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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Estine Estenfelder †

Zum Tod der bedeutenden Frankfurter Fotografin, Fotokünstlerin und Gestalterin

Von Erhard Metz

Wer sie kennenlernen durfte, bei Ausstellungen, Vernissagen und Pressekonferenzen, bei kulturellen Veranstaltungen im Grunde jeglicher Art in ihrer Heimatstadt Frankfurt am Main und darüber hinaus, wird sie als einen besonderen Menschen in Erinnerung behalten. Begabt mit ihrem schier unerschöpflichen Reichtum an Kreativität und Ideen, mit ihrer Fähigheit, nahezu jeden Gegenüber mit ihren neuesten Vorhaben zu überzeugen und zu begeistern, mit ihrem beispielgebenden Optimismus und ihrer angeborenen, ihr Leben prägenden Offenheit, Aufgeschlossenheit und Fröhlichkeit gewann sie die Herzen all derer, die ihr begegneten.

Estine Estenfelder in ihrem Lieblingsfahrzeug, dem von ihr und ihrem Mann 1977 gestalteten Frankfurter „Ebbelwei-Expreß“; Foto: Claudia Neff

Estine Estenfelder studierte Musik, Tanz und Tanzpädagogik unter anderem an der hiesigen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst und entwickelte sich in weiteren Studiengängen zur bildenden Künstlerin, Graphikerin und Designerin. Bald wurde die Stadt Frankfurt am Main auf das kreative Künstlerpaar aufmerksam, das sie mit ihrem früh verstorbenen Mann Charly Estenfelder bildete. Es kam zu einer über viele Jahre währenden Zusammenarbeit mit dem Presse- und Informationsamt bei zahlreichen Projekten wie großen Ausstellungen und Präsentationen, Multivisionen und Fotolichtwänden in öffentlichen Gebäuden und im öffentlichen Raum, etwa im Rathaus Römer, im Frankfurter Presseclub, im Amerika-Haus, in den Städtischen Kliniken Höchst oder bei der Ausgestaltung von Stadtteilbüchereien, ferner mit den damaligen Stadtwerken und dem Kulturamt. Einem großen Kreis von Leserinnen und Lesern bekannt wurde Estine Estenfelder mit ihren Fotobüchern und Fotokalendern mit Motiven aus dem Stadtgeschehen.

Neben ihrer herausragenden dokumentarischen Fotografie auch im Rahmen ihrer zahlreichen Auslandsreisen erwarb sie sich einen Namen als freie künstlerische Fotografin, die sich alsbald mit den neuen Möglichkeiten der digitalen Fotografie auseinandersetzte; in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland waren ihre Werke zu sehen.

Ein Aufsehen erregendes und die Herzen der Frankfurter Bevölkerung wie auch zahlloser Touristen aus der ganzen Welt eroberndes Denkmal setzte sich Estine Estenfelder mit dem Frankfurter „Ebbelwei-Expreß“, der „fahrenden Apfelweinkneipe“, den sie im Januar 1977 gemeinsam mit ihrem Mann im Auftrag der damaligen Stadtwerke gestaltete. Mit himmelblauem Wolkendach und Gardinen an den Fenstern, bemalt mit Rententurm und Römer, mit weihnachtsmarktlichen Lebkuchenherzen, mit Lokalmatadoren von „Frau Rauscher“ bis Johann Wolfgang Goethe drehen mehrere Garnituren der ausgemusterten historischen Straßenbahnfahrzeuge aus den 1940er und 1950er Jahren seit Anfang Februar 1977 bis heute – und hoffentlich noch viele weitere Jahrzehnte – mit Musik, Brezeln und jenem liebevoll „Stöffche“ genannten, im „Bembel“ ausgeschenkten Getränk ihre Runden als rollendes Frankfurter Wahrzeichen durch die Innenstadt.

In all den Jahren verbreitete sich die Kunde vom Frankfurter „Ebbelwei-Expreß“ bis in ferne Länder und Kontinente. Er gehört wie Römer, Paulskirche und seit kurzem die „Neue Altstadt“ zu den Sehenswürdigkeiten der Mainmetropole. Es versteht sich, dass der Zug bis heute auch die Herzen der HO-Modellbahn-Freunde höher schlagen läßt.

Der einzigartige Frankfurter „Ebbelwei-Expreß“ als beliebtes HO-Modell; Foto: Erhard Metz

Estine Estenfelder verstarb Ende vergangener Woche wenige Monate vor Vollendung ihres 80. Lebensjahrs an den Folgen eines tragischen Unfalls.

→ Angkor, das Nationalheiligtum Kambodschas

 

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