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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Ludwig Knaus – Homecoming“ im Museum Wiesbaden

Rückkehr der Hauptwerke des brillanten  Genremalers …. Aufstieg und Fall des einst gefeierten Stars

Von Hans-Bernd Heier

Ludwig Knaus zählte zu den bedeutendsten deutschen Malern im 19. Jahrhundert. Der in Wiesbaden 1829 geborene Künstler galt in seiner Zeit als der berühmteste Sohn der Stadt, der er sein ganzes Leben lang eng verbunden blieb. Mit seinen im In- und Ausland äußerst erfolgreichen „Sehnsuchtsbildern“ verhalf er der Genremalerei zu einer einzigartigen Popularität. Die aufstrebende Kurstadt „schmückte“ sich seinerzeit gerne mit dem Maler und war sich dessen künstlerischer Stellung im internationalen Kontext immer bewusst. Nach Knaus‘ Tod 1910 in Berlin verblasste jedoch sein Ruhm rasch und mit ihm auch die Bedeutung der Genremalerei.

Ludwig Knaus „Die Goldene Hochzeit“, 1859, Öl auf Leinwand; Grohmann Museum at Milwaukee School of Engineering; Foto: Grohmann Museum and Larry Sanders, Milwaukee

Die Ausstellung „Homecoming“ knüpft an die Glanzzeit von Ludwig Knaus an und ruft den Künstler wieder in das allgemeine, insbesondere aber in das hessische Gedächtnis zurück. Wichtige Hauptwerke wie „Die Goldene Hochzeit“ wurden bereits zu Knaus‘ Lebzeiten nach Amerika verkauft. Der Fokus der Ausstellung liegt auf jenen Schlüsselwerken aus Amerika, die einst seinen Ruhm mitbegründeten und die nun erstmalig wieder „nach Hause“ zurückkehren. Sein berühmtestes Gemälde war allerdings noch nie im Original in Deutschland zu sehen. Im ländlichen Schwalm, wo das Jubiläumsfest stattfand, hatte Knaus nur Studienvorlagen angefertigt. In seinem Pariser Atelier hat er die Endfassung ausgearbeitet, die dann direkt in eine Privatsammlung nach Philadelphia gelangte und für annähernd 140 Jahre aus der Öffentlichkeit verschwand.

Dennoch war das Gemäldemotiv in Deutschland bekannt und beliebt. Denn der geschäftstüchtige Knaus ließ Vervielfältigungen seiner Verkaufsschlager herstellen und publizierte diese in Zeitschriften oder auf Plakaten. Reproduktionen des ländlichen Fests waren ein beliebtes Hochzeitsgeschenk. Manch Frischvermählte erhielten gleich mehrere Exemplare dieses guten Vorbilds.

Ludwig Knaus „Das Kirchweihfest (Tanz unter den Linden vor einem hessischen Dorf)“, 1883, Öl auf Leinwand; Städel Museum, Frankfurt am Main

Die von Dr. Peter Forster und Rebecca Krämer kuratierte Schau spiegelt bis zum 2. August 2020 anhand von rund 70 qualitativ hochwertigen Gemälden und 100 Zeichnungen Ludwig Knaus‘ Beobachtungen der Gesellschaft im 19. Jahrhundert wider. Die meist mehrfigurigen, narrativen Arbeiten mit Alltagsmotiven, wie „Sonntäglicher Spaziergang“ oder „Das Kirchweihfest (Tanz unter den Linden vor einem hessischen Dorf)“  bieten tiefe Einblicke in die Kultur und Geschichte Hessens. Das Faszinierende an diesem Werk: „Jede der Figuren, jede der zusammengefügten Figurengruppen, jeder Baum und jeder Baumstumpf wirken authentisch. Auch das Gesamtbild ist stimmig und einleuchtend“, schreibt Rebecca Krämer in dem opulenten Begleitkatalog.

Ludwig Knaus „Selbstbildnis“ 1890, Öl auf Holz; Museum Wiesbaden; Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Der Wiesbadener Künstler positionierte sich bereits während seiner Studienzeit an der Düsseldorfer Kunstakademie klar gegen die Vorherrschaft der Historienmalerei und verließ die Akademie bereits nach zwei Jahren wegen Differenzen mit dem Direktor Wilhelm von Schadow. Knaus fand in der Genremalerei sein lebenslanges Thema und konnte bereits 1852 als junger Künstler mit seinen Arbeiten erste Erfolge in Paris erzielen, wo er von 1852 bis 1860 lebte. Besonders bei Amerikanern waren seine Werke beliebt und die Preise zogen infolgedessen kräftig an. Damals galt die Formel, wie Peter Forster betont: „Paris machte die Künstler, Amerika kaufte sie“.

Aufgrund seiner hohen Preise konnte sich das Museum Wiesbaden zu Knaus‘ Lebzeiten nur zwei seiner begehrten Gemälde leisten: „Die Brautschau“ von 1864 und „Die Frühlingsidylle“ von 1895 – und auch das nur zu Sonderkonditionen. Dieses Glück hatte die deutsche Kaiserin, die gerne ein Madonnenbild erwerben wollte, jedoch nicht. Majestät war dieses zu „theuer“ und wohl auch zu weltlich, wie der enttäuschte Knaus seinem Freund Barthold Suermondt mitteilte.

Ludwig Knaus „Der heimkehrende Student“, 1884; Grohmann Museum Collection at Milwaukee School of Engineering; Foto: Grohmann Museum and Larry Sanders, Milwaukee

Während Knaus‘ Zeitgenossen sich der Kunst des Impressionismus verschrieben, galt sein künstlerisches Interesse der realitätsnahen Darstellung von Szenen aus dem Alltag, darunter vor allem Taufen, Hochzeiten, Festen oder Ernten. „Mir sagt aber das ausdrucksvolle, lebendige Genre entschieden besser zu, wo man sich für die Individualitäten interessiert, wo die Leute sprechen und handeln und in intimer Beziehung zu einander stehen“, schrieb er 1857. Die Genremalerei von Ludwig Knaus bildet zahlreiche Stationen und Bereiche des Lebens ab: von der Wiege bis zur Bahre, vom Arbeitsalltag bis zu den Existenzen außerhalb der bürgerlichen Norm.

Bei der Pressekonferenz erläutern die Konzeption der höchst sehenswerten Ausstellung; von links: Mitkuratorin Rebecca Krämer, Kurator Dr. Peter Forster und Karin Wolff, Geschäftsführerin Kulturfonds Frankfurt RheinMain; Foto: Hans-Bernd Heier

„Knaus‘ OEuvre zeichnet sich insbesondere durch den Anspruch des Künstlers aus, möglichst wirklichkeitstreue Darstellungen der Menschen in poetischer Form zu fertigen“, erläutert Forster. Typisch für seine Kompositionen sind seine narrativen Momentaufnahmen mit vielen Figuren, die er bühnengleich in Szene setzt. Dabei lässt er seine Statisten in unterschiedliche Rollen und Trachten schlüpfen.

Ludwig Knaus „Hinter den Kulissen“, 1880, Öl auf Holz; Grohmann Collection, Milwaukee, Grohmann Museum Collection at Milwaukee School of Engineering; Foto: Grohmann Museum and Larry Sanders, Milwaukee

Ludwig Knaus malte Gesellschaftsbilder, die als Spiegel der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts gesehen werden können, dabei griff er auch gängige Vorurteile auf und bediente diese. Dazu gehörten Themen und Darstellungen, die aus Sicht der bürgerlichen Gesellschaft Minderheiten, exotische Motive und Randgruppen zum Gegenstand hatten, wie beispielsweise im Gemälde „Hinter den Kulissen“ das fahrende Volk. Heute befinden sich die Gemälde von Ludwig Knaus in zahlreichen deutschen Museen, ebenso wie in Amerika und weiteren europäischen Sammlungen.

Ludwig Knaus, Kinderfigurenstudie, o.J., Privatsammlung, Stuttgart; Foto: Linus Breuninger

Der hochgeschätzte Wiesbadener Maler war aber auch ein exzellenter Zeichner und einfühlsamer Porträtist in altmeisterlicher Perfektion, der trotz seiner großen Produktivität den vielen Kundenwünschen kaum nachkommen konnte. Die Porträtmalerei war – laut Forster –für den „Andy Warhol seiner Zeit“ ein lukratives zweites „Standbein“. Die sogenannten „Kleinen Köpfchen“, Bildnisse von Kindern und jungen Frauen, waren geradezu Verkaufsschlager. Der grandiose Künstler besaß die große Fähigkeit, das Charakteristische einer jeder porträtierten Person zu erfassen und auf das Blatt oder die Leinwand zu bannen.

Für seine herausragenden malerischen Qualitäten und sein einzigartiges Kolorit-Verständnis wurde er mehrfach ausgezeichnet und mit vielen Preisen geehrt. Auch nachdem er 1874 als Professur an die Akademie der Künste in Berlin berufen wurde, malte er mit großem Erfolg weiter.

Ludwig Knaus „Hessisches Leichenbegängnis im Winter“, Öl auf Leinwand, 1871; Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Philipps-Universität Marburg; Bildarchiv Foto Marburg

Die großartige Schau im Landesmuseum zeigt bedeutende Hauptwerke Knaus‘ aus den Vereinigten Staaten und bildet sämtliche Schaffensphasen des bis ins hohe Alter arbeitenden Künstlers ab. Da die Exponate thematisch gehängt sind, erleichtern sie den spannenden Vergleich der zu unterschiedlichen Zeiten gefertigten Arbeiten.

„Als Knaus 1910 in Berlin starb, wurde nicht nur ein brillanter Künstler zu Grabe getragen, sondern die Genremalerei gleich mit“, so Peter Forster, Kustos für alte Meister am Wiesbadener Landesmuseum. Nach seinem Tod verblasste Knaus‘ Ruhm und er geriet nahezu in Vergessenheit. Beerdigt ist er nicht in seiner Heimatstadt, sondern auf dem Friedhof  in Berlin-Dahlem.

Schirmherr dieser grandiosen Ausstellung, die von dem Kulturfonds Frankfurt RheinMain und der Ernst von Siemens Kunststiftung gefördert wird, ist Ministerpräsident Volker Bouffier. Das Land Hessen hat bereits seit über 40 Jahren eine Partnerschaft mit Wisconsin. In Milwaukee, Wisconsins größter Stadt, befindet sich das Grohmann Museum, das eine der größten Knaus-Sammlungen besitzt.

Ludwig Knaus – Homecoming“ bis zum 2. August 2020 im Museum Wiesbaden -Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur;

weitere Informationen unter: www.museum-wiesbaden.de

 

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