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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Filmproduzent Artur Brauner – eine Legende

CCC-Film Berlin – die älteste deutsche Produktionsfirma in Familienbesitz, die Themen: Trost und Ablenkung, Literaturadaptionen und die Aufarbeitung der NS-Zeit und des Holocaust

von Renate Feyerbacher (Text und Fotos)

Artur Brauner mit Claudia Dillmann, ehemalige Direktorin des DFF, Berlinale 2013

Am 7. Juli 2019 ist Artur Brauner hundertjährig gestorben. Der letzte Film „Crescendo # Makemusicnotwar“ aus der Filmproduktion Brauner – Central Cinema Companie (CCC-Film) – produziert von Tochter Alice Brauner – seit 11 Jahren die Geschäftsführerin –, hatte auf dem Filmfest München im Juli 2019 Premiere und kommt Januar 2020 in die Kinos. Artur Brauner wird sicher noch gedanklich an diesem Film mitgearbeitet haben.

Die inhaltliche Kurzmitteilung des Münchner Filmfestes lautet:„Im Rahmen von Friedensverhandlungen zwischen Diplomaten aus Israel und Palästina soll in Südtirol ein Konzert eines Orchesters junger Palästinenser und Israelis stattfinden. Die Jugendlichen sind bald davon überzeugt, dass Musik nicht nur im Kleinen, sondern auch auf globaler Ebene zur Verständigung untereinander beitragen kann.“

Gedanklich ist der Film an das West-Eastern Divan Orchestra angelehnt, das zu gleichen Teilen israelische und palästinensische Musiker vereint. Der Name bezieht sich auf Goethes Gedichtsammlung West-Östlicher Divan. Das Orchester leistet Friedensarbeit.

Gegründet wurde es vor zwanzig Jahren in Weimar von dem Dirigenten und Pianisten Daniel Barenboim, „Chefdirigent auf Lebenszeit“ an der Staatsoper Berlin, und von Edward William (Wadi) Said, einem amerikanischen Literaturtheoretiker und -kritiker palästinensischer Herkunft sowie von dem Juristen und Kulturmanager Bernd Kauffmann.

Friedensarbeit war auch eine Lebensaufgabe des Artur Brauner. Geboren im polnischen Lodz als Sohn eines jüdischen Holzhändlers, überlebte er den Holocaust. Als die Deutschen Polen überfielen, floh er mit Eltern und Geschwistern in die Sowjetunion, wo ihn die Deutschen nicht fanden. Seine Eltern und drei seiner Geschwister konnten nach dem Krieg nach Israel auswandern. 49 seiner jüdischen Verwandten wurden jedoch ermordet.

Er selbst wollte in die USA übersiedeln, landete dann aber in Westdeutschland und blieb. Er lernte seine Frau kennen, eine ehemalige polnische Zwangsarbeiterin. Sie starb vor zwei Jahren. Maria, sozial sehr engagiert, und Artur Brauner waren insgesamt 71 Jahre verheiratet.

Agnieszka Holland im Kreis der Familie Brauner

Artur Brauner hatte in Lodz Abitur gemacht und dort auch schon mit dem Studium begonnen. Schon früh hat er sich für den Film interessiert und bereits Dokumentationen gedreht.

1946 gründete er CCC-Film in Berlin. Seine Studios wurden zu einer echten Traumfabrik, denn er drehte etliche seichte Unterhaltungsfilme. Die Deutschen schienen solche Streifen nach dem Krieg zu gebrauchen. Er produzierte sie wie am Fließband.

Bereits 1948 realisierte er aber auch „Morituri – Die Totgeweihten“, in dem er seine eigene KZ-Erfahrung verarbeitete. Der junge Klaus Kinski gab darin sein Filmdebüt. In Venedig uraufgeführt, wurde der Beitrag in Deutschland ein Kassenflopp. Kinomöbel wurden damals demoliert, Drohbriefe geschrieben.

Zwei Filme im Jahr 1955 „Der 20. Juli“ sowie die Theateradaption von  „Die Ratten“ des Schriftstellers Gerhart Hauptmann bescherten ihm dann endlich den ersehnten Erfolg.

Zwei alte „Illustrierte Filmbühne“

Sein Film „Der 20. Juli“, welcher die Geschichte des Attentats auf Hitler im Jahre 1944 dokumentiert, wurde mit dem Prädikat „wertvoll“ ausgezeichnet. Für Drehbuch und Darstellung  – Wolfgang Preiss – gab es den Bundesfilmpreis in Silber, die Evangelische Filmgilde empfahl ihn als „Film des Monats“…

Für „Die Ratten“ – Regie führte Robert Siodmak – gab es dann den „Goldenen Bären“ auf der Berlinale… Die Schauspieler/innen Maria Schell, Heidemarie Hatheyer, Curd Jürgens, Gustav Knuth, Ilse Steppat und ein junger Fritz Rémond machten den Film zum Erlebnis – ein Meisterwerk.

Brauner schuf außerdem so wichtige Filme wie „Hitler-Junge Salomon“ (1990) und „Der letzte Zug“ (2006), die an das Nazi-Regime erinnern. Die polnische Filmregisseurin Agnieszka Holland war die Regisseurin von „Hitler-Junge Salomon“… Sie, die auf der letzten BERLINALE mit einem neuen Film Furore gemacht hatte, war 2017  in Wiesbaden beim Filmfestival GoEast zu Gast. Da war auch Familie Brauner angereist, da dort auch der Dokumentarfilm über 70 Jahre CCC-Film gezeigt wurde.

Artur Brauner mit Familie im Rahmen des Filmfestivals „GoEast“ in Wiesbaden 

2017 erhielt Artur Brauner den „Marler Medienpreis Menschenrechte“. In seiner 1991 gegründeten Artur Brauner Stiftung wird die Verständigung zwischen Juden und Christen gefördert, aber auch die Toleranz zwischen Menschen verschiedener Religionen, Hautfarben und Kulturen.

„Atze“, wie die Berliner ihn nannten, geriet  gelegentlich auch wegen Steuer-Unregelmäßigkeiten und wegen seines Immobilien-Imperiums in die Schlagzeilen.

Was aber bleibt, ist die Erinnerung an den großen Filmproduzenten, in dessen Studios um die 700 Filme gedreht wurden. Auch in Hollywood wurde er geehrt.

 

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