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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

REMAKE – Frankfurter Frauen Film Tage

Eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart

von Renate Feyerbacher

Bereits zum zweiten Mal veranstaltet die Kinothek Asta Nielsen e.V., die ihr 20jähriges Bestehen feiert, ein Frauen-Filmfestival besonderer Art: Remake. Dabei konzentrieren sich die Filmwissenschaftlerinnen Gaby Babic, Karola Gramann, Heide Schlüpmann auf die Filmgeschichte der Frauen. „Geschichtsanschauung. Her Story im Kino“ lautet daher der Programmschwerpunkt.

von links: Heide Schlüpmann, Karola Gramann, Gaby Babic

Die Filmarbeit von Frauen wurde lange Zeit nicht wahrgenommen und sie hat auch heute noch immer nicht den gebührenden Platz in der Geschichte des Films. Obwohl der Anteil von Filmhochschulabsolventinnen im Fach Regie bei 40 Prozent liegt, wird aber nur jeder 5. Film in Deutschland von Frauen produziert. Und wenn ein Projekt die 5 Millionen Grenze überschreitet, dann sind Frauen kaum noch zu finden.

Die Präsentation von Werken bedeutender Filmemacherinnen fördert eine Auseinandersetzung mit den Verhältnissen der Geschlechter im Film und macht die Errungenschaften von Frauen bekannt. Es fängt schon damit an, dass die Filme von Frauen oft genug nicht so gut aufbewahrt werden wie die von Männern. Die aufwändige feministische Filmrecherche verlangt daher auch technische Aufarbeitung von historischem Material.

Am Dienstagabend, den 26. November, werden die Frauen-Film Tage in der Pupille – Kino in der Universität eröffnet. Nachmittags wird bereits der österreichisch-deutsche Beitrag „Licht“ (2015) der Regisseurin Barbara Albert nach dem Roman „Am Anfang war die Nacht Musik“ von Alissa Walser gezeigt. Es ist die Geschichte der blinden Pianistin Maria Theresia Paradis, genannt Resi, die in der höfischen Welt des Wiener Rokoko von Arzt und Eltern fremdbestimmt wurde.

Ein Höhepunkt ist zweifellos das CineConcert am Donnerstag im Schauspiel Frankfurt.

Der britische Stummfilm „Hindle Wakes /Jahrmarkt der Liebe“ des Regisseurs Maurice Elvey (1926 / 27) war einer seiner meist gefeierten Filme.

Im Auftrag der Kinothek Asta Nielsen hat die international bekannte, niederländische Stummfilmpianistin Maud Nelissen eine neue Filmmusik geschrieben. Eine Welturaufführung mit kleinem Ensemble: Klavier – Cello, Saxophon, Schlagzeug und Akkordeon. Nelissen  nennt die Komposition, die eine lebhafte Inszenierung mit einer gewissen Melancholie verbinden musste, „eine moderne, lyrische Musik mit stolzen, ehrlichen Elementen aus der Folkmusic Lancashires.“

Die junge Fanny, Arbeiterin in einer Bauwollspinnerei, hat beim Jahresausflug der Firma eine Affäre mit dem Sohn des Besitzers der Fabrik. Um die Ehre zu retten, so die Familie, bleibt nur die Hochzeit. Aber Fanny denkt nicht daran zu heiraten. Gibt ihre Freiheit wegen ihrer „little fancy“ nicht auf. Der Film ist ein Dokument der Frauenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, zum anderen ein Dokument der Arbeitssituation in der englischen Baumwollindustrie. Eine erregende, spektakuläre Emanzipationsgeschichte.

Im Programm sind auch weitere Stummfilme zu sehen.

Es gibt Film-Zeugnisse, die von der Rolle der Frau im arabischen Befreiungskampf erzählen oder solche, die die Geschichte schwarzer Frauen im Blick haben oder aber Filme von Regisseurinnen, die den westlichen Fortschritt in Frage stellen wie Agnieszka Holland in ihrem Werk „Pokot“, das auf der BERLINALE gezeigt wurde..

Dem „Kino Women International in Osteurope“, kurz KIWI genannt, (1987-90) wird bei diesem Festival Tribut gezollt. Gegründet wurde die Vereinigung beim Filmfestival in Moskau im Juli 1987, an dem 300 Frauen aus 24 Ländern teilnahmen. Zu den Gründerinnen gehörte die Georgierin Lana Gogoberidze, die eigens zum Frauen-Festival nach Frankfurt kommen wird, ebenso wie die ungarische Regisseurin Márta Mészáros, die im Mittelpunkt von goEast 2017 stand.

Außerdem wird an die Filmarbeit von Ella Bergman-Michel (1895-1971), Malerin, Fotografin, Dokumentarfilmerin und Werbegrafikerin, erinnert. Die Kinoaktivistin, die während der Nazizeit Berufsverbot hatte, war vom Bauhaus geprägt. Die mit ihrer Familie im Taunus lebende Künstlerin arbeitete in der Internationalen Filmliga, die in Frankfurt als Arbeitsgemeinschaft des ,Neuen Frankfurt‘ organisiert war. Insgesamt hat sie nur einige wenige Filme gedreht, nach dem Krieg dann gar keine mehr.

Alle Filme von Ella Bergmann-Michel werden nun gezeigt und zu einem späteren Termin – im Januar 2020 –  in neuer Digitalisierung. Außerdem wird dann neu aufgefundenes Filmmaterial im Deutschen Filminstitut & Filmmuseum  (DFF) vorgeführt.

Die Geschichte des queer cinema und die Geschichte von lesbischen Frauen im Kino ist ein weiterer Schwerpunkt. Im Rahmen von Fixsterne des queer cinema laufen selten zu sehende Spielfilme.

Die  Filmwissenschaftlerinnen der Kinothek Asta Nielsen haben insgesamt ein vielfältiges Programm zusammengestellt. Es werden Filme aus 24 Ländern geboten wie auch Gespräche, Vorträge und ein Get together.

Hauptort der Vorführungen ist die Pupille – Kino in der Uni im Studierendenhaus auf dem Campus Bockenheim. Das Mal Seh’n Kino, das Kino des DFF, die Harmonie Kinos und die Calligari FilmBühne in Wiesbaden sind weitere Vorführorte.

www.remake-festival.de

 

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