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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Die Paulskirche und ein Wolkenkuckucksheim

Bürgeruniversität diskutiert Vebindung von Sanierung und Demokratiezentrum

Von Uwe Kammann

Paulskirchenmodell in der Ausstellung „Ein Denkmal unter Druck“ im DAM) Foto: Petra Kammann

Wie steht es um die Sanierung der Paulskirche, wie um das als Ergänzung geplante Demokratiezentrum? Ein Projekt, das vor allem der Frankfürter Oberbürgermeister Peter Feldmann favorisiert, weil er sich davon international ausstrahlenden Glanz für die Stadt und für sich verspricht.

In großer Runde soll am 14. Dezember auf Einladung des Landesamtes für Denkmalschutz in der Evangelischen Akademie vornehmlich über die Sanierung und künftige Gestaltung der Paulskirche diskutiert werden. Wobei eine wesentliche Grundentscheidung schon gefallen ist, weil die Parteien der Regierungskoalition sich Anfang November dafür ausgesprochen haben, die Nachkriegsgestaltung mit ihrer schlichten Form im Grundzug beizubehalten.

Aber natürlich bleiben viele Detailfragen offen. In der Einladung der Denkmalschützer lautet das formelhaft, „auf welche Weise den verschiedenen Zeitschichten des als Ausstellungs-, Gedenk- und Versammlungsortes genutzten Gebäudes Rechnung getragen werden kann.“ Was dort laut Einladung nicht zur Debatte steht: eine Diskussion über ein „Demokratiezentrum“ oder „Haus der Demokratie“ als Ergänzung der Kirche, die wegen der dort abgehaltenen Nationalversammlung als „Wiege“ der deutschen Demokratie gilt.

Genau ein solches „Demokratiezentrum“ beherrschte aber die Debatte, als das Paulskirchen-Thema Mitte November auf einem Podium der Frankfurter Bürgeruniversität im Deutschen Architekturmuseum (DAM) diskutiert wurde. Es war klar, warum: Weil es sicher das „Lieblingswohlfühlprojekt“ von Oberbürgermeister Peter Feldmann ist (so kennzeichnete kürzlich FAZ-Regionalchef Matthias Alexander dessen Wunsch von Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann, die Sanierung der Paulskirche unbedingt mit dem Bau eines „Demokratiezentrums“ zu verbinden).

Wie sehr Feldmann auf eine solche Einrichtung setzt, zeigte sich zuletzt, als er Presse-Auftaktfragen zur Paulskirche und zu diesem Zentrum als Grundbedingung nannte, um überhaupt auch auf andere Politik-Punkte einzugehen – vor allem natürlich auf den dringenden Verdacht, zumindest indirekt an Begünstigungen beteiligt zu sein, die seiner Frau von der Arbeiterwohlfahrt zugestanden wurden.

Die Sanierung der Paulskirche selbst – möglichst bis zu einer Feier ihres Jubiläums im Frühjahr 2023 – steht tatsächlich nicht in Frage. Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat sogar, nach fleißiger Lobbyarbeit der Stadt, knapp 20 Millionen Mark als Zuschuss bewilligt. Beim Demokratiezentrum, das auch gerne als „Haus der Demokratie“ bezeichnet wird, wurde die Möglichkeit einer zusätzlichen Förderung in Aussicht gestellt. Doch ob eine solche Subvention überhaupt einmal benötigt wird, ist eine ziemlich offene Frage. Zu nebulös erscheint das denkbare Konzept, zu problematisch die Frage nach dem richtigen Platz, zu risikoreich und zu unsicher die Gesamtfinanzierung.

Dies alles wurde in der Diskussion mehr als deutlich. Vor allem DAM-Direktor Peter-Cachola Schmal goss am Ende mit großer Vehemenz eine ganze Menge saures Wasser in den Wein, den OB Feldmann vorher mit seiner emphatisch-euphorischen Fürsprache für dieses Zentrum zu keltern versucht hatte. In seiner Darstellung soll es alle vermeintlichen Debattentugenden der Frankfurter Gesellschaft bündeln – die er wie immer in seinen Reden in den schönsten Farben malte, als geradezu global vorbildliches Modell von Bürgerbeteiligung und produktiver Streitlust.

Allein die Frage eines möglichen Ortes für ein solches Demokratiezentrum ist für Schmal höchst unentschieden. Die erste Option, auf dem kleinen Parkplatz mit der Walter-Kolb-Eiche: zu klein, der Baum ein Hindernis, die Randlage an der Berliner  Straße nicht gerade attraktiv.

Luftbild Paulskirche und Paulsplatz , Zustand seit der Umsetzung des Entwurfs con ASPLAN aus dem Jahr 1975,  Foto: DAM, Department Studios 2016

Die zweite Option, der jetzige Paulsplatz mit seinen im Quadratmuster angeordneten Platanen: wahrscheinlich höchst umstritten und vehement verteidigt, weil eben diese 1975 als ‚offene’ Notlösung gepflanzten Bäume gefällt werden müssten, ganz gegen heutigen grünen Greta-Zeitgeist.

Die dritte Option, die jetzige Kämmerei: für Schmal die beste, mit einem möglichen zweistöckigen Dachaufbau für das, was Hauptzweck des Zentrums sein müsste, nämlich ein Ort für Ausstellungen und Debatten, auch für Begegnungen – so wäre beispielsweise ein Café denkbar. Aber die Zugänglichkeit sieht der DAM-Direktor als schwierig an (ein Außenaufzug?), ebenso den vermutlichen  Hindernislauf mit dem Denkmalschutz.

Alles in allem: Er prophezeit einen „langen Weg“, wenn die parlamentarische Beratung des Projekts erst 2020 beginnen könne. Mit den Schritten einer prozessbasierten Ausarbeitung des Konzepts, der Formulierung der Vorgaben, des folgenden Wettbewerbs, schließlich der baulichen Realisierung und Einrichtung: Das Ergebnis nach vielen weiteren Jahren werde der Oberbürgermeister nicht mehr im Amt erleben.

Auch mit der schon mehrfach vorgebrachten Hauptargumentation Feldmanns, bezogen auch auf die Paulskirche selbst – dass es nämlich nicht auf Steine, sondern auf den Prozess ankomme – kann Schmal nicht viel anfangen: „Ideen führen am Ende zu Steinen“. Was nichts anderes heißt als sich eben doch genaue Gedanken machen zu müssen zur gewünschten Gestalt eines solchen Hauses der Demokratie, aber natürlich auch zur Paulskirche.

Damit stand Schmal an diesem Abend ziemlich alleine da, denn auch die anderen Teilnehmer des Podiums blieben an dieser Stelle ziemlich wolkig bis nichtssagend. Und verfingen sich dabei in einem weitgehend akademischen Diskurs über Grundlinien demokratischer Auseinandersetzungen, Rahmenbedingungen und Verfahren.

Brüstungen aus Aluminium, das für Kampfflugzeuge vorgesehen war, Foto: Uwe Kammann

Ob sie schon gedanklich zu stark am Titel der Diskussion – „Die Paulskirche als Ort und Ausgangspunkt von Partizipation“ – hingen? Ob die Vorzeichen zu sehr von der Alltagsrealität des universitären Sektors bestimmt waren, exekutiert in einem Impulsreferat des  „politischen Philosophen“ Rainer Forst, der als Vertreter des Forschungsverbundes Normative Ordnungen an der Goethe-Universität auftrat (auch schick als Exzellenzcluster zu Normativ Orders deklariert)?

Jedenfalls: Viel Substantielles zur Paulskirche wurde nicht transportiert. Forst plädierte im Kern dafür, beim „wichtigen und komplexen Ort“ der Paulskirche – zu sehen auch im historischen Spannungsfeld von Hoffnung (1848) und Niederlage (1949) – die damit verbundenen Narben nicht abzuschaffen und die Brüche sichtbar zu machen. Es gehe um einen „symbolischen Ort“, an dem Zeichen gegen eine Aushöhlung der Demokratie gesetzt werden müssten.

v.l.n.r.: OB Peter Feldmann, DAM-Direktor Peter Cachola Schmal, Moderatorin Rebecca C. Schmidt, Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Brigitte Geißel,  Architekturwissenschaftler Prof. Dr. Carsten Ruhl (beide Goethe-Universität)

Carsten Ruhl, Professor für Architekturgeschichte an der Goethe-Universität, gefiel sich in Wortklaubereien zur Funktionsbezeichnung (lieber sähe er sich als Architekturwissenschaftler bezeichnet) und zum alltagsgebräuchlichen Begriff der Rekonstruktion. Bei Rekonstruktionen, so suchte er das Publikum zu belehren, gehe es tatsächlich um „Konstruktions-Projekte“, um „idealisierte Formen“, für die unterm falschen Begriff eine Legitimation gesucht werde. Davon – er nannte das Berliner Schloss, meinte sicher auch die neue Frankfurter Altstadt – hielt er erkennbar nichts, schob das Ganze in die Richtung „bestimmter Kreise“, die politische Inhalte „in Stein aushärten“ wollten.

Folglich entwickelte er keinerlei Vorstellungen zum künftigen Bild der Paulskirche oder des Demokratiezentrums, weil sich die wesentlichen Vorgänge nicht in Fassaden ausdrücken ließen. Man solle sich also nicht nur mit architektonischen Formen beschäftigen, sondern mit politischen und gesellschaftlichen Prozessen.

Offenheit, so beschied Ruhl an anderer Stelle, werde nicht durch architektonische Mittel hergestellt, es gebe keine keine „objektiv bestimmbare“ Architektur der Demokratie. Objektiv bestimmbar: Das ist sicher so richtig wie banal. Aber dass es zwischen der Festungsarchitektur eines Palazzo Pitti in Florenz und dem Olympiastadion in München respektive dem Behnisch-Bundestag in Berlin doch ein paar sprechende Unterschiede gibt, dürfte vielleicht auch dem Architektur-„Wissenschaftler“ aus Frankfurt nicht ganz verborgen sein.

Aber da war ja auch noch Brigitte Geißel, Politikwissenschaftlerin der Frankfurter Universität. Ihr heißes Herz entbrannte am Podium für ein Politikmodell, das gerade Konjunktur hat, so bei den Grünen in Baden-Württemberg. Es zielt auf direkte Mehrheiten, die nicht ganz so direkt sind wie bei Volksentscheiden (die inzwischen als gefährlich gelten, weil die ‚falschen’, weil ideologisch unerwünschten Mehrheiten zustande kommen könnten).

Das neue Zaubermodell heißt „Bürgerräte“, zielt damit auf Gremien, die per Zufallsprinzip ausgewählt werden, um Lobbygruppen zu vermeiden. Entscheiden können sollen die Bürgerräte allerdings nicht, sondern lediglich Empfehlungen aussprechen. Was das mit der Gestaltung der Paulskirche zu tun hat, erschloss sich nicht unbedingt. DAM-Direktor Schmal warnte sogar vor schmerzlichen Folgen direkter Demokratie-Modelle – sie hätten teilweise „sehr merkwürdige Ergebnisse“. Warum? Weil die Beteiligten „selten an das große Ganze denken“.

 Schnitt durch die historische (1848) und die wieder aufgebaute Paulskirche (1948), Grafik: Feigenbaumpunkt/DAM 

Für das konkrete Ganze der Paulskirche hatte er zuvor die Baugeschichte skizziert, mit ihren sehr unterschiedlichen Zuständen. Der 1848er Status der Kirche sei im Innern sehr gedrungen gewesen, auch kleiner, insgesamt dunkler. Die 1949 realisierte räumliche Gestaltung sei von einer philosophischen Grundidee bestimmt gewesen: nämlich aus einem düsteren unteren Umgang – einem Büßerweg gleich – zum Licht zu gelangen, in einen großartigen Raum.

Für Schmal eine symbolische Überhöhung, die nichts von ihrer damals weit geteilten Kraftgeste verloren hat, die immer noch trägt. Was die massive Kritik des „Zeit“-Journalisten Benedikt Erenz – der in drei Artikel des Wochenblatts die Paulskirche in ihrer jetzigen Erscheinung in Grund und Boden verdammt hatte – als völlig unverständlich und bodenlos erscheinen lasse.

Diese Einlassung von Peter Cachola Schmal war so unmissverständlich, wie eine solche architekturbezogene Grundhaltung nur sein kann. Fußend nicht zuletzt auf der aktuellen Ausstellung im Architekturmuseum, welche die Geschichte der Paulskirche in bester Form, in großer Anschaulichkeit und in klarer Zukunftsausrichtung zeigt. Es wird auch kaum jemanden geben, der diese Auffassung nicht teilt.

Denn wer immer an den feierlichen Stunden in der Paulskirche hat teilnehmen dürfen, war beeindruckt von dem großen zylindrischen Raum, der die Blicke weitet, sie auch in die Höhe zieht zu der flachen und filigranen, gleichsam schwebenden Kuppel; ein Raum auch, der – auch dank der jetzigen Fenster – ein helles Licht verströmt, so, als ob es Aufklärung in reiner Form gäbe; ein Raum, der das Gefühl von Würde und Freiheit vermittelt, von gedanklicher Klarheit, ein Raum auch, der unwahre Rede ausschließt, weil sie sofort bemerkt würde.

Friedenspreisfeier mit Sebastiao Salgado 2019 in der Paulskirche, Foto: Petra Kammann

Dass dieser Raum nur 28 mal im Jahr in Anspruch genommen wird (Schmal ließ die Zahl listig erraten), ist dabei keineswegs ein Mangel oder gar Makel. Im Gegenteil, diese Beschränkung  verleiht ihm eine besondere Aura, macht die Gegenwart in ihm kostbar. Rares ist in der Regel wertvoller, verleiht Bedeutung und Gewicht. In der jetzigen Form ist die Paulskirche ein wunderbares Festtagsgewand, edel gerade in seiner Schlichtheit – und damit auch die Veranstaltungen adelnd.

In dieser Form hat die Paulskirche einen nicht zu steigernden Status gewonnen, eine eigene Geschichte, und dies in jeder Hinsicht, auch in den formalen Grundzügen. Sie hat jetzt, nur von wenigen bestritten, einen hohen Reifegrad erreicht. Es wäre ein Frevel, diese in sieben Jahrzehnten gewonnene Selbstverständlichkeit und allseits anerkannte Tradition aufs Spiel zu setzten. Wer daran nur geringste Zweifel hat, sollte dreimal die Ausstellung im Architekturmuseum besuchen.

Das alles wiederum scheint Peter Feldmann so gar nicht zu verstehen, weil er auch in der aktuellen Diskussion der Bürgeruniversität wieder sein Credo von der Überall- und Jederzeit-Aktivisten-Seligkeit herunterbetete, denen die Paulskirche nicht heilig sein müsse (weshalb er ja auch die „Sprechstelle“, also das erhöhte Rednerpult, schleifen will). Herein also, so sein Appell an Fridays for Future oder Attac, macht Euch die Paulskirche als Aktivisten untertan, habt keinen Respekt, wir haben ihn ja auch nicht. Das Ergebnis dieser als basisdemokratisch deklarierten Anbiederung an die Lautsprecherbewegungen wäre Entwertung pur, Profanisierung, Degradierung auf eine Mehrzweckhalle.

Wäre Feldmann bis zum Ende der Bürgeruniversitäts-Diskussion geblieben, hätte er auch noch die Argumente einer Reihe von Publikums-Diskutanten vernehmen können, die mehrheitlich in eine Richtung zielten: Auch ein eigenes Demokratiezentrum sei eigentlich eine Entwertung des zentralen Bauwerks der Demokratie, nämlich der Paulskirche.

Zentraler Eingang zur Paulskirche heute, Foto: Petra Kammann

Das gewünschte Demokratiezentrum hingegen, das müsse man sich heute eher vorstellen als eine virtuelle Einrichtung, als ein dynamisches, sich im dauernden Prozess veränderndes Instrument, das auf das Internet setze, das  flexibel und multilokal sei, keineswegs aber ein festes Haus benötige. Auch Brigitte Geißel, die Propagandistin der Bürgerräte, argumentierte in diese Richtung. Das Zentrum müsse zukunftsorientiert sein, ein Instrument des innovativen Denkens. Eine feste Form, das klang mehrfach an, sei dafür nicht notwendig.

Vielleicht hätte dies den Oberbürgermeister überzeugen können, der ja propagiert, man müsse in den Prozess und nicht in Steine – sprich: ein Gebäude – investieren. Was immer ihm dabei als Ergebnis dieses Prozesses vorschwebt. Allerdings, da hatte er das Podium bereits verlassen.

Der Stadt würde diese Konzentration auf die Paulskirchen-Sanierung ziemlich viel an Kosten ersparen, auch wenn Peter Feldmann anfangs befand, sie sei reich, man müsse das Geld nur im richtigen Sinne umverteilen. Doch da, das müsste er auch wissen, kommt mancher doch ins Stocken und Staunen. Gerade dann und deshalb, wenn an die gigantischen Summen gedacht wird, die derzeit für Kulturbauten im Schwange sind.

Geschätzt 700 Millionen fürs Doppeltheater in Frankfurt, eine ganze Milliarde für die Oper in Stuttgart, geschätzte 600 Millionen für ein Museum in Berlin, 450 Millionen für die Sanierung der Lindenoper in Berlin, 500 Millionen für die Sanierung des Gasteig in München, 600 Millionen für Oper und Schauspiel in Köln, knapp 800 Millionen für das Deutsche Museum in München – lauter Fabelzahlen, die allein aufgrund der Größe für viele nicht mehr fassbar sind. Schon lange allerdings nicht für Kultur- und Kommunalpolitiker, die einfach durchwinken, weil diese Größenordnungen außerhalb des gesunden Menschenverstands liegen und damit abstrakt sind, geradezu irreal.

So allerdings, das sagt eben dieser Menschenverstand, muss es mit der Paulskirche allein nicht kommen. Aktualisierter Brandschutz, Innensanierung – mitsamt der schäbig gewordenen Bestuhlung und der Elektroanlagen –, das wäre das Mindeste. Der untere Wandelgang (auf Straßenniveau) bräuchte einen neuen glatten Putz, dazu ließen sich dort die Grundlinien der Demokratie mit modernen Mitteln (sprich: Berührungsbildschirmen) bestens vermitteln. Auch Vitrinen mit Schaustücken könnten diese Dauerpräsentation bereichern, aber eben nicht im derzeit überaus piefigen Design der 60er Jahre.

Das alles, ebenso wie ein zeitgemäßes Lichtkonzept, leicht und effizient (Vorbild: Liebig-Haus), würde völlig ausreichen, um der Paulskirche eine lebendige Frische zu verpassen. Vermutlich wird aber ein Wettbewerb ausgeschrieben, der dann Konzepte hervorbringt, die ein Vielfaches dessen kostet, was der Bund jetzt als Subvention zugebilligt hat. Notwendig  wäre es sicher nicht,. Das Konzept der Bescheidenheit, das Peter Cachola Schmal als Hauptmerkmal der Nachkriegs-Gestaltung hervorgehoben hat, wäre auch jetzt, im dritten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts, das richtige und angebrachte.

Wandelhalle mit Wandbild: Johannes Grützke, Der Zug der Volksvertreter (1991), Foto: Moritz Bernoully, 2019/DAM 

Aber tatsächlich liegt noch alles im Nebel, gibt es, wie es aus dem Baudezernat verlautet, noch keinerlei Zahlen. Aber Unsummen, so die Kernaussage des Baudezernenten Jan Schneider, müsse dieses Basissanierung nicht kosten. Dass derzeit, Anfang Dezember, aber selbst die einfachsten Verfahrensregeln für die künftige Sanierung noch nicht feststehen, ist ein Armutszeugnis.

Dass nach aktuellen Informationen die Zuständigkeit für das Projekt von Feldmann auf Schneider übergehen soll, zeigt ebenso: Vieles ist unausgegoren, es gibt ein Hin und Her. Und die einfache Idee (die Schneider für sich reklamiert), die Demokratiegeschichte besser und attraktiver als derzeit zu präsentieren, hat durch das Aufblasen zu einem Haus der Demokratie völlig unnötig das ursprüngliche Sanierungsziel verkompliziert und in weitere Ferne rücken lassen. Ebenso wie die Intervention des Oberbürgermeisters, der auf einmal auf den intensiven Diskussionsprozess einer (eher imaginären?) Stadtgesellschaft über Sinn, Zweck und Form der Paulskirche setzte und immer noch setzt.

Ob aber wenigstens mittelfristig Vernunft und Einsicht siegen, um die Basissanierung bis zum Paulskirchen-Jubiläum im Frühjahr 2023 über die Ziellinie zu bringen? Zu vermuten ist es nicht. Zu sehr lockt im Sinne des Oberbürgermeisters ein Großprojekt, getragen von einem Populismus, der basisbescheiden tut, aber in Wirklichkeit Großspuriges (und damit Teures) will. Alles im Sinne der scheinbar so guten Sache eine massiven Förderung der Demokratie. Was dann tatsächlich geschieht, steht auf einem ganz anderen Blatt. Das wahrscheinlich noch lange ganz weiß bleiben wird. Als Wasserzeichen scheint durch: ein Wolkenkuckucksheim.

 

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