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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Ich sollte…“ Ingrid Godons Porträts laden ein zum Weiterdenken

Zurück ins Dunkel? PKs Überlegung aus aktuellem Anlass 

Eigentlich hätte ich gerade über die Frankfurter Luminale berichten wollen und Klanginstallation im Museum Angewandte Kunst anhören … Dann kam am späten Vormittag die Nachricht: „Die Messe Frankfurt hat sich in enger Abstimmung mit dem Frankfurter Gesundheitsamt entschieden, kurzfristig die Luminale abzusagen“. Eine Minute später folgte die Mail des Museums Angewandte Kunst: „während der Ausstellungslaufzeit von „Ingrid Godon. Ich wünschte…“ wird das Haus mit der Klanginstallation sound 48H silence (d.o.o.r.) bespielt, die vom 13. März bis zum 15. März in einer abschließenden Live-Performance mit 12 Klangkünstler*innen und Musiker*innen aus unterschiedlichen Ländern (Großbritannien, USA, Österreich, Italien) enden sollte. Aufgrund der aktuell schwierigen Einreisesituation findet die Veranstaltung nicht statt“.  Es folgte also auch das Aus für diese kommunikativen öffentlichen Veranstaltungen wie so oft in den vergangenen Tagen. Da kamen mir wieder Ingrid Godons eigenwillig-geheimnisvolle Bilder aus der Ausstellung in den Sinn…

Zeichnung von Ingrid Godon, noch bis zum 15. 3. im Museum Angewandte Kunst, Foto: Petra Kammann

 

ICH SOLLTE  mich schämen.

Bei allem, was ich denke oder mache, ist immer

etwas dabei, wofür ich mich schämen sollte. 

Aber ich sollte mich nicht schämen wollen. Ich sollte

versuchen, so zu leben, dass ich mich für nichts zu 

schämen brauche.

Doch das wird mir nie gelingen.

So ist mein Leben ein nie endender Widerspruch,

wie ein nie zu Wasser gelassenes, nie fertig gebautes,

langsam vor sich hin rastendes Frachtschiff, 

die Anton Antonowitsch, bestimmt für die große Fahrt,

auf dem von Gras überwuchertem Abhang

einer verlassenen Werft.

 

Vom Wunsch, also trotzdem noch etwas Sinnvolles in die neue Situation hinüberretten zu wollen, folgte ich quasi dem inneren Befehl: „Ich sollte…“, der sich nun in ein „ich muss…“ verwandelte. Ja, ich musste mir einfach das Buch „Ich sollte…“ (Mixtvision Verlag) besorgen, waren doch schon zwei so publikumsstarke Veranstaltungen wie die Leipziger Buchmesse und die LitCologne abgesagt worden, die beide immer noch kräftig die Trommel für das Buch, eben auch das gebundene Buch, rühren. Nun habe ich zwischenzeitlich alle drei Bücher der genialen Bild/Text-Künstler Godon/Tellegen ganz greifbar bei mir liegen:„Ich wünschte…“„Ich denke…“ und „Ich sollte…“, schaue immer wieder die Bilder der altmodischen verlorenen Gestalten an und lese gebetsmühlenartig die Texte.

Ja, das gute alte und auch noch so schöne Buch. Das genau tröstet mich nun glücklicherweise ein wenig über den Verlust etlicher Veranstaltungen hinweg, an denen mein Herz in diesen Tagen hing, “ Ich (persönlich) wünschte, dass viele Bücher so sorgfältig und schön gemacht wären wie diese Bücher-Trias, und picke mir aus aktuellem Anlass „Ich sollte…“ heraus und erfreue mich ganz ungemein an der gelungenen Gestaltung.

Das fängt beim milchigen Pergamentpapier an, das den festen Pappumschlag nicht nur schützt, sondern auch die zart auffordernde Zeichnung durchscheinen lässt, geht über das knallgelbe Vorsatzpapier und die farbigen transparenten Seiten bis hin zu den über vierzig geheimnisvollen Bildern mit den eindrucksvoll schlichten Texten übers Sollen, Müssen und Wollen von Toon Tellegen, welche luftig dazwischen geschaltet sind.

Ihnen ist nämlich jeweils eine ganze kostbare DIN A 4-Seite gewidmet, ebenso wie den Bildern, hinter denen sich Geschichten über Geschichten verbergen, die nur darauf warten, erzählt zu werden. Sie lösen emotional so viel Widersprüchliches aus wie der auf dem Cover abgebildete Junge, der eigentlich er selbst sein „sollte“ und wohl deshalb die Maske des Cowboys aufgesetzt hat…

Toon Tellegens Texte übrigens, sind ebenso eigenständig, wie es die Zeichnungen sind. Sowohl die Zeichnung von dem „verlorenen“ Jungen als auch die folgende von der introvertierten Gestalt könnte genauso eigens für die aktuelle Pandemielage erfunden sein. Das „sollte“ uns zum Nachdenken darüber anregen, wie wir mit der neuen Lage umgehen: Augen zu und durch? Oder was?

Zeichnung von Ingrid Godon

 

ICH SOLLTE meine innere Ruhe bewahren.

Manchmal denke ich das, sage es zu mir selbst.

Dann warne ich mich vor Aufregung,

Übermut, Unbesonnenheit, Schwärmerei und allen

Gefahren, die diese Gefühle mit sich bringen. 

Denn ich weiß, dass ich nur eines sollte:.

Meine innere Ruhe bewahren.

Um jeden Preis.

 

Infos zu dem besonderen Buch

gebunden, mit Schutzumschlag und farbigen Transparentseiten,
durchgängig farbig illustriert, 96 Seiten
€ 29,90, Mixtvision Verlag,
ISBN 978-3-95854-107-8

Die beiden anderen Titel sind ebenfalls im Mixtvision Verlag erschienen

 

 

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