Abschiedsabend des Choreographen Martin Schläpfer mit b.41
Dabei zeigt Schläpfer seine letzte Uraufführung an der Düsseldorfer Oper…
Von Simone Hamm
Der Abend beginnt mit Jírí Kylians „Forgotten land“. Im Hintergrund ist eine von John MacFarlene gemalte düstere Brandung zu sehen. Das Meer ist das zentrale Motiv. Ebbe und Flut als ewig wiederkehrendes Element, der Rhythmus von Leben und Tod. Die Tänzer bewegen sich auf das Meer zu, einzelne Paare scheren aus, werden mutiger, springen ins Spagat. Und dennoch fließt alles sanft und organisch ineinander. Sie tanzen zu Benjamin Brittens ,Requiem‘. Der hatte es am Vorabend des Angriffs der Japaner auf Pearl Harbor komponiert. Und die Tänzer bringen Krieg, Tod und Verzweiflung auf die Bühne. „Forgotten Land“ ist auch heute noch aktuell und faszinierend.
Schläpfer huldigt der großen Martha Graham. Er zeigt zwei ihrer berühmtesten Stücke. Zuerst das nur vierminütige „Lamentation“. Auf einer Bank sitzt eine Tänzerin im violetten Schlauchkleid. Es sitzt wie eine zweite Haut. Auch Arme und Hände sind eingebunden. Camille Andriot versucht sich daraus zu befreien. Windet sich, krümmt sich, kämpft. Vergeblich. eine Frau bleibt eine Gefangene.
„Lamentation“ ist im Jahre 1930 entstanden. Und hat nichts von seiner Eindrücklichkeit verloren.
Die zweite Martha Graham Choreografie „Steps in the street“, stammt aus dem Jahre 1936, dem Jahr in dem Martha Graham zur Olympiade nach Wien eingeladen worden war. Aus Solidarität mit den verfolgten Künsten ist sie nicht hingefahren. In „Steps on the streets“ tanzen neun Frauen an gegen die Armut, die Obdachlosigkeit. Sie rammen ihre Beine in den Boden, recken die Oberarme. Sie sind stark in ihrem Unglück.
Dann die Abschiedschoreografie von Martin Schläpfer. 22 Ballette hat Martin Schläferin in den vergangenen zehn Jahren für die Oper Düsseldorf geschaffen. Und eine Oper. Das Cellokonzert von Dimitri Schostakowitsch ist sein Dankeschön an eine Kompanie aus Spitzentänzern. Alle 41 Tänzer und Tänzerinnen stehen auf der Bühne. Und alle tanzen sie grandios.
Schostakowitsch schrieb das Cellokonzert Nr. 2 Opus 126 dreizehn Jahre nach Stalins Tod. Er hatte Hymnen auf den Diktator geschrieben, war geliebt worden und in Ungnade gefallen und hatte doch immer versucht, Abstand zu wahren. Und genauso klingt seine Komposition, bedrückend, dann wieder fröhlich, schön und erschreckend zugleich.
Die Tänzer wirken manchmal fast ausdruckslos, reglos, wenn etwa Yuko Kato ihren Kopf gegen die Brust des Tänzers Calogero Failla stemmt und beide die Arme sinken lassen. Da ist keine Kraft mehr zum Kämpfen, keine zum Tanzen. und auch keine für Zärtlichkeit. Denn„Cellokonzert“ wird zu einem Tanz von der Macht der Männer und der Unterwerfung der Frauen. Dann wieder gibt es Momente von großer Heiterkeit, Auflockerung durch Narren, durch einen Flamencotänzer. Nijinskys Faun, Balanchines Apollon treten auf.
Martin Schläpfer wird nach Wien gehen und muss ein Publikum, das Handlungsballette und klassisches Ballett liebt, von seinem Tanz überzeugen. In Düsseldorf wird Demis Volpi sein Nachfolger werden. Er ist 33 Jahre alt und wird dem Düsseldorfer Ballett eine andere Note geben. Er erzählt Geschichten. Man darf gespannt sein, wie es in Wien, wie es in Düsseldorf weitergeht…
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