingehen. Denn das Konsulat hat zum Beispiel keine Kompetenzen, Sonderbewilligungen für die Einreise zu erteilen. Seine Aufgabe besteht vor allem in der Informationsvermittlung und allenfalls in der Hilfestellung in Notfällen. Ausnahmen können nur das Staatsekretariat für Migration als verfügende Behörde und die Eidgenössische Zollverwaltung als ausführende Behörde an der Grenze aussprechen. 

Da habe zum Beispiel ein Sohn, der in der Schweiz Skiferien gemacht hatte, einen Unfall gehabt, war in der Schweiz operiert worden und musste nun abgeholt werden. In diesem Fall hat das Staatssekretariat die Erlaubnis erteilt, dass eine Person ihn mit dem Auto abholen darf. Und dem deutschen Staatsbürger wurde dazu eigens ein Visum ausgestellt, mit dem er die Grenze überqueren durfte, sofort aber wieder zurückreisen musste.

Ein Herr hingegen, der sich große Sorgen gemacht hat, hat mehrfach angerufen. Sein erwachsener Sohn lebt in Zürich und wartete dort auf eine Organspende. Er durfte unter gar keinen Umständen seine Wohnung verlassen. Eine Virusinfektion wäre für ihn fatal gewesen. Der Vater ist dann in die Schweiz gereist, hat sich für mehrere Wochen einquartiert, um seinen Sohn zu unterstützen, weil der isoliert und einsam war.

Natürlich gibt es auch Luxusprobleme. So lautete die Anfrage eines Ferienhausbesitzers, wo er eine Entschädigung einfordern könne für seine de facto Enteignung… (weil er ja momentan nicht in die Schweiz reisen könne) oder die eines Golfclubs im südlichen Deutschland, der eine Spezialbewilligung wünschte, damit seine Mitglieder in der Schweiz für ein Golfspiel nach Deutschland einreisen dürfen.

Am Anfang der Krise habe es etwa 85 Telefonanrufe pro Tag zum Thema Einreisebestimmugen gegeben. Ende März wurde es dann etwas ruhiger. Seitdem die ersten Lockerungen vorgenommen wurde, nahm die Anzahl Telefonanrufe wieder zu. Die Menschen möchten wissen, ob die Grenzen jetzt wieder offen sind. Sie warten inständig darauf. So habe es auch im Fall von grenzübergreifenden Liebesbeziehungen, vor allem aus Nordrhein-Westfalen und Hessen, viele Fragen nach Besuchsmöglichkeiten gegeben. Insgesamt leben 24 500 Schweizer in den vier vom Konsulat betreuten Bundesländern.

Und in der Schweiz selbst? Manche Kantone in der Schweiz waren stärker betroffen wie der Tessin, Graubünden, das Waadtland, die Gegend um Genf. Und die Grenzkantone zum Elsass. Als die Intensivstationen im Elsass überlastet waren, hatte die Schweiz Spitalbetten in den Grenzkantonen als Unterstützung angeboten und Patienten aus Frankreich übernommen. So wurden etwa Anfang April über 30 COVID-19-Patienten aus dem Elsass in der Schweiz behandelt.

Die Schweiz ist aber auch ein Durchgangsland zu Italien. Wie sieht es also aus, wenn zum Beispiel in Deutschland lebende Italiener durch die Schweiz fahren wollen? Ein Transit ist da grundsätzlich möglich. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass die Person die Schweiz auch wieder verlässt. Wenn hingegen aber jemand die kurze Einreise nur zum Shopping nutzen will, dann drohen ihm Bußstrafen. Da das Grenzaufkommen sehr groß ist, will man so verhindern, dass Ressourcen der Grenzbehörden durch Personen, welche nicht erlaubte Reisemotive haben, unnötig gebunden werden. Auf der Homepage des Konsulats  gibt es eine Liste mit typischen Fragestellungen, die auch ständig aktualisiert werden.

Warteraum des Generalkonsulats

In allen Fällen fand Gloor eines bemerkenswert. Nicht nur die Schweizer Mitbürger waren sehr froh, dass sie vor Ort betreut wurden, auch deutsche Staatsbürger oder Bürger anderer Nationalitäten, die sich über die aktuellen Grenzbestimmungen informieren wollten.  Sie bedankten sich oft überaus herzlich, manchmal auch einfach nur dafür, dass ein Anruf beantwortet wird und mit ihnen über Ihre persönlichen Bedürfnisse gesprochen wird. Das habe sie als besondere Wertschätzung erlebt, sagt Rose Christine Gloor und ergänzt: „Wir sind ja auch im Ausnahmezustand und in der einen oder anderen Form betroffen“.

Ob sie es so empfinde, dass wir alle in einem Boot sitzen?  „Wir leben ja auch in einem anderen Land und vertreten die Schweiz“. Da sie zuletzt in Peking und davor unter anderem in Mexiko, Costa Rica, Argentinien, Algerien, Nigera und Abu Dhabi gearbeitet hat, hat sie nun doch stärker das Gefühl, dass sie heute zum Zeitpunkt der Krise in einem Nachbarland stationiert ist und nicht in einem fernen Land,“ so lässt das bei mir schon mehr das Gefühl aufkommen, dass wir ,gemeinsam in einem Boot‘ sitzen. Ich bin, seit ich in den konsularischen Dienst eingetreten bin und die Schweiz verlassen habe, schon heimatverbundener geworden.“

Man sehe jetzt besonders, wie die Welt zusammenhängt, natürlich auch, wie die Abhängigkeiten heute sind. So werden etwa Medikamente hier benötigt, nicht aber vor Ort produziert. Die grenzüberschreitenden Lieferketten sind unterbrochen. Und in einer solchen Krise wird einem viel stärker bewusst, wie viel gereist wird, und was alles davon abhängt, wie rasend schnell ein Virus um die ganze Welt verteilt wird, weil viel gereist wird. Und sie sieht gleichzeitig: „Unser Job ist die Welt.“ Außerdem sagt sie, dass die Schweiz selbst sehr international sei, mit 25% europaweit eine der höchsten Ausländerraten nach Luxemburg habe. Viele Schweizer haben ihre Wurzeln in Italien, Deutschland, Frankreich oder Ex-Jugoslawien.

Dr. Urs Hammer nutzte die besondere Zeit für philosophische Gedankengänge 

Generalkonsul Hammer würdigt die hohe Einsatzbereitschaft und Professionalität seines Teams und ist froh darüber, dass die Schweiz in Deutschland eine hohe Reputation genieße und die Deutschen das Land auch ganz gut kennen. Zudem schätzt er gerade in dieser Phase, dass das Leben z.Z. einen anderen Rhythmus angenommen hat und sieht das als Chance: „Da man verpflichtet ist, zu Hause zu sein, kann man auch entschleunigen und sich dessen bewusst werden, was das Leben selbst ausmacht, die Endlichkeit inbegriffen, auch, wie wir unser Leben ändern könnten, um verheißungsvoll in die Zukunft zu blicken.

So habe er die Zeit u.a. genutzt, um „Die kurze Geschichte der Menschheit“ des israelischen Historikers Yuval Noah Harari zu lesen oder auch die „Utopien für Realisten“ des holländischen Philosophen Rutger Bregman. Das helfe ihm, über angemessene Lösungen für die Probleme unserer Zeit nachzudenken und zu neuen Lösungsansätzen zu finden. Daraus könnte sich ein spannendes Thema für eine künftige Diskussionsveranstaltung ergeben, wenn wir das jetzige „social distancing“ überwunden haben und uns wieder von Angesicht zu Angesicht austauschen können. Es steht soviel auf dem Prüfstand.

 

Vita Dr. Urs Hammer

Urs Hammer ist 1960 in Chur/Kanton Graubünden (GR) geboren und Bürger von Rossa (GR).

Er studierte an der Universität Basel Geschichte und englische Literaturwissenschaft und erhielt dort nach einem Forschungsaufenthalt in den USA 1993 den Doktortitel.

Herr Hammer ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen.

Er trat 1992 in den Dienst des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und absolvierte seinen zweijährigen Stage in Bern, an der Schweizerischen OECD-Delegation in Paris und in Genf.

Von 1994 bis 1998 war Herr Hammer diplomatischer Mitarbeiter in der Sektion Politik und Forschung in der DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit) und anschliessend von 1998 bis 2001 als erster Botschaftssekretär und später als Botschaftsrat in der Schweizerischen Botschaft in Rom in den Bereichen Politik/Justiz und Inneres tätig.

Zwischen 2001 bis 2005 war er an der EU-Mission in Brüssel im Rang eines Botschaftsrats/Pressesprecher und verantwortlich für die Bereiche Justiz und Inneres und Schengen/Dublin.

Von 2005 bis 2008 arbeitete Urs Hammer in der Politischen Abteilung Amerikas in Bern als Stellvertretender Abteilungsleiter, Regionalkoordinator USA und als Chef des Dienstes für Fremde Interessen.

Zwischen 2008 bis 2012 war er Gesandter/Erster Mitarbeiter des Missionschefs an der Schweizerischen Botschaft in Berlin.

Zwischen 2012 und 2017 war Urs Hammer Schweizerischer Botschafter im Grossherzogtum Luxemburg.

Am 23.08.2017 wurde Urs Hammer zum Schweizerischen Generalkonsul in Frankfurt am Main ernannt.

 

Weitere Informationen

Schweizerisches Generalkonsulat
Mendelssohnstr. 87

60325 Frankfurt
Telefon, Zentrale +49 69 1700 28 – 0

https://www.eda.admin.ch/frankfurt

https://www.srf.ch/news/schweiz/das-neueste-zur-corona-krise-endspurt-in-groesster-schweizer-rueckholaktion

 

Aktuelle Tipps für konsularische Angelegenheiten

Nun, nachdem sich die erste starke Welle abgeschwächt hat, ist die Arbeit z.Z. im Konsulat eine etwas andere. Da die Leute jetzt Zeit haben, sich um ihre Angelegenheiten wie um abgelaufene Ausweisdokumente zu kümmern, möchten sie es jetzt auch erledigen. Manche möchten mit ihren Kindern nach Frankfurt reisen, um Ausweise zu beantragen. Da es derzeit eine Fülle zu beantwortender E-Mails zu erledigen gibt, können gewisse Bearbeitung länger dauern. Wenn etwa Dokumente auch von deutscher Seite verlangt werden, kommt man dort häufig bei den Behörden nicht weiter, weil die Amststellen z.Z. weder in der Schweiz noch in Deutschland nicht vollbesetzt sind.

Die Visa Abteilungen aller Schweizer Auslandvertretungen sind bis zum 15.06.2020 geschlossen. Auch die Passtermine sind derzeit reduziert. Wenn jemand z.Z. in der Schweiz heiraten will, kann das Konsulat die dafür nötigen Dokumente z.Z. nicht entgegennehmen. Für Bezüger einer Schweizer Rente, die im Ausland leben, ist die Schweizerische Auslandskasse in Genf zuständig. Diese Personen müssen jedes Jahr nachweisen, dass sie noch leben, und im Konsulat vorstellig werden, damit dort in ihrer Anwesenheit ein Formular signiert wird. Aufgrund der teilweise bestehenden Ausgangsbeschränkungen oder wegen der verspäteten Post wird das übergangsweise auch per E-Mail akzeptiert. Ansonsten gilt: man sollte nicht einfach beim Konsulat vorsprechen, ohne vorher einen Termin zu vereinbaren, damit sich im Wartezimmer nicht zu viele Personen gleichzeitig aufeinandertreffen.  

 

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