Frische Gesichter für das künftige Romantik-Museum in Frankfurt
Restaurierung von sieben qualitätsvollen Werken
Von Hans-Bernd Heier
Mit der Eröffnung des Deutschen Romantik-Museums erhält auch die Gemäldegalerie des Freien Deutschen Hochstifts neue Räume. Die mit dem Umzug einhergehende Neuhängung ist Anlass genug, Werke aus dem Depot zu holen, die bislang nicht präsentiert werden konnten. Sieben besondere Porträts werden künftig die Ausstellung ergänzen.
Johann Heinrich Tischbein d. Ä. „Friederike Elisabeth und Wilhelmine Oeser“, 1776, 68 x 84 cm, Öl auf Leinwand, Zustand nach der Restaurierung; © Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum, Foto: David Hall
Es ist eine illustre Versammlung klassischer und romantischer Köpfe in Öl auf Leinwand, als Pastell oder als Miniatur. Die Bilder wurden im 18. und 19. Jahrhundert von so unterschiedlichen Künstlern und Künstlerinnen wie etwa Johann Heinrich Tischbein, Eugen Weber oder Louise Seidler geschaffen. Besucher erwartet der wache Blick eines weit gereisten romantischen Dichters, eines Malers in Miniaturformat, eines Arztes mit neuartigen Heil-Methoden, eines jungen Mädchens und einer Braut, gemalt von einer Künstlerin mit nazarenischem Hintergrund, einer adeligen Dame mit literarischem und von zwei Schwestern mit musischen Ambitionen.
Gemeinsam ist den qualitätsvollen Bildern nicht nur das Motiv des Porträts und das verborgene Dahinschlummern im Depot des Freien Deutschen Hochstiftes, sondern auch ihr vormals desolater Zustand. Sie alle bedurften aufwändiger Restaurierung und fachkundiger Reinigung, um sie in dem neuen Museum in voller Schönheit zeigen zu können. Die unterschiedlichen Techniken erforderten dabei die speziellen Kenntnisse einer Gemälde- und einer Graphikrestauratorin sowie einer Restauratorin mit dem Spezialgebiet Pastelle.
Louise Seidler „Ottilie Arnoldi, spätere von Wangenheim“, 1832, Öl auf Leinwand, 64 x 53 cm, Zustand während der Firnisabnahme; Foto: Maike Behrends
Zustand nach der Restaurierung; © Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum, Foto: David Hall
Ermöglicht hat diese umfassende Sanierungsmaßnahme die Ernst von Siemens Kunststiftung, die sich im Rahmen der Initiative KUNST AUF LAGER für Sammlungsbestände in den Depots der Museen einsetzt. Jenseits der Förderung großer, publikumswirksamer Ausstellungen und Ankäufe unterstützt die Stiftung mit diesem Programm Kunstinstitute bei der notwendigen Lagerung der oft nicht sichtbaren, dennoch elementaren Arbeiten. Die verdienstvolle Initiative nimmt sich des Aus- und Umbaus von Depoträumen an, der Verbesserung von Lagerung oder eben der Restaurierung von Werken, die aufgrund ihres Zustandes nicht mehr ausgestellt werden können. Dies bedeutet eine echte Hilfe bei der Erfüllung der grundsätzlichen Verantwortung, die Museen und Archive für ihre Bestände haben.
„Die Restaurierung der sieben Porträts steht exemplarisch für das Anliegen des Bündnisses KUNST AUF LAGER. Bedeutende, aber durch ihren Zustand nicht ausstellbare Kunstwerke werden gesichert und wieder zu wichtigen Exponaten. Restaurierungen eigener Bestände sind oft wichtiger als ein Neuankauf und ergänzen hier die gelungene Neupräsentation“, freut sich Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung. Preiswert sind solche bilderhaltenen Maßnahmen allerdings nicht. So betrugen die Kosten für die Restaurierung der sieben Werke rund 18.000 Euro.
Die Leiterin der Kunstsammlungen präsentiert die frisch restaurierten Werke bei einem Pressegespräch; Foto: Hans-Bernd Heier
Dr. Mareike Hennig, die Leiterin der Kunstsammlungen des Freien Deutschen Hochstifts, die die restaurierten Schätze wie auf einem Gabentisch präsentiert, ergänzt: „Für das Freie Deutsche Hochstift macht diese Förderung es möglich, halb vergessene Schätze wieder in die Ausstellung integrieren zu können. Schon sieben Bildnisse, das merkt man schnell, haben die Möglichkeit, Perspektiven zu verändern, Schwerpunkte zu verlagern und Geschichten neu zu erzählen.“
Die Gruppe der jetzt frischen Gesichter dürfte, so Hennig weiter, „die Gemäldegalerie ebenso bereichern wie das Deutsche Romantik Museum, neue Akzente setzen und sie macht greifbar, dass sich am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht einfach zwischen Klassik und Romantik unterscheiden lässt, dass die Beziehungen vielfältig, die Sichtweisen komplex, die Geschlechterverhältnisse im Wandel und die Grenzen zwischen den Künsten und Wissenschaften fließend sind“.
Eugen Weber „Gerhard von Kügelgen“, nach 1802, Ölmalerei, 7 x 5 cm, Zustand vor der Restaurierung; Foto: Maike Behrends
Zustand nach der Restaurierung; © Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum, Foto: Foto: David Hall
Die Restauratorin Maike Behrends zeigte den teils erbärmlichen Zustand der Bilder vor der Restaurierung und danach: so beispielsweise anhand des eleganten Doppelporträts der Schwestern Friederike Elisabeth und Wilhelmine Oeser von Johann Heinrich Tischbein. Das Gemälde, das bereits früher umfangreich restauriert wurde, zeigt die Töchter des Leipziger Malers Adam Friedrich Oeser. Oeser unterrichtete auch Goethe, zu dem die Schwestern freundschaftliche Beziehungen unterhielten. Nach der aufwändigen Ausbesserung zahlreicher Fehlstellen des stark beschädigten Bildes sind die Feinheit der Stoffe und der Frisuren sowie die zarten fleischfarbenen Töne wieder deutlich zu kennen. Zufrieden stellt Behrens fest: Nach der Restaurierung sehen die Damen ziemlich gut aus“.
Auch zwei Porträts von Louise Seidler, eine der wichtigsten Malerinnen der deutschen Romantik, waren bislang nicht in der ständigen Ausstellung vertreten. Die Malerin war sowohl eine Freundin Goethes, der sie von Kindheit an kannte, als auch eine Vertraute Caspar David Friedrichs und eng verbunden mit den Malern der Dresdner Romantik. Einige Jahre in Rom brachten sie in Kontakt mit den Nazarenern, deren feiner, klarer Stil auch in ihren Mädchenbildnissen mitschwingt. Nach der Freilegung der vergilbten, verschmutzten und durch Farbverluste beeinträchtigten Porträts werden Seidlers Gemälde im Romantik-Museum zu bewundern sein.
Ein ganz besonderes Kleinod ist die Porträtminiatur Gerhard von Kügelgens. Retuschen, Abrisse und Verklebungen verstellten den Blick auf die Qualität des kleinen Werkes, das deswegen nicht ausgestellt werden konnte. Dabei ist gerade Kügelgen als Porträtist Goethes und Schillers eine zentrale Gestalt am Wendepunkt der Künste um 1800.
Unbekannter Künstler „Adelbert von Chamisso“, um 1810–1815, Pastell, 33,5 x 25 cm, Zustand nach der Restaurierung; Foto: David Hall
Von dem Naturforscher und Weltreisenden Adelbert von Chamisso, dem romantischen Autor des „Peter Schlemihl“, gibt es kaum Bildnisse. Das Porträt im Depot des Hochstifts ist daher ein wichtiges Exponat für das neu entstehende Romantik-Museum. Beeinträchtigt wurde das jugendliche Gesicht allerdings durch eine Vielzahl von Stockflecken, Retuschen und Kratzern. Als Pastell ist das Werk von besonderer Empfindlichkeit, da die Pigmente nur lose aufliegen, deshalb musste eine spezialisierte Restauratorin die notwendigen Ausbesserungen vornehmen.
Johann Friedrich August Tischbein, „Christoph Wilhelm Hufeland“, 1798, Öl auf Leinwand, 66 x 53 cm, UV-Aufnahme; Foto: Maike Behrends
Zustand nach der Restaurierung; © Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum Foto: David Hall
Das Porträt des Hofmedicus und späteren Jenaer Medizinprofessors Christoph Wilhelm Hufeland hat Johann Friedrich August Tischbein 1798 gefertigt. Kurz zuvor war dessen berühmtes Buch „Makrobiotik. Oder die Kunst das menschliche Leben zu verlängern“ erschienen. Hufeland war Arzt von Goethe, Schiller, Wieland und Herder und als Mitbegründer der Freitagsgesellschaften in Weimar aktiv am Austausch über die Grenzen der Disziplinen hinweg beteiligt. Das Bild war derart vergilbt und verschmutzt, dass es trotz des illustren Dargestellten nicht mehr ausgestellt werden konnte. Im UV-Licht zeigten sich zudem rings um das Gesicht fünf gekittete Löcher im Gewebe, wohl Zeugnisse einer geheimnisvollen Geschichte des Gemäldes. Nach der sorgfältigen Restaurierung wird das Bildnis von Hufeland, dem bedeutenden Naturforscher an der Epochenschwelle um 1800, die künftige Ausstellung bereichern.
Ab wann dies allerdings der Fall sein wird, steht immer noch nicht fest. Denn die Bauarbeiten am Deutschen Romantik-Museum – direkt neben dem Goethe-Haus – kommen nicht so richtig vom Fleck. Bei der Fertigstellung des kulturellen Prestige-Objekts der Stadt Frankfurt sind unerwartete Probleme aufgetreten, deren Behebung zeitintensiv ist. Die bislang genannten Termine sind längst verstrichen. Aktuell rechnet das Freie Deutsche Hochstift als Betreiber des Deutschen Romantik-Museums mit einer Eröffnung frühestens Mitte 2021. Erst dann können Besucher die Schätze bewundern.
Weitere Informationen unter:
www.deutsches-romantik-museum.de
und
www.goethehaus-frankfurt.de