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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Die Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky als Bastelbogen

Die Mutter der Einbauküche zum Falten und Kleben 

Die Frankfurter Küche hat Geschichte geschrieben. Der Leiter des städtische Hochbauamts Ernst May, der zwischen 1925 und 1930 ein Neues Frankfurt plante, um breite Bevölkerungsschichten mit günstigen, zweckmäßig ausgestatteten Wohnungen zu versorgen, hatte die damals knapp 30-jährige Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzky 1926 in sein Team nach Frankfurt geholt. Schütte-Lihotzky hatte sich nämlich schon früh mit der Frage beschäftigt, wie richtiger Wohnungsbau die Hausarbeit erleichtern könnte. Für die neuen Frankfurter Siedlungsbauten entwickelte sie daraufhin eine Küche, die bis heute Vorbild für Einbauküchen aller Art ist. Sie ist sogar leicht aus Pappe und Papier nachzubauen.

Von Petra Kammann

Die Frankfurter Küche war ursprünglich für Wohnungen von Arbeitern und kleinen Angestellten gedacht, die sich so praktisch ausgestattete Küchen leisten können sollten. Da der Aufbau aus standardisierten Modulen die Serienfertigung erleichtert hatte, waren außerdem die Herstellungskosten für solche Standardmodelle verringert. So wurde die Küche seinerzeit in verschiedenen Varianten und Lackierungen (häufig in einem blau-Grün) in mehr als 10.000 Wohnungen des Neuen Frankfurts eingebaut. Sie war so unschlagbar durchdacht und für die „moderne“ berufstätige Frau effizient, platzsparend, einfach, kostengünstig und hygienisch gestaltet, dass sie schon 1927 sie der Renner auf der Frankfurter Frühjahrsmesse wurde…

Grundrisse von der Entwicklung der „Frankfurter Küche“ in der Ausstellung „Moderne am Main“ im Museum Angewandte Kunst, Foto: Petra Kammann

Begehrt wurde die Frankfurter Küche sicher auch, weil sie den Arbeitsraum, in dem alltägliche, sich mehrfach wiederholende kleine Handgriffe, stattfanden, ideal ausnutzte und koordinierte. Alles war in Reichweite verwendbar. Spüle und Herd standen im Zentrum, während die L-förmig angeordneten Schränke, Töpfe, Geschirr und Lebensmittelvorräte platzsparend übereinander angeordnet waren, ebenso die Arbeitsgeräte wie zum Beispiel das hochklappbare Bügelbrett.

Mehl, Zucker, Grieß, Reis und Linsen wurden in ausziehbaren Aluminiumschütten gelagert, damit man sie schnell hervorziehen konnte. An den eingebauten Schubladen befanden sich außerdem keilförmige Holzgriffe, die sich mühelos mit einer Hand öffnen ließen. Dies sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass für die moderne berufstätige Frau alles schnell gehen musste, wenn sie noch Zeit für sich und ihre Familie erübrigen wollte.

Modell der Frankfurter Küche im Museum Angewandte Kunst, Foto: Petra Kammann

Wichtig bei der Planung der Küche war, dass sich die Frau unkompliziert und frei bewegen konnte. So gab es keine störenden Tisch- und Stuhlbeine mehr, gegen die man hätte stoßen können. Etliche Einbauelemente ließen sich bei Bedarf hervorziehen, herunterklappen und wieder zum Verschwinden gebracht werden, wenn sie nicht gebraucht wurden.

Die Einbauschränke waren auf einen zurückspringenden Sockel gesetzt, so dass man so nah wie möglich an die Arbeitsflächen herantreten konnte. Der Drehhocker stand beweglich vor der Arbeitsplatte. Und die verglasten Hängeschränke als Stauraum für das Geschirr ließen sich einfach aufschieben. Viele der damals erfundenen Lösungen sind uns heute natürlich vertraut, weil sie längst in die heutige Gestaltung von Küchen eingegangen sind.

Da die Frankfurter Küche mit ihren schlichten Mitteln heute nicht mehr in allen Ernst May-Bauten vorhanden sind, kann man diese genial komponierte Küche nun auch auf andere Weise in Erinnerung rufen, mittels eines Bastelbogens. Der macht den rationalen Umgang mit dem begrenzten Raum durch Knicken, Kleben und Zusammenbauen für jeden nachvollziehbar.

Denn auch für die heutige Wohnungsnot und für die heute zumeist kleinen Wohnungen kann das Modell des Neuen Frankfurt wertvolle Anregungen geben. Das ist für Kinder, die Spaß am Basteln haben, ebenso so nützlich wie für Erwachsene, außerdem eine hübsche Geschenkidee für die anstehenden Feiertage, sogar auch für Freunde, die nicht des Deutschen mächtig sind. Denen hilft die englische Version der Anleitung weiter …

 

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