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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

I Puritani an der Deutschen Oper am Rhein. Inszenierung: Rolando Villazón

Eine Sternstunde und eine Enttäuschung gleichermaßen

von Simone Hamm

Adela Zaharia (Elvira). Dahinter: Jorge Espino (Riccardo), Bogdan Taloş (Giorgio), Ioan Hotea (Arturo). Chor der Deutschen Oper am Rhein. Foto: Hans Jörg Michel

Bis vor wenigen Jahren hat hat Bellinis „I Puritani“ selten auf dem Spielplan deutscher Opernhäuser gestanden. Man führte lieber „Norma“ mit der berühmten „Casta Diva“ Arie auf. Derzeit aber wird „I Puritani“ regelrecht wiederentdeckt.

Die Oper spielt zu Zeiten des Bürgerkriegs im 17. Jahrhundert in England. Auf der einen Seite stehen das Königshaus mit Königen, die auf das gottgegebne Herrschaftsrecht pochen und die royalistischen Katholiken. Auf der anderen Oliver Cromwell, unterstützt auch von den streng gläubigen Puritanern, die sich für auserwählt halten und das Alltagsleben religiös erneuern wollen. Tanzveranstaltungen, das Hören weltlicher Musik, spielen, trinken,schlemmen – das alles ist für sie verboten. Sex natürlich sowieso.

Elvira, Tochter eines Puritaners verliebt sich in Arturo, einen königstreuen Ritter. Der liebt Elvira auch, rettet aber die Königin vor dem sicheren Tode und flieht mit ihr, setzt also die Pflicht, seinem Vaterland zu dienen über die Liebe. Elvira glaubt sich verstoßen und wird wahnsinnig.

Musikalisch beeindruckt „I Puritani“. Adela Zaharia ist großartig. Brilliant in den Koloraturen. In all ihrem Leiden bleibt sie doch eine unbeugsame, starke Frau. Eine Frau, die aus der von den Männern, ihrem Vater, ihrem Onkel dominierten Welt ausbricht, die eher wahnsinnig wird als sich anzupassen, die den heiraten will, den sie liebt oder keinen. Adela Zaharia ist nicht nur eine brillante Sängerin, sondern auch eine gute Schauspielerin. Ihre Elvira taumelt vom Hochgefühl in den Wahnsinn. Sie hat viele Facetten.

Schauspielerisch bleiben die anderen Figuren im Vergleich zu ihr blass, selbst Elviras Onkel Giorgio, den Villazón als zwiespältige Figur inszeniert. Giorgio ist nicht ehrlich, auch nicht zu seiner Nichte, er zieht Strippen, taktiert. Aber stimmlich überzeugt Bogdan Talos.

Ioan Hotea (Arturo), Adela Zaharia (Elvira). Foto: Hans Jörg Michel

Ioan Hotea als Arturo ist weniger sicher als Adela Zaharia und Bogdan Talos, singt leiser, wirkt melancholisch. Antonino Fogliani leitet die Duisburger Philharmoniker und den großartigen Opernchor.

Dieter Richter hat dunklen Raum geschaffen, der an ein Chorgestühl und somit an die Religionskriege erinnert. Die Kostüme von Susanne Hubrich sind dunkel, zeitlos. Die Männer in glänzenden Lederhosen und schwarzem Rock, die Frauen in schwarzen Kleidern mit enganliegenden Kappen. Nur Elvira wagt es, die Haare offen zu tragen.

Die Inszenierung ist sehr naturalistisch. Da werden Aufmüpfige in einen fahrbaren Pranger gesteckt und ausgepeitscht, bis ihnen das Theaterblut am Rücken klebt. Abstrakt bleibt hier nichts.

Der einzig aktuelle Bezug sind die Maschinengewehre, mit denen die Kämpfer scheinbar ziellos herumschießen. Das ist zu wenig. In irgendeiner Zeit hätte Rolando Villazón „I Puritani“ schon ansiedeln sollen.

So bleibt von dieser Premiere die Erinnerung an die herausragende Sopranistin Adela Zaharia. Sie zu hören und zu sehen, das ist allemal einen Opernbesuch wert.

Deutsche Oper am Rhein

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