home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Landeplatz: Großer Hirschgraben 19 für „Die fliegende Volksbühne“

Goethes Nachbarn eröffnen im Januar 2020 mit Hoffmanns „Struwwelpeter“ und dem Ensemble Modern

„Nicht Kunst und Wissenschaft allein, Geduld will bei dem Werke sein.“ Joh. Wolfgang Goethe

Baustelle Großer Hirschgraben. Bald versperren die Bauzäune nicht mehr den Eingang zur Fliegenden Volksbühne, Foto: Petra Kammann

Noch wird im Carree des künftigen Romantik-Museums, dessen Eröffnung noch auf sich warten lässt, heftigst gewerkelt. Im strömenden Regen wird ein Klavier durch die Baustelle getragen. Bei den Nachbarn im Café Utopia an den Goethehöfen, das schon seit Anfang Dezember hier in Betrieb ist, springt neonrot und leuchtend der Spruch ins Auge: „The future was better in the present“. Was uns der Dichter wohl damit sagen wollte? Die Geschichte ist komplex. Auch hier.

Der Anschluss ans Goethe-Haus, Foto: Petra Kammann

Nach 10 Jahren des Vagabundierens landet immerhin die Fliegende Volksbühne in einer festen Spielstätte, damit wir wieder ein Theater bekommen, das Frankfurt selbst zum Thema macht und die Frankfurter „mundartlich und literarisch ebenso wie perspektivisch und in die Zukunft phantasieren“ will. „Komödiantisches Theater, das sein Publikum nicht unterfordern, aber immer bestens unterhalten will“. So jedenfalls sieht sich das Theater selbst, das in den Cantatesaal, der einst als Saal des Buchhändlerhauses in den späten 50er und 60er Jahren ein Hotspot des literarischen und musikalischen Lebens dieser Stadt war, einzieht.

Hier im Herzen der Stadt, gleich ums Eck von Goethes Geburtshaus, war auch ab 1975 Liesel Christ, die Frankfurter Prinzipalin die Volkstheaters, angetreten, um „dem Volksstück einen zeitgemäßen Ausdruck zu verleihen“.

Durch die Eröffnung der neuen Spielstätte im Großen Hirschgraben wird es nun möglich, den langjährigen Plan einer Zusammenarbeit mit dem Ensemble Modern – und der gemeinsamen Auseinandersetzung mit dem Werk des Arztes, Autors und engagierten Frankfurter Bürgers Heinrich Hoffmann – in die Tat umzusetzen.

„Wir sind froh und erleichtert, dass es am 24. Januar 2020 endlich losgehen kann“, so Theaterchef Michael Quast. „Wir starten mit der Uraufführung von Heinrich Hoffmanns ‚Struwwelpeter‘ in einer wunderbaren Koproduktion mit dem Ensemble Modern. Das Werk wird eigens von Mitgliedern des Ensemble Modern komponiert.“ Uwe Dierksen, Christian Hommel und Hermann Kretzschmar, alle drei Musiker im Ensemble Modern, komponieren Musik für das Ensemble und die Akteure Sabine Fischmann und Michael Quast singen und performen. Man darf gespannt sein.

DER STRUWWELPETER

Uraufführung am 24. Januar 2020, 19.30 Uhr

Ein Aufeinandertreffen der Frankfurter Art: Duo Infernale (Fischmann & Quast) und Ensemble Modern begegnen den weltbekannten höchstumstrittenen Geschichten Heinrich Hoffmanns!

Die Neuvertonung durch Mitglieder des Ensemble Modern befördert den 175 Jahre alten Text mit viel Spaß und Temperament ins 21. Jahrhundert.

Auf der Suche nach einem Bilderbuch für seinen Sohn fand der Arzt und Psychiater Heinrich Hoffmann im Dezember 1844 in den Frankfurter Buchläden nichts passendes, nur „alberne Bildersammlungen, moralische Geschichten“. Kurzerhand schrieb und zeichnete er selbst und legte dem dreijährigen Kind fein gebunden eine Sammlung von zehn Kurzgeschichten unter den Weihnachtsbaum. Vor allem die erwachsenen Bekannten waren begeistert und ein befreundeter Verleger überredete Hoffmann zur Veröffentlichung. So begann Der Struwwelpeter eher zufällig seinen Siegeszug um die Welt. Zappel-Philipp, Paulinchen, Hans Guck-in-die-Luft oder der Daumenlutscher Konrad erleben ziemlich drastische Abenteuer und über die Erziehungsmethoden bzw. Absichten des Autors wird noch heute in Pädagogikseminaren gestritten. Unzählige Adaptionen und Parodien zeugen von Ambivalenz und Vielfalt der Deutungsmöglichkeiten der Geschichten.

Eine Koproduktion der Volksbühne mit dem Ensemble Modern. Gefördert von Aventis Foundation, Dr. Marschner Stiftung und Kulturfonds Frankfurt RheinMain.

 

Comments are closed.