Berlinale 2020 – Nachlese
Die 70. BERLINALE: Wie immer und doch einiges neu
von Renate Feyerbacher
Friedrichstadtpalast Foto: Renate Feyerbacher
Es gab im Vorfeld schon Diskussionen wegen des Vorsitzenden der Wettbewerb-Jury, den englischen Schauspieler Jeremy Irons, und wegen des Alfred Bauer-Preises. 25 Jahre lang hatte Alfred Bauer die Berlinale geleitet. Im Januar schrieb ein privater Filmhistoriker eine Mail an die ZEIT und legte Beweise vor, die Bauer als einflussreichen Nazi-Filmverantwortlichen brandmarkten. Irons wurde wegen seiner einst geäußerten verachtenden Aussagen gegenüber Frauen und Homosexuellen kritisiert. Außerdem hatte Corona Berlin längst erreicht, doch nahm keiner das Virus ernst. Der Friedrichstadtpalast mit seinen 1.900 Zuschauerplätzen war fast immer komplett besetzt. Dicht gedrängt standen die Besucher vor den Spielstätten. Es heißt, 300 000 Karten seien verkauft worden, 20 000 mehr als im letzten Jahr…
Einen Tag vor der Eröffnung, am 19. Februar, fand das Attentat in Hanau statt. Ein schwieriger Beginn im 70. Jahr der Berlinale für die neue Leitung in Doppelbesetzung, für Mariette Rissenbeck als Geschäftsführerin und Carlo Chatrian als künstlerischem Leiter. Jeremy Irons verteidigten sie, der Name Alfred Bauer, der dem Silbernen Bären angehängt war, wurde gestrichen. Und eine historische Untersuchung in Auftrag gegeben.
Es war klar, dass die neuen Leiter auf bekannte Namen von Filmschaffenden setzen, aber sie wollten keinen übertriebenen Glamour. „Ich möchte nur, dass es bei uns mehr um die Filme geht und nicht darum, was die Leute tragen. Natürlich gehört Glamour auf dem Roten Teppich dazu,“ so Chatrian in einem Interview mit dem Magazin von ARTE.
Es kam Prominenz: die englische Oscarpreisträgerin Helen Mirren („The Queen“), denn ihr wurde der Goldene Ehrenpreis für ihr Lebenswerk verliehen. Hillary Clinton kam zu ihrem mehr als vier Stunden dauernden Dokumentarfilm „Hillary“. Cate Blanchett war da, Javier Bardem, Salma Hayek, Willem Dafoe und viele mehr. Die namhaften deutschen Regiseure*Innen sowie Schauspieler*innen waren angereist. Ein Publikumsfestival sollte die Berlinale nach wie vor jedoch sein.
Die Eröffnungsfeier wurde nicht mehr witzig-komödiantisch von Anke Engelke moderiert, sondern von Samuel Finzi, ein großer Schauspieler (Gertrud-Eysoldt-Ring), aber ein ermüdender Moderator. Natürlich beeinflusste das Attentat in Hanau die Stimmung. Eine Schweigeminute wurde zelebriert.
Das neue Führungsduo der Berlinale 2020: Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek und Künstlerischer Leiter Carlo Chatrian, Foto: Berlinale 2020
„ Was ist Kino?“ und „Kino bietet nichts an, was man kaufen kann, sondern hinterlässt Zweifel.“ Über 800 Filme hatte sich der in Turin geborene Carlo Chatrian, der ehemalige Leiter des renommierten außergewöhnlichen Filmfestivals in Locarno (Schweiz), wo er sechs Jahre Leiter war und das älter als die Berlinale ist, angesehen…
Die politische Ausrichtung, die der bisherige Direktor Dieter Kosslick, er war 18 Jahre lang Leiter, dem Festival gab, wurde beibehalten.
Das kulinarische Kino verschwand, dafür kreierte Chatrian die neue Sektion „Encounters“ (Begegnungen), ein Preis wurde ausgelobt. Manche Filme sollen so gut gewesen sein, dass sie im Wettbewerb hätten laufen können. ….*Apropos politische Ausrichtung: iranische Filme gehören zu den Gewinnerfilmen der Berlinale: 2011 gewann „Nader und Simin“, Prozess einer Trennung, von Asghar Farhadi den Goldenen Bären, später sogar den Oscar.
Jafar Panahi, seine Filme, sind immer wieder in Berlin dabei, erhielt bereits 2006 für „Offside“, Kampf der Mädchen und Frauen, um einem Fußballspiel beiwohnen zu dürfen, den Silbernen Bären. „Pardé“ („Geschlossener Vorhang“) 2013 wie auch „Taxi Teheran“ 2015 – Goldener Bär, FIPRESCI-Preis (Fédération Internationale de la Presse Cinématographique) – waren zu sehen). Panahi darf das Land nicht verlassen und hat Berufsverbot. Trotzdem dreht er weiter zu Hause, im Auto. 2011 protestierten viele Künstler gegen diese Verbote. https://www.feuilletonfrankfurt.de/2011/03/22/berlinale-2011-1/ „Drei Gesichter“ drehte er 2018.
Dem Regisseur Mohammad Rasoulof droht eine Haftstrafe. Foto:©Cosmopolitan Film / Berlinale.
In diesem Jahr wäre wieder ein Protest fällig gewesen. Mohammad Rasoulof, dessen Wettbewerbsbeitrag „There is no Evil“ („Es gibt kein Böses“) den Goldenen Bären für den Besten Film gewann, hat sowohl Ausreise- als auch Berufsverbot und ist zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, die er am 4. März antreten musste.
Sein Film ist der Frage nach moralischer Verantwortung und Zivilcourage in einem diktatorischen Staat nachgegangen. Die deutsch-tschechische, iranische Produktion setzt sich mit der Todesstrafe auseinander. Iran hat nach China die meisten Hinrichtungen. Es geht nicht um die Schuld der Verurteilten, sondern um die der Henker. Vier Episoden werden erzählt. Familienszenen werden gezeigt, dann eine Hinrichtung sowie Wehrdienstleistende als Henker, eine Familie von Regimekritikern, die einen Angehörigen verlieren und eine zurückliegende Geschichte, die persönlich gefärbt ist..
Im Film dabei Baran Rasoulof, die Tochter des Regisseurs, die mit ihrer Mutter in Hamburg lebt. Es geht darum, dass ein Vater seiner Tochter erklärt, warum er den Gehorsam verweigert hat. Eine persönlich beeinflusste Szene, wie Mohammad Rasoulof im Gespräch mit der Journalistin Maryam Mirza erklärt. Er hatte Frau und Tochter motiviert, den Iran zu verlassen, er selbst ist geblieben: „[.. ]dass ich lieber Widerstand leiste, als mich dem Zensurapparat geschlagen zu geben. Das gibt mir ein Gefühl der inneren Ruhe, weil ich so mir selbst treu bleiben kann. Wer in einem tyrannischen System er selbst bleiben möchte, der muss einen hohen Preis zahlen. Was mich beruhigt, ist, dass ich versuche, diese Struktur nicht hinzunehmen, sondern Änderungen zu bewirken. Dieses Bestreben stellt mich zufrieden. Davon abgesehen ist natürlich vieles nicht so, wie ich es mir wünsche.“ Seiner Tochter gegenüber fühlt er sich allerdings schuldig, dieser Zwiespalt quält ihn. (DW – Mohammad Rasoulof: „Teufel gibt es nicht.“ Am 1. März 2020)
Silberner Bär Großer Preis der Jury für die Regisseurin Eliza Hittman, „Never Rarely Sometimes Always“, Foto: Alexander Janetzky / Berlinale 2020
Die in New York geborene Regisseurin Eliza Hittman, ehemalige Guggenheim-Stipendiatin, errang für ihren Film „Never Rarely Sometimes Always“ („Niemals selten. Manchmal immer)“, ein Satz, der auf Fragebogen zur Abtreibung steht, den Silbernen Bären Grosser Preis der Jury.
Die 17 jährige Autumn wächst im Arbeitermilieu im ländlichen amerikanischen Pennsylvania auf. Sie ist schwanger, will das Kind aber nicht behalten. Sie ist sich sicher, dass sie bei ihren Eltern für eine Abtreibung nicht unterstützt wird. Sie aber braucht die Erlaubnis der Eltern. Mit ihrer Kusine Skylar fährt sie schließlich im Bus nach New York. Da die Schwangerschaft bereits seit Monaten besteht, ergeben sich Komplikationen.. .Bei der Befragung durch eine Betreuerin ist zu vermuten, dass Autumn vergewaltigt wurde. Die sparsam erzählte Geschichte fand nicht nur die Jury unter Vorsitz von Jeromy Irons für auszeichnungswürdig, sondern auch fast hundert Prozent der Filmkritiker sahn es so.
Der Südkoreaner Hong Sangsoo, Stammgast der Berlinale, wurde mit dem Silbernen Bären für die Beste Regie ausgezeichnet.
Das erste Mal seit Jahren ist Gamhee ohne ihren Mann unterwegs. Sie trifft zwei Freundinnen, mit denen sie sich austauscht. Es passiert nicht viel, dennoch passiert viel, weil das gesamte Leben ausgebreitet wird. in „The woman who ran“ (Die Frau, die rannte) „Doch die luftige Struktur des Films wird von unerwünschten Interventionen seitens cholerischer Männer unterbrochen, und von Gamhees Seite schwingt in den Gesprächen mit ihren Freundinnen viel Ungesagtes mit.“ (Berlinale Heft)
Silberner Bär für die Beste Darstellerin 2020 Paula Beer für ihre Rolle in Udine von Christian Petzold, Foto: Alexander Janetzko / Berlinale 2020
Die deutschen Wettbewerbsbeiträge kamen nicht zum Zuge, und doch konnte sich Paula Beer („Bad Banks“) über den Silbernen Bär für die Beste Darstellerin freuen. Sie spielte in „Undine“ von Christian Petzold.
Der mit vielen Preisen ausgezeichnete Regisseur und Drehbuchautor („Phoenix“, „Barbara“, „Transit“) hat die Erzählung des Wassergeistes Undine in die Stadt Berlin verlegt. Hier arbeitet Undine, eine Historikern als Museums- und Stadtführerin. Die moderne Undine schleppt auch den Fluch mit sich, den Mann, der sie verlässt oder eine andere Frau liebt, töten zu wollen. Die moderne Undine will den Fluch durchbrechen weder den Freund, der sie verlassen hat, töten, noch ins Wasser zurückkehren, sondern sie will in Berlin, das ja bekanntlich auf Sand und Sümpfen aufgebaut ist, bleiben. Sie beginnt eine neue Liebesgeschichte mit Christoph, einem Industrietaucher und „wehrt sich gegen die Ohnmacht der Verratenen“, ähnlich wie Ingeborg Bachmann in ihrer Erzählung „Undine geht“ von 1961.
Paula Beer und Franz Rogowski als Christoph standen bereits in „Transit“ vor der Kamera, kamen aber als Paar nicht zusammen. In „Undine“ geht es nun hoch erotisch zu. Maryam Zaree spielt Monika, die mit Christoph liiert ist und mit ihm ein Kind hat. „Undine“, die komplexe, moderne Geschichte einer Liebe auf Leben und Tod wurde mit dem Preis der FIPRESCI-Jury ausgezeichnet und ist nominiert für den Deutschen Filmpreis, der am 24. April verliehen wird.
Einst kam das Märchen aus Frankreich zu uns. Petzold nahm Frankreich mit ins Produktionsboot. „Undine“ sollte bereits Ende März dem Publikum präsentiert werden, Corona hat es verhindert.
Silberner Bär für den besten Darsteller Elio Germano in „Volvo Nascondermi“, Foto:Alexander Janetzko/ Berlinale 2020
Als ich „Volevo Nascondermi“ – übersetzt „Ich wollte mich verstecken“ (Hidden Away) gesehen hatte, war ich überzeugt, dass Elio Germano, der den Künstler Antonio Ligabue verkörpert, den Silbernen Bären für den Besten Darsteller bekommen wird. Er bekam ihn. Eine grandiose Darstellung eines psychisch-kranken Ausnahmekünstlers.
Erzählt wird die bedrückende Kindheit, Jugend des 1899 in Zürich geborenen Außenseiters, der aus der Schweiz gewiesen wird und am Po-Ufer in bitterer Armut und Einsamkeit haust, bis ihn der Bildhauer und Maler Marino Mazzacurati findet, quasi entdeckt und ihm auf die Beine hilft. Ligabues Kunstwerke, die zur Art brut gezählt werden, erregen Aufmerksamkeit. Er malt Tiger, Gorillas, Jaguare und oft sich selbst. Immer wieder wird Antonio Ligabue in die Psychiatrie eingewiesen, seine Wutanfälle, seine Schreckensvisionen machen das notwendig. Regisseur Giorgio Diritti, der auch am Drehbuch beteiligt ist, gelingt es, diesem geschundenen Menschen die ihm gebührende Würde zu geben.
Silberner Bär für das Beste Drehbuch für Fabio und Damiano D’Innocenzo, Foto:Alexander Janetzko/ Berlinale 2020
Den Silbernen Bären für das Drehbuch zum Film „Favollace“ (Bad Tales) erhielten die Brüder Fabio und Damiano D’Innocenzo. Ein unglaublich bedrückender Film, der sich über Familien im Speckgürtel um Rom auslässt. Dauer-frustrierte Eltern, die gehofft hatten in die bürgerliche Gesellschaft aufzusteigen, sehen nicht die psychisch-emotionale Not ihrer Kinder. Sie sind die wahren Protagonisten des Films, die das gesamte Viertel durch ihre Aktionen erschüttern und zum Kollaps bringen. Einzelheiten dürfen nicht verraten werden. Die Idee des Drehbuchs ist faszinierend, aber die Ereignisse werden ohne Empathie filmisch umgesetzt, so dass sie den Zuschauer nicht wirklich berühren, wohl aber in Spannung versetzen.
Silberner Bär für Herausragende Künstlerische Leistung an Jürgen Jürges, Foto: Alexander Janetzko/ Berlinale 2020
2018 wollte der russische Regisseur Ilya Khrzhanovskiy eine Betonmauer – Mauerbau in Berlin – hochziehen, die nur mit ‚Visum‘ betreten werden konnte. Die Berliner Verwaltung verweigerte das Projekt, das von vielen Künstlern unterstützt wurde. Wurde deshalb „DAU.Natasha“, der Film des Russen als eine Art ‚Wiedergutmachung‘ in den Wettbewerb genommen?
Auf jeden Fall war der Film während der 70. Berlinale in aller Munde. Vor allem dann, als der deutsche Kameramann Jürgen Jürges, der unter anderem mit Rainer Werner Fassbinders „Effie Briest“, „Angst essen Seele auf“ und Wim Wenders‘ „In weiter Ferne so nah“ drehte, für „DAU“ mehrfach ausgezeichnet wurde und für Natasha“ der Silberne Bär wegen der herausragenden künstlerischen Leistung verliehen wurde.
Mich hat der Film des in Moskau geborenen Ilya Khrzhanovskiy und der in St. Petersburg geborenen, in der DDR aufgewachsenen Jekaterina Oertel ratlos gemacht. Seit Jahren arbeiten beide an dem multidisziplinären Großprojekt „DAU“. Das Leben des russischen Physikers und Nobelpreisträgers Lew Landau, genannt DAU, liefert die Basis für den Film.
Natasha und Olga arbeiten in der Kantine eines geheimen sowjetischen Forschungsinstituts, das Herz des DAU-Kosmos. Angestellte, Wissenschaftler*innen und ausländische Gäste kommen vorbei. Natasha und Olga prügeln sich, es gibt Liebesaffären, Sexzenen. Und immer hat der Geheimdienst alles im Blick, das muss vor allem Natasha erfahren, die brutaler physischer und psychischer Folter unterzogen wird. Die ‚Zusammenarbeit‘ des Opfers mit dem Folterer ist das Erschreckende. „Ein radikales Kino zwischen Fiktion und Realität [.. der Regisseur ] „wagt einen Blick in die Abgründe der Psyche [..] eine provokativ-grenzüberschreitende Erzählung über den Kampf um Macht und Liebe, als Analyse des Totalitarismus“, so wird der Film in der BERLINALE-Broschüre interpretiert.
Der französisch-belgische Wettbwerb-Beitrag „Effacer L‘historique“ (Delete History), realisiert von den Regisseuren und Drehbuchautoren Benoit Delépine und Gustave Kervern, konfrontiert mit den Auswirkungen der Social-Media-Welt, „eine unsichtbare Daten spuckende Cloud verschlingt unsere Identität“. Dieser Film erhielt den Sonderpreis Silberner Bär – 70. Berlinale und wurde von der Leserschaft der Berliner Morgenpost prämiert. Das sind die Filme, die Preise im Rahmen des Wettbewerbs erhielten.
Der deutsche Spielfilm „Berlin Alexanderplatz“ von Burhan Qurbani ging leer aus. Der aus Westafrika geflohene Francis versucht, in Berlin anständig zu leben, doch mit dem Staatenlosen ohne Arbeitserlaubnis wird genauso erbarmungslos umgegangen wie mit Fritz Bieberkopf in Alfred Döblins Roman, der von Rainer Werner Fassbinder fürs Fernsehen verfilmt wurde.
Auch „Schwesterlein“, realisiert von den Schweizer Regisseurinnen und Drehbuch-Autorinnen Stéphanie Chuat und Véronique Reymon, die 2011 mit ihrem Film „La petite chambre“ für die Schweiz im Oscar-Rennen waren, gehörten nicht zu den Preisträgern.
Im Film arbeitet Sven wie früher auch Lisa, seine Zwillingsschwester, an der Berliner Schaubühne. Die Darsteller Nina Hoss und Lars Eidinger, der 2009 mit seiner Hamlet-Interpretation in der Regie von Thomas Ostermeier, Furore machte, gehören wirklich beide zum Ensemble der Berliner Schaubühne. Auch Ostermeier ist im Film dabei und Szenen aus Hamlet werden gezeigt.
Hamlet-Plakat, Foto: Renate Feyerbacher
Lisa lebt mittlerweile mit Familie in der Schweiz, wo sie auch als Dramaturgin arbeitet. Als ihr Bruder an Knochenkrebs erkrankt, kümmert sie sich um ihn und vergisst ihre Familie und sich selbst.
Ich habe den Film auf der Berlinale nicht sehen können, nur ein Gespräch der Beiden, die sich seit der Ernst-Busch-Schauspielschule kennen, im ZDF-Magazin „Aspekte“ verfolgen können. Wie sie ihre geschwisterliche Verbundenheit spielen, das muss grandios sein. Sowohl Nina Hoss – ich sah sie zweimal in Maxim Gorkis Stück „Kinder der Sonne“ in Berlin und Frankfurt – wie auch Lars Eidinger – ihn sah ich als Hamlet auf der Berliner Bühne –, zählen für mich zu den derzeit bedeutendsten Schauspiel-Interpreten. Ihre Darstellungen sowohl auf der Bühne als auch im Film sind unverwechselbar. Einmalig.
Der Film selbst kam in den Kritiken sehr unterschiedlich an. Es wurde sogar einmal der Klischee-Vorwurf erhoben. Nina Hoss und Lars Eidinger wurden dagegen durchweg gefeiert. Im Beitrag des Deutschlandfunks hieß es: „Ein Kammerspiel, was einfach nur die beiden gezeigt hätte, das wäre sicher ein ganz großartiger Film geworden.“
Berlinale Kamera für Ulrike Ottinger, Foto: Alexander Jantezko/ Berlinale 2020
Der diesjährige Berlinale-Kamerapreis ging an die Malerin, Fotografin und Filmemacherin Ulrike Ottinger, die seit den 70er Jahren zu den bedeutenden deutschen Filmemacherinnen gehört. In ihrem Film „Paris Calligrammes“, der bei Berlinale Special gezeigt wurde, erinnert sie sich an ihre Zeit in Paris. Dorthin ging sie mit 20 Jahren, das war in den 60er Jahren. Sie traf viele Künstler und Intellektuelle, an die sie sich wie an ihre Freundschaften im Film erinnert.
Ich sah noch mehrere Wettbewerbsfilme, von denen mir zum Beispiel „First Cow“ sehr gut gefallen hat. Der US-amerikanische Beitrag von Regisseurin Kelly Reichhardt spielt im 19. Jahrhundert und erzählt von Menschen im Abseits, die ihr Leben fernab der Städte zu meistern versuchen, ohne Revolver, aber mit Honiglöffel und Milcheimer. Ein Szenario von gesellschaftlicher und politischer Bedeutung auch für heute.
Mein Fazit zur Berlinale: Durchwachsen. Manche Wettbewerbsbeiträge fand ich gut und interessant, manche waren eine Zumutung, hinterließen Leere und Unverständnis.
In wenigen Tagen hätte das 13.LICHTER Filmfestival International beginnen sollen. Doch, doch, es beginnt am 21. April und dauert bis zum 26. – allerdings nur als ONLINE-Programm bei Lichter-On-Demand. 50 Filme werden gezeigt unter anderem die neuen Filme von Alexander Kluge „Orphea“ und „Nackte Tiere“ von Melanie Waelde(Lobende Erwähnung als Bester Erstlingsfilm), die bei Berlinale Encounters liefen.