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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„The Snat“. Rachel von Morgenstern in der Frankfurter Galerie FILIALE

Verschleierte Sicht ins Kosmische, Blick ins verhüllte Irdische

Von Erhard Metz

Ohne Titel, 2019, Acryl auf Polyester, 200 x 150 cm

Ein Sprossenfenster, so könnte es auf den ersten Blick scheinen. Und alsbald könnten wir ins Grübeln geraten: Schauen wir nun durch dieses imaginäre Fenster von außen nach innen, in einen geheimnisvoll verdunkelten Raum voller rätselhafter Geschehnisse und irrlichternder Erscheinungen hinein? Oder verhält es sich nicht eher umgekehrt: Ginge der Blick von innen durch ein solches Fenster hinaus in einen nächtlichen Himmel, durchzogen von Myriaden an Milchstraßen, kosmischen Nebeln, eine kleine Ahnung vermittelnd von der Unendlichkeit und Unergründbarkeit des Universums?

Das Geheimnis dieser Malerei ließe sich nun, einer formal-technischen Betrachtung unterzogen, rasch erklären: Rachel von Morgenstern dreht ihre mit Leinwand bespannten Keilrahmen um und überzieht diese nun zur Gestaltung freigewordene Rückseite mit feinen, transparenten Geweben, die sie bemalt. Das hölzerne Rahmenkreuz bleibt hinter dem Malgrund sichtbar und erzeugt die Illusion des „Fensterblicks“.

Mit dem entstandenen „Luftraum“ zwischen der eigentlichen Leinwand und der transparenten, bemalten Bespannung lösen sich diese Arbeiten aus der Fläche und gewinnen eine räumliche, reliefähnliche Dimension, ja etwas Skulpturales. Doch vermag all dies allein nicht den Zauber zu erklären, der von den Werken der Künstlerin ausgeht.

Ohne Titel, 2019, Acryl auf Polyester, 200 x 150 cm

Möge man es sich eingestehen, dass den Gebilden der Künstlerin mit deren besonderer Technik einer transparenten Verhüllung oder verhüllten Transparenz auch etwas von subtiler Erotik eignen könnte – mit der neben aller Kunst der kompositorischen Bildgestaltung unbeschwert-luftigen Leichtigkeit eines bunten Dessous oder Sommerkleidchens? Deutlicher noch wird dieser Eindruck in der ebenso minimalistisch wie widersprüchlicherweise zugleich auf eigenwillige Art mit filigranem Faltenwurf opulent gearbeiteten figurinenhaften Skulptur.

Erinnern wir uns an den Titel der Ausstellung „The Snat“: SNAT steht für Serotonin-N-Acetyltransferase, ein Enzym zur Synthese des für das Leben bedeutenden Hormons Melatonin – zuständig für den menschlichen Lebensrhythmus von Wachen und Schlafen, für psychische Ausgeglichenheit, Resistenz gegen Stress und auch für Glücksempfinden.

↑ Ohne Titel, 2019, Acryl auf Polyester, 135 x 115 cm
↓ Ohne Titel, 2018, Aluminium, Stahl, Acryl, 280 x 120 x 30 cm

Im folgenden eine interessante, eigenwillige und spannungsreiche Komposition, deren malerische Gestaltung dem nur noch erahnend-durchschimmernden Keilrahmenkreuz durch Verschiebung der rechtwinkeligen Felder einen faszinierenden Kontrapunkt setzt. Nicht minder fasziniert die gesamte Ausstellung in der kleinen, feinen „Filiale“ der hoch renommierten Galerie Bärbel Grässlin. Und wieder einmal lautet unser Tipp: Unbedingt hingehen, ansehen, sich Zeit und Muße nehmen!

Ohne Titel, 2019, Acryl auf Polyester, 200 x 250 cm

Rachel von Morgenstern, 1984 im hessischen Bensheim geboren, studierte an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach bei den Professoren Gunter Reski und Adam Jankowski und an der Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe bei Professor Franz Ackermann. Die Künstlerin, die bereits zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen bestritt, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main, Offenbach und Berlin.

Rachel von Morgenstern, „The Snat“, Galerie FILIALE, nur noch bis 4. Mai 2019

Abgebildete Werke © Rachel von Morgenstern; Fotos: Erhard Metz

 

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