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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Norwegisches Kulturprogramm 1: Dramen am Schauspiel Frankfurt und Gebäude in urbanen und natürlichen Räumen im Architekturmuseum

„Der Traum in uns“ – Norwegische Innen- und Außenräume

von Petra Kammann

Max Simonischek spielte den Peer aus dem norwegischen Klassiker „Peer Gynt“ von Strindberg, Foto: Petra Kammann

Norwegen, das Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse (16. bis 20. Oktober 2019), kündigt sich schwerpunktmäßig nicht nur in den literarischen Neuerscheinungen an, sondern auch im Theater, am Schauspiel Frankfurt und in der Architektur, die sich im DAM präsentiert. Eine kleine Einstimmung in zwei verschiedene Darstellungsweisen.

„Der Traum in uns“ – so das Motto des Ehrengasts – stammt aus einem Gedicht des norwegischen Dichters Olav H. Hauge, welches aus der Sicht der Veranstalter des Messe-Schwerpunktthemas den Wunsch ausdrückt, dass norwegische Literatur und Kultur die Herzen öffnen und das internationale Messepublikum an bislang unbekannte Orte bringen und uns „in eine Bucht, die wir nicht kannten“ (so eine Gedichtzeile Hauges), führen möge. Wir können also auf den „Bücherherbst“ mit seinem kulturellen Begleitprogramm schon sehr gespannt sein und darauf, welche Wünsche und Sehnsüchte es in uns weckt.

Der Schweizer Regisseur Roger Vontobel erläutert den bei uns wenig bekannten norwegischen, ihn aber faszinierenden Klassiker „Brant“ von Henrik Ibsen, Foto: Petra Kammann

Eine eindrucksvolle Kostprobe vom Klang der norwegischen Sprache mit ihrem existenziellen Sound hatte bereits der Schauspieler Max Simonischek bei einer Pressekonferenz im Juni in Frankfurt gegeben, die Lust auf mehr machte…

Im Schauspiel Frankfurt wurde dann auch unter der Leitung der Chefdramaturgin und stellvertretenden Intendantin Marion Tiedtke eine Reihe norwegischer Dramatik eröffnet mit dem international bekannten Bestseller „Wieder da“ von Fredrik Brattberg in einer deutschen Erstaufführung unter der Regie von Kornelius Eich, den der Stoff vom Verlust eines Kindes, das in der Erinnerung der Eltern weiterlebt, ganz unmittelbar gepackt hat.

Der renommierte Schweizer und in Südafrika aufgewachsene Regisseur Roger Vontobel wiederum inszeniert ein „Gegenstück“ zum bekannteren „Peer Gynt“ von Strindberg, nämlich „Brant“ von Henrik Ibsen – eine Art nordischer „Faust“ (Premiere 12. Oktober 2019). Auch ihn habe des Thema, handelt es doch von dem „Legitimationswahnsinn“ und der Schuld, die man sich“in seinem kleinen Menschenleben anhäuft“, einfach nicht mehr losgelassen. Er möchte das historisch ferne und bei uns unbekannte Drama, das von dem radikalen Pfarrer ausgeht, der fasziniert, weil seine unbeugsam klare Haltung auf den ersten Blick so überzeugend wirkt, ganz heutig machen und sucht Anknüpfungspunkte bei Aktivisten wie Greta Thunberg, deren Radikalität man auch in Frage stellen kann. Der belgische Regisseur Luk Perceval setzt eine Jon-Fosse-Trilogie in Szene und die „Nordische Heerfahrt“ kommt als Gastspiel aus Oslo zu uns.

Oslo, der städtisch verdichtete Raum mit seinem berühmten Opernhaus im neu entstandenen Viertel Bjørvika, links: Andrea Jürgens, stellvertr. Direktorin des DAM mit der norwegischen Kuratorin Nina Berre (B+E Curating Architecture and Urbanism), Foto: Petra Kammann

Das Deutsche Architektur Museum (DAM) in Frankfurt wiederum gibt einen Einblick in die zeitgenössische hochwertige Architektur des Landes, welche sich dadurch auszeichnet, dass sie organisch in die Umgebung und Natur eingebettet ist, was sich auch in der Wahl ihrer natürlichen und taktilen Materialien widerspiegelt, knüpft sie damit doch in Vielem an die mehr als tausendjährige Holzbautradition des Landes an.

Die am 13. September  im DAM eröffnete Ausstellung „In norwegischen Landschaften. Hunting high and low in Norvegian landscapes“ in der obersten Etage des Architekturmuseums macht auch die innere Struktur der Häuser sichtbar, die sich über statische Fotos allein nicht erschließt. Daher haben die Kuratoren eigens einen Film mit dem Rundblick auch im Inneren der Häuser machen lassen, um einen realen Eindruck der Lichtsituation, des Raumangebots und der Qualität der verbauten haptisch angenehm natürlichen Materialien zu vermitteln.

Begleitend zur Ausstellung kann man im vorderen Teil des Raums einen Blick in die bisher erschienenen 21 Bücher der norwegischen asBUILT-Reihe werfen, deren Ziel es ist, die jeweils individuelle Arbeitsweise der Architekten detailliert darzustellen, wo man u.a. auch Industriegebäude entdeckt wie zum Beispiel ein starkes Wasserkraftwerk im Gebirge.

Da die in der Schau gezeigten Bauwerke in geographisch sehr unterschiedlichen Landesteilen eingebettet sind, illustrieren die häufig weit verstreute Bebauung Norwegens in teils sehr entlegenen Gegenden, sei es als Ferienhaus am Fjord oder als Farmhaus im Landesinneren. Das wird bewusst und gezielt von einer aktiven Regionalpolitik gefördert und – und man muss wohl ergänzen, dass dies vor allem durch die wirtschaftlich starke Ölwirtschaft finanziell erst möglich ist und wegen der Bevölkerungsdichte nur bedingt auf unsere Verhältnisse übertragbar ist. Aber anregend sind die Beispiele allemal.

Bekanntester Exponent nordischer Architekturtradition ist zweifellos der Pritzker-Preisträger Sverre Zehn. Bemerkenswert ist auch die Oslo School of Architecture (OHA), die im Jahre 2000 in das ehemalige Gebäude des Elektrizitätswerk aus den 30er Jahren eingezogen ist. Ein zeitgenössisch-klassischer Bau in bester qualitativ hochwertiger Bauhaustradition ist dabei entstanden, der die alten und neuen Teile sichtbar macht. Da wurden etwa die inneren Betonwände bewusst roh gelassen, sie sollen den experimentellen Werkcharakter der darin Arbeitenden unterstreichen. In dem Gesamtgebäude wurde jedenfalls vorbildlich Raum für Kreative aller Art geschaffen. Dass ein Teil des ehemaligen Industriegebiets in eine Naherholungsgelände umgewandelt wurde, ist ein zusätzliches Atout.

„Wie mit ureigenen architektonischen Qualitäten – Material, Licht und Kubatur – jeweils ein besonderer Ort geschaffen wird, dies wollen wir mittels der für diese Ausstellung produzierten Dokumentarfilme unseren Besuchern nahebringen und in zwei Veranstaltungen diskutieren“, sagt Andres Jürges und macht aus das Begleitprogramm zur Ausstellung aufmerksam. Die Vorträge und Diskussionen konzentrieren sich auf die moderne norwegische Architektur in ihren ländlichen und urbanen Kontexten. Am 18. September geht es um 19 Uhr um das „Hunting Low“, u.a. um Projekte wie dem Weekend House Stramme von Knut Hjeltnes und in der Veranstaltung „Hunting High„, am 23. Oktober um Einblicke und zukünftige der Entwicklungen der dynamisch wachsenden Stadt Oslo.

Die Ausstellung „In norwegischen Landschaften. Hunting high and low in Norvegian landscapes“ des Deutschen Architekturmuseums (DAM) in Zusammenarbeit mit: Norwegen als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2019, Norwegian Literature Abroad (NORLA), Norwegische Botschaft, Oslo School of Architecture and Design (AHO) und Verlag Pax Forlag. Kuratorin ist Nina Berre, B+E Curating Architecture and Urbanism läuft bis zum 19. Januar 2010.

www.dam-online.de

Große Vorfreude auf den Herbst herrscht bei den Kulturvertretern der hiesigen Institutionen und der NORLA (Norwegische Botschaft, Oslo School of Architecture and Design (AHO) und Verlag Pax Vorlag), Foto: Petra Kammann

Fortsetzung folgt…

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