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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Samstag, Sonntag, Montag von Eduardo die Filippo am Schauspiel Bochum, Zeche 1, in der Inszenierung von Johan Simons

Das perfekte italienische Dinner

von Simone Hamm

Auch das Publikum ist Teil der Aufführung: Foto: Martin Steffen / Schauspielhaus Bochum

Der hufeisenförmige lange Tisch ist weiß eingedeckt. Auf dem Antipastiteller liegen gefüllte Auberginen und Zucchini, Champignons mit Frischkäse, Tomaten, Mozzarella , eingelegte Paprika, gebackenen Artischocken. Die Gäste breiten die Stoffservietten aus und beginnen zu essen. Doch sie sind in keinem gewöhnlichen italienischen Restaurant. Sie sitzen im kleinen Raum der Zeche 1 in Bochum, sind Teil einer Inszenierung  von Johan Simons. Es wird „Samstag, Sonntag, Montag“ von Eduardo de Filippo gespielt.

Gerade einmal eine Woche lang haben die Schauspieler geprobt. Ganz bewusst wollte Simons etwas scheinbar Unfertiges, Improvisatorisches auf die Bühne bringen.

Mit am Tisch sitzen ab und zu die Mitglieder einer Großfamilie. Da ist Antonio Piscopo, König der Hutmacher von Neapel. Sein Schwiegersohn Peppino hat das Hutgeschäft übernommen und modernisiert. Der Sohn Rocco steht kurz vor der Eröffnung eines eigenen Hutladens. Die Schwester Guilianella hat Liebeskummer. Sie überfordert ihren schüchternen Freund Federico.

Mittelpunkt der Familie ist die Mutter Rosa, eine großartige Köchin. Denn natürlich dreht sich in „Samstag, Sonntag, Montag“ alles ums Essen. Rosa macht die köstlichen Ragouts, findet aber, dass ihr Mann Peppino das nicht genügend würdigt. Als er auch noch eine Nachbarin wegen ihrer Kochkünste überschwänglich lobt, zieht sie sich zurück. Sie winkt ihm nicht mehr vom Fenster aus zu, wenn er auf die Straße tritt, um in sein Hutgeschäft zu gehen. Sie wendet das Gesicht ab, wenn er ihr abends einen Begrüßungskuss geben will. Und er hat keinen blassen Schimmer, warum sie so abweisend ist.

Aufmerksamkeit wird Dona Rosa stattdessen vom Buchhalter Luigi zuteil. Sie braucht nur zu erwähnen, dass sie eine bestimmte Kuchensorte oder Tintenfische mag, schon bringt er das vorbei. Luigi ist verliebt in Rosa, seine Frau Elena sieht darüber hinweg.

Peppino hingegen schäumt vor Eifersucht.

Anka Rietmeijer, Dominik Dos-Reis, Foto: Martin Steffen / Schauspielhaus Bochum

Tante Mémé ist Peppinos intellektuelle Schwester. Sie ist um keinen bissigen Kommentar verlegen. Ihre Tochter Attila hingegen ist mit ihren 32 Jahren ein Kleinkind geblieben.

Die zehn Figuren werden von sechs Schauspieler gespielt. Blitzschnell ziehen sie sich um. Und bringen das mit in die Inszenierung ein. Wenn Rocco etwa sagt, dass er gleich als Luigi zurückkomme. Oder der zitternde Großvater Antonio sagt, dass er noch eine andere Rolle spiele, die seiner Schwester Mémé uns sich umziehen müsse. Mit rotem Lippenstift und roter Perücke kehrt er zurück, jetzt nicht mehr klapprig und vergesslich, sondern fitt und blitzgescheit. Tochter Guilianella beschwert sich, dass ihr Verlobter aus dem ersten Akt gestrichen worden sei.

Und dieser Übergänge, dieser sperrigen Brüche wegen wird die Aufführung von „Samstag, Sonntag, Montag“, einem eigentlich eher konventionellen Boulevardstück, ein Genuss.

Dazu tragen natürlich auch die allesamt hinreißenden Schauspieler in ihren Doppelrollen bei: Lukas von der Lühe ist die strenge, kühle Mémé, die alles besser weiß. Swetlana Belesova ist die Mutter Rosa, immer kurz vor dem Nervenzusammenbruch, einer Ohnmacht nahe, eine Dramaqueen. Michael Lippold ist ihr Mann Peppino, ein Sonnenschein, der das Nachdenken nicht erfunden hat.

Michael Lippold, Svetlana Belesova, Foto: Martin Steffen / Schauspielhaus Bochum

Es ist ein sehr kurzweiliger Abend, auch kulinarisch nicht zu verachtender Abend. Denn das Essen, der Antipastateller, die Spinat-, und Ricotta Cannelloni und das Panna Cotta mit Himbeersauce war vom Feinsten.

Weitere Aufführungen:

Fr, 27.03.19:30h, Mo, 30.03.19:30h, Do, 02.04., 19:30

https://www.schauspielhausbochum.de

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