Wissenschaftspreise der Ingrid zu Solms-Stiftung
Weiblich – Wissenschaftlich – Würdig
Für Frauen mit Elitepotential
von Renate Feyerbacher
Die Medizinerin Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels gründete 1993 eine Stiftung, die sich um den exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchs kümmert. Zunächst war nur an eine Auszeichnung für Medizinerinnen gedacht. Später kamen die Natur- und Ingenieurwissenschaftlerinnen hinzu, es folgten Preise für Menschenrechte, für Kunst und Kultur und für die Förderung hochbegabter Schülerinnen.
Christina Zielinski, Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels, Katharina Höfer, Alle Fotos: Renate Feyerbacher
„Wir wollen die Kreativität von Frauen fördern, denn wer das tut, sorgt nicht nur für die Achtung vor der Kreativität von Frauen, sondern gleichzeitig für ein bisschen mehr Gerechtigkeit in der Welt! [..] Es geht aber primär und vor allem um die Leistung der Frauen auf dem Gebiet der Wissenschaft, die wir honorieren, hervorheben wollen. Es geht mir aber auch um einen alle Preise einenden übergeordneten Sinn der Stiftung! Um den Sinn, weshalb wir Männer ausschließen!“
Mit diesen Worten hat anlässlich der Preisverleihung am 9. November im Universitäts-Klinikum Frankfurt die Gründerin der Ingrid zu Solms-Stiftung (IsZ), die Medizinerin Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels, in ihrer Rede den Grundgedanken ihrer Stiftung noch mal präzisiert.
Beide Preise werden alle zwei Jahre verliehen: der Medizinpreis, dotiert mit 10.000 Euro ist für eine Habilitation gedacht. Der Preis für Natur-, Lebens- und Ingenieurwissenschaften, den es seit 2007 gibt, wird für eine Doktorarbeit vergeben und ist verbunden mit einem Preisgeld von 5.000 Euro. Wissenschaftlerinnen aus dem deutschsprachigen Raum können bis zum 40. Lebensjahr ihre Arbeiten einreichen oder einreichen lassen. Voraussetzung: Herausragend, zukunftsorientiert muss die Arbeit sein aus dem Bereich Physik, Biologie, Chemie, Mathematik, Informatik oder Ingenieurwissenschaften auch mit fachübergreifender Ausrichtung.
Preisträgerin für Medizin: Christina Zielinski
In diesem Jahr ist Christina Zielinski die Preisträgerin für Medizin. Sie war die Jahrgangsbeste im Abitur und wurde Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes, später des Deutschen akademischen Austauschdienstes (DAAD). Es folgte ein Post-Doktorandenstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und sie war Stipendiatin des Clinical Scientist Programms der Berlin-Brandenburg School for Regenerative Therapies (BSRT), BMBF-Förderung.
Sie studierte an der Universität Heidelberg, die Facharztausbildung für Dermatologie erfolgte an der Charité in Berlin und der Universität Tübingen. Drei Jahre beschäftigte sie sich mit Biomedizin im schweizerischen Bellinzona, war unter anderem in Harvard (Boston) und für ihre Doktorarbeit über Rheumatologie an der Yale University (New Haven Connecticut). Was für ein Studienprogramm! Chapeau!
Dazu gab es ab 2010 einen Wissenschaftspreis nach dem andern. Und seit vier Jahren hat sie eine Tenure-Track Professur (Übergang zu einer dauerhaften Professur) der Technischen Universität München & Professur des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) inne. Christina Zielinski ist dazu verheiratet, hat einen Sohn und wurde im Februar 40 Jahre alt. Ein strammes Programm in jeder Hinsicht!
In ihrer Dankesrede erläutert sie das Ziel ihrer Forschungsarbeit, bei der ausschließlich die Zellen im Menschen und nicht im Tiermodell untersucht werden:„Die Fähigkeit des Immunsystems, ganz gezielt feindliche Attacken durch Bakterien und Viren abzuwehren, bedarf einer sehr guten und komplexen Regulation. Unterläuft dieser Regulation ein Fehler, können Krankheiten wie Autoimmunerkrankungen (z.B. Rheuma) und auch Krebs entstehen. Bis jetzt gibt es für chronisch entzündliche Erkrankungen keine Heilung. Und es fallen sehr viele Erkrankungen in diese Rubrik: Rheuma, multiple Sklerose, Morbus Crohn, Schuppenflechte etc. Trotz der fehlenden Heilung gibt es dennoch sehr effektive Medikamente. Diese unterdrücken die Erkrankungen allerdings nur symptomatisch. Die Folge sind eine teilweise lebenslange Medikation, Nebenwirkungen und auch enorme Kosten für unser Gesundheitssystem.“
Erste Erkenntnisse liegen vor.
Katharina Höfer mit ihrem Doktorvater Andres Jäschke
Die Preisträgerin der Natur- Lebens- und Ingenieurwissenschaften, Katharina Höfer, die aus der kleinen thüringischen Stadt Bleicherode kommt, beschreibt in ihrer Dankesrede das Forschungsfeld, mit dem sie sich seit ihrem Studium und insbesondere in ihrer Doktorarbeit an der Universität Heidelberg beschäftigt hat und heute noch beschäftigt:
„Die RNA, oder auch Ribonukleinsäure genannt, ist der Bauplan des Lebens. Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts steht fest, dass die Grundlage für die Entstehung der RNA, unsere Genetische Information die DNA ist. Die DNA wird in die RNA umgewandelt, welche wiederum eine Art Bauplan für die Eiweiße in unserem Körper ist. Die Welt der RNAs besteht somit aus Millionen verschiedenen RNAs, die in unseren Zellen unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Trotz vieler wegweisender Arbeiten auf dem Gebiet der RNA-Forschung, ist die RNA-Welt immer noch ein weitgehend unbekanntes Gebiet, mit vielen Landschaften die es noch zu entdecken gilt.“
In ihrer Doktorarbeit gelingt es nun zu beweisen, dass RNA nicht – wie bisher bekannt – nur aus vier Bausteinen, sondern aus fünfen besteht.
„Bei diesem 5. Baustein handelte es sich um ein alt bekanntes Molekül, welches höchstwichtig für unsere Zellatmung ist. Es ist Nicotinamid Adenin-Dinukleotid- kurz NAD!
Die fundamentale Entdeckung von NAD als neuen, fünften Baustein der RNA, stellte die bisherige Lehrmeinung auf den Kopf. Vor allem in Bakterien, die als „gut erforscht“ galten, eröffneten wir mit dieser Entdeckung ein neues und unbekanntes Forschungsgebiet, welches genügend Raum für neue wissenschaftliche Projekte bietet.“
Namentlich erwähnt die Preisträgerin ihren Doktorvater Andres Jäschke, der eigens zur Feier kam, auch nennt sie die Wissenschaftlerinnen am Heidelberger Institut für Pharmazie und Molekulare Biologie, die Impulse gaben.
Die junge Katharina Höfer wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und gehört nun zu den Fellows der IsZ, die über das Fortkommen von Frauen Gespräche miteinander führen wollen. Heike Allgayer, Professorin der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, selbst Preisträgerin 2003, nahm sie auf.
Simone Fulda, Preisträgerin der IsZ 2001, heute Vizepräsidentin der Goethe Universität Frankfurt und Leiterin des Instituts für Experimentelle Tumorforschung in der Pädiatrie, hielt die Laudation für den medizinischen Wissenschaftspreis.
Auch mehrere ehemalige Preisträgerinnen waren gekommen, um die neuen Fellows zu feiern.
Heike Allgayer und Angelika B. Riemer, Preisträgerin 2015, vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg
Dann es gibt auch noch einen Menschenrechtspreis der Ingrid zu Solms-Stiftung sowie einen Isz-Kulturpreis. Die letzte Preisträgerin war die Regisseurin Maren Ade, die für Ihren Film „Toni Erdmann“ den Europäischen Filmpreis erhielt und für den Oscar nominiert wurde. Beide Auszeichnungen werden jedoch unregelmäßig vergeben.
„Wir wollen die heute viel gelobte Berufstätigkeit von Frauen beschwören, Frauen, die vielfach Kinder und Familie haben, wenn wir dies auch auf unsere Weise tun! Fern von Quote, aber nahe an Leistung! Ich freue mich darüber, dass es auch aus dieser Sicht nicht falsch war, diese Stiftung zu gründen.“
Die Stifterin Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels
Für mich ist Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels, eine der faszinierenden Frankfurter Persönlichkeiten.
Sie war tätig als Internistin und Psychotherapeutin in eigener Praxis. Außerdem war sie Mitbegründerin der Universität III. Als erster / erste Autor*in schrieb sie über Sexualität im Alter. Sie gründete einen Ableger von ZONTA im Taunus, wurde später Area-Direktorin und in Detroit zur Internationalen Direktorin gewählt.
1993 rief sie die Frankfurt-Sektion des Deutschen Ärztinnenbundes ins Leben, deren Vorsitz sie fünf Jahre wahrnimmt, aber wegen Unstimmigkeiten verlässt. Und immer wieder sind es die Frauen, die sie zum Gespräch auffordert. Über ein Jahrzehnt war sie Präsidentin der Steuben-Schurz-Gesellschaft. https://www.feuilletonfrankfurt.de/2018/11/22/thanksgiving-2018-rede-der-der-praesidentin-der-steuben-schurz-gesellschaft-frankfurt-am-main-ssg/
Ihr soziales Engagement ist länderübergreifend. Unermüdlich mischt sie das gesellschaftliche Leben, insbesondere der Frauen auf.
Die stets elegant Gekleidete geht mit erfrischender Herzlichkeit auf Menschen zu. Kultur nimmt auch in ihrem Privatleben einen wichtigen Platz ein. Selten lässt sie eine Opernpremiere aus.
Das Motto auf ihrer Homepage ist eine Aufforderung an jede und jeden: „Versuche die Welt zu verbessern, bevor Du sie verlässt!“