BRIDGES. BRÜCKEN – das Thema der neuen IWC-Präsidentin Roseann Padula
Brücken – von Ufer zu Ufer, von Sprache zu Sprache, von Kunst zu Musik, von Kultur zu Kultur, von Beruf zu Ehrenamt, von Frau zu Frau, von Mensch zu Mensch
Petra Kammann besuchte die US-amerikanische Präsidentin des International Women’s Club in Wiesbaden.
Roseann Padula geht auf Menschen zu, Fotos: Petra Kammann
Wiesbaden am Hang des Sonnenbergs: Draußen werden die Bäume und Büsche beschnitten. Ich bahne mir den Weg zur Eingangstür. „It‘s on the second floor, Petra“, tönt es durch die Sprechanlage. Und schon steht mit einem gewinnenden Lachen Roseann Padula vor der Eingangstür ihrer Wohnung, um mich herzlich zu empfangen: „Come in“. Ganz unmittelbar fühlt man sich willkommen. „Would you prefer a tea or a coffee?“ Und schon verschwindet sie in der Küche.
Währenddessen schaue ich mich in der klaren hellen Wohnung mit dem freundlichen modernen Ambiente um. „Alles ist hier neu und praktisch“, entschuldigt sich Roseann. In Amerika haben sie und ihr Mann alles zurückgelassen und mussten den kompletten Hausrat wieder neu anschaffen für ihre Zeit in Deutschland.
Die Panoramascheiben geben den Blick auf das im Tal liegende Wiesbaden frei. „We are very happy to be here“. Padula lädt mich ein, auf den Balkon zu treten. Sie möchte mir das Glücksgefühl vermitteln, das sie selbst bei diesem Anblick empfindet. Und sie atmet tief durch.
„It is such a nice area“. Anfangs hatten sie und ihr Mann in einem nicht so freundlichen Viertel in einem sehr viel kleineren und dunkleren Appartment gewohnt. Da wurde eben auch einmal bei Nachbarn eingebrochen, so dass sie sich nicht sicher fühlte. Umso froher ist sie nun, hier zu sein. Vom Sofa fällt mein Blick direkt auf die Spitzen der Wiesbadener Stadtkirche, die zwischen den ockerfarbenen Blättern hervorlugen. „We are really privileged“.
Padula entschuldigt sich, „nur“ eine Blätterteig-Apfeltarte gebacken zu haben, denn eigentlich sei Backen ihre Sache nicht, weil man da streng nach Rezept vorgehen muss. Hingegen liebe sie es zu kochen, denn da könne man so schön am Herd improvisieren. Aber die Tarte ist perfekt – vor allem für unser Gespräch.
Seit fünf Jahren wohnt die Mutter dreier inzwischen erwachsener Kinder nun in Deutschland, bis dahin hat sie eigentlich immer nur an der amerikanischen Ostküste gelebt. Zunächst in New York, dann in Connecticut, schließlich in Rhode Island, wo ihr Wochenendhaus in Nähe des Atlantiks auf der Halbinsel stand. Umgeben vom Meer, vermisst sie schon das Gefühl von Freiheit, am Strand zu sein, mit dem Blick in die Weite, und nicht zuletzt der herrlichen Meeresfrüchte wegen, die sie und ihr Mann so sehr lieben… Nun ja, ein wenig fühle sie sich hier immer noch als „Expat“.
In Connecticut seien nicht nur ihre drei Kinder aufgewachsen, da habe sie vor allem immer auch ihrem Studium entsprechend richtig gearbeitet. Zunächst hatte sie einem M.B.A in business administration gemacht; als die Kinder kamen, dann aber noch ein Jurastudium darauf gesattelt. Bis zu ihrem Umzug nach Europa war sie dann als promovierte Rechtsanwältin mit sieben anderen Anwälten Teilhaberin einer Anwaltspraxis…
Als die Kinder heranwuchsen, bekam ihr Mann, ein hochspezialisierter Rheumatologe, eine verantwortliche Position als Professor an der University of Connecticut Health Center, wo er auch Vorlesungen hielt. Dann aber wurde er von der freien Wirtschaft abgeworben und gelangte auf diese Weise zu Boehringer nach Ingelheim, wo er heute im medizinischen Bereich tätig ist.
Padula kam mit nach Deutschland und stellte fest, dass die Situation für Rechtsanwälte hier doch eine komplett andere war. Da die Rechtslagen in ihrem Spezialgebiet Arbeits- und Schulrecht („employment, labor and education law“), in den beiden Ländern stark divergierten, wurde es mit dem Job kompliziert.
Hinzu kam, dass sie kein Wort Deutsch sprach. Im Alltag machte das zwar nicht soviel aus, weil die meisten Deutschen mit ihr Englisch sprachen. Ansonsten absolvierte sie einen Sprachkurs, versteht vieles, hat aber noch Mühe, sich im Deutschen auszudrücken. Nicht zu arbeiten war für sie eine neue Erfahrung.
Da sich Roseann nicht vorstellen kann, untätig zu sein, entschied sie daraufhin, sich ehrenamtlich zu engagieren, zunächst einige Jahre als freiwillige Unterstützung im medizinischen Bereich. Als sie über Empfehlung an den International Women’s Club IWC geriet, leitete sie verschiedene Interessengruppen. Da bemerkte man schon bald ihre kommunikativen Fähigkeiten. Da die tatkräftige Persönlichkeit sich auch dort intensiv engagiert hatte, wurde sie für das laufende Clubjahr 2019/2020 kurzerhand zur Präsidentin gewählt.
Tradition im IWC ist es, für die rund 500 Mitglieder aus über 50 verschiedenen Nationen jeweils ein Jahresthema zu präsentieren. Dabei entschied Roseann sich für das Thema „Bridges“. Brücken, so sprudelt es aus ihr heraus, könne man unter verschiedensten Gesichtspunkten betrachten, was entsprechend verschiedene Veranstaltungen nach sich ziehe…
Brücken verbinden- hier die Finanzwelt der EZB mit der Stadt
Brücken, das könnten ganz konkret die Ingenieur-Bauwerke sein. Schon hatte sie einen konkreten Namen parat. Im Januar soll der Frankfurter Architekt Prof. Christoph Mäckler über die Bedeutung der Frankfurter Brücken referieren. Passend dazu ist dazu im kommenden Jahr dann auch eine gemeinsame Städtereise in eine deutsche Stadt geplant, deren Geschichte eng mit einer amerikanischen Stadt verbunden ist.
Dann erzählt Roseann begeistert von einer „fashion show“, die bereits stattgefunden hat. Da wurde ein Laufsteg bereitet für die Clubmitglieder als Mannequins, die ihre jeweilige landestypische Kleidung vorführten. Das sei ein Heidenspaß gewesen. Dabei funkeln ihre Augen. Aber sie sieht auch die „Brücken“ zwischen den verschiedenen Ausdrucksformen, zwischen den Kulturen, zwischen Musik, Kunst, Sprachen, Bildung und Wissenschaft, die alle etwas Verbindendes haben.
In dem Thema sieht sie geradezu beispielhaft das Anliegen der Gründerin des IWC, Elisabeth Norgall, verwirklicht… Die IWC-Clubgründerin nämlich hatte nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Frankfurt zunächst Brücken zwischen deutschen und amerikanischen Frauen gebaut, vor allem zu den Ehefrauen der amerikanischen Streitkräfte.
Durch Freundschaften und Austausch wollte Norgall das Trennende zwischen den Nationalitäten überwinden. Dies aufzugreifen, erscheint heute wieder dringender denn je. Insofern lud sie passenderweise als erstes die langjährige Präsidentin der Steuben-Schurz Gesellschaft Gräfin Ingrid zu Solms-Widenfels ein, einen Vortrag über die deutsch-amerikanische Freundschaft zu halten.
Im Oktober ging es in einem Vortrag um das Verbindende zwischen der Gesundheit von Menschen und Tieren.
Auch im Film gibt es den Brückenschlag, weswegen sie Ellen Harrington, die Direktorin des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt, die ebenfalls US-Amerikanerin ist, eingeladen hat. Außerdem wird die Beschäftigung mit den verschiedenen Sprachen im kommenden April Berücksichtigung finden.
Wie wichtig die Sprachbrücken sind, davon kann sie ein Lied singen, versucht sie doch selbst auch immer noch, Deutsch zu lernen. Dafür bemüht sie regelmäßig den elektronischen Übersetzer, glaubt ihm aber nicht alles. Wenn sie – wie sie meint – eine passende Übersetzung ins Deutsche gefunden hat, dann macht sie nochmal – pfiffig wie sie ist –, die Probe aufs Exempel und übersetzt den deutschen Satz wieder zurück ins Englische und bekommt so heraus, wo es hakt.
Nun aber steht erst einmal im Dezember der traditionelle Christmas Tea im Römer an. Da werden in der multikulturellen Mainmetrople dann wieder die Weihnachtlieder in den verschiedenen Sprachen gesungen und es wird für die guten Zwecke gesammelt.
Roseann Padula strahlt Optimismus aus
Am Ende des Clubjahres schließt das Internationale Freundschaftsfest dann mit einem festlichen Rahmenprogramm ab, diesmal zweifellos mit einem typisch amerikanischen Flair außerhalb von Frankfurt. Dieses Fest ist ähnlich wie beim Christmas Tea ebenfalls verbunden mit einer Spendensammlung, deren Erlös einer karitativen oder kulturellen Organisation zugutekommt.
Dass die Präsidentschaft und die Aufgabe, so ein Clubjahr anspruchsvoll und einvernehmlich zu gestalten, alles in allem doch sehr viel mehr Arbeit nach sich ziehen würde, war ihr glücklicherweise vorher nicht bewusst. Um das Team sinnvoll einzubinden, bedarf es nicht zuletzt zahlreicher Meetings und Absprachen. Pragmatisch sieht sie aber auch, dass ein Jahr doch auch ganz schnell vergeht und man leider gar nicht dazu kommt, alles zu verwirklichen, was man so gerne auch noch in das Jahr hineingepackt hätte.
Ob sie bei all der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht ihre Kinder vermisse, frage ich sie. Mit ihren in den USA lebenden Kindern ist sie in ständigem Kontakt. Sie skypen, telefonieren, mailen häufig. Ein kleiner Wermutstropfen hingegen bleibt, dass sie ihre alten und gebrechlichen Eltern nun nicht so häufig sehen kann, wie sie es für richtig hielte. Deswegen möchte sie in diesem Jahr Weihnachten auch in den USA verbringen.
Ansonsten empfindet sie die Unterschiede zu ihrem Heimatland als sehr positiv. So viele verschiedene Länder mit verschiedenen Sprachen und Kulturen gibt es in Europa zu entdecken. Das empfindet sie auch nach fünf Jahren immer noch als aufregend. Und was ihr besonders bei uns in Deutschland gut gefällt: die ausgeglichenere Work-Life-Balance. Da ihre Kinder, wie viele andere Amerikaner auch, nur zwei Wochen Jahresurlaub haben, können sie zwangsläufig nicht so oft zu Besuch kommen.
Roseann Padula mit der Modedesignerin Maghi Degenring beim Empfang im Schweizerischen Generalkonsulat
Nach dem kommenden Sommer kann sie selbst aber die Zeit in Deutschland und in den nahegelegenen europäischen Städte und Länder wieder weiter entdecken und die Vielfalt voll und ganz genießen. Denn auch das Leben in Wiesbaden ist für sie ein „Leben auf Zeit“, das dann endet, wenn der Vertrag ihres Mannes ausgelaufen ist. Bis dahin hat sie aber sicher etliche neue Freunde in „good old Europe“ hinzugewonnen. Da bin ich mir ganz sicher.
→ Internationales Freundschaftsfest des IWC in der Orangerie im Bad Homburger Kurpark
→ Christmas-Tea des IWC im Frankfurter Römer
→ Cornelia Klaus – Die diesjährige Präsidentin des International Women’s Club
→Die neue IWC Präsidentin Béatrice Portoff
→ Französischer Abend des International Women’s Club of Frankfurt