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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Tizian und die Renaissance in Venedig“ im Städel – schon jetzt mehr als 100.000 Besucher

Mehr Tizian gab’s nie hierzulande 

Die große Sonderausstellung „Tizian und die Renaissance in Venedig“ ist der erwartete Publikumsrenner: Mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher haben bereits die überragende Schau des „Superstars des 16. Jahrhunderts“ mit über 100 Meisterwerken der venezianischen Malerei im Städel Museum der Renaissance gesehen.

von Hans-Bernd Heier 

Renaissance zu Ostern: Tizian lockt ins Frankfurter Städel; Alle Fotos: Petra Kammann

Mit dem Motiv der Bella Donna, der „Dame in Blau mit Parfümbrenner“ von Sebastiano del Piombo (1485–1547), um 1510/11 wird man in den unteren Teil der Ausstellung gelockt

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts entwickeln Künstler im wohlhabenden Venedig eine eigenständige Spielart der Renaissance, die auf rein malerische Mittel und die Wirkung von Licht und Farbe setzt. Diese Neuerungen leiten eines der folgenreichsten Kapitel der europäischen Kunstgeschichte ein. Einer der Hauptvertreter ist der Alleskönner Tizian (um 1488/90–1576), der zeit seines Lebens die zentrale Figur in der venezianischen Kunstszene bleibt.

Kurator Bastian Eclercy bei der Pressekonferenz

Das Städel Museum widmet dieser bedeutenden Kunstepoche und dem „Superstar des 16. Jahrhunderts“, wie Kurator Bastian Eclercy den Maler und Zeichner bei der Pressekonferenz titulierte, die grandiose Sonderausstellung „Tizian und die Renaissance in Venedig“. Die Schau bietet einen umfassenden Einblick in die künstlerische und thematische Bandbreite der Renaissance in der Blütezeit der  Lagunenstadt und macht anschaulich, warum sich Künstlerinnen und Künstler der nachfolgenden Jahrhunderte immer wieder auf die Werke dieser Zeit beziehen. In der beeindruckenden aubergine-farbenen Ausstellungsarchitektur kommt die Strahlkraft der hochkarätigen Werke besonders zur Geltung.

„Dieses wirkmächtige Klassikerthema der Kunstgeschichte ist in den deutschen Museen erst in jüngster Zeit stärker ins Blickfeld geraten. So erfüllt es uns mit großer Freude, dass wir in Frankfurt zum ersten Mal überhaupt in Deutschland ein so umfassendes, durch Schwerpunkte strukturiertes Panorama der venezianischen Malerei der Renaissance präsentieren können“, betont Städel-Direktor Philipp Demandt. Neben dem venezianischen Bestand der Städelschen Sammlung, zu dem etwa Tizians „Bildnis eines jungen Mannes“(um 1510) gehört, werden hochkarätige Leihgaben aus mehr als 60 deutschen und internationalen Museen gezeigt.

Wirkungsvoll bringt die Ausstellungsarchitektur die farbigen Gemälde zur Geltung

Für die Vorbereitung einer derartigen Präsentation mit „Blockbuster-Potenzial“ waren zeitaufwändige Vorbereitung (drei Jahre) und erhebliche finanzielle Vorleistungen (locker im siebenstelligen Bereich) erforderlich. Das Ergebnis begeistert die Besucher: Mehr als 100 Meisterwerke der venezianischen Malerei der Renaissance sind zu bewundern. Mit über 20 Kunstwerken des Malerfürsten Tizian versammelt die Frankfurter Schau die umfangreichste Auswahl seiner Arbeiten, die je in Deutschland gezeigt wurde. Darüber hinaus sind unter anderem Gemälde und Zeichnungen von den ebenfalls weltberühmten Giovanni Bellini, Jacopo Palma il Vecchio, Sebastiano del Piombo, Lorenzo Lotto, Jacopo Tintoretto, Jacopo Bassano und Paolo Veronese zu bestaunen.

Tizians Zeitgenossen wie Sebastiano del Piombo oder Lorenzo Lotto verbreiten die venezianischen Innovationen bald auch außerhalb der Stadtgrenzen der Lagunenstadt. Ab den 1540er Jahren tritt mit Jacopo Tintoretto, Paolo Veronese und Jacopo Bassano eine neue Künstlergeneration auf den Plan, die ebenfalls um Aufträge wetteifert. Tizian setzt jedoch für Konkurrenten und Bewunderer gleichermaßen die Messlatte, beispielsweise mit seinem herrlichen „Tizianrot“.  „Kaum ein Bereich der Kunstgeschichte hat eine so kontinuierliche Rezeption erfahren. Tizian, Tintoretto und Veronese ist dabei eine Bewunderung zuteilgeworden wie sonst nur Michelangelo und Raffael“, betont Bastian Eclercy, Sammlungsleiter italienische, französische und spanische Malerei vor 1800. Der Wettbewerb der virtuosen Maler hat zu künstlerischen Spitzenleistungen geführt. Dabei blieb das Kräftemessen nicht auf Venedig beschränkt, sondern reicht bis nach Florenz, wo Tizians Zeitgenossen, die kongenialen Koryphäen Michelangelo und Raffael, wirken.

,Noble Männer im Porträt‘: mit Tizians Bildnis des Dogen Francesco Vernier, 1554-56,(Mitte)

In der Ausstellung, die nicht chronologisch, sondern thematisch gehängt ist, werden in acht Kapiteln ausgewählte Aspekte vorgestellt, die für die venezianische Malerei des 16. Jahrhunderts charakteristisch sind. Dazu gehören die Marienbilder, die atmosphärisch aufgeladenen Landschaftsdarstellungen, die es so vorher nicht gab, Idealbilder schöner Frauen (die sogenannten „Belle Donne“), faszinierende Männerporträts oder die Bedeutung der Farbe für die Kunst der Venezianer.

Städeldirektor Philipp Demandt ist begeistert über die Leihgaben aus den großen Museen der Welt

Ermöglicht wurde die herausragende Schau durch die großzügige Förderung der Dagmar-Westberg-Stiftung und des Kulturfonds Frankfurt RheinMain, der diese mit stattlichen 250.000 Euro unterstützt hat.

Auch das Bildungs- und Vermittlungsprogramm zur Ausstellung erfreut sich großer Beliebtheit. Neben dem umfangreichen Führungsangebot (schon 1.000 Führungsbuchungen durch Gruppen), dem Katalog sowie dem Begleitheft, bietet die Ausstellung kostenfreie digitale Vermittlungsangebote, wie das Digitorial: tizian.staedelmuseum.de und eine Audiotour als App.

„Tizian und die Renaissance in Venedig“ ist noch bis zum 26. Mai 2019 im Städel zu bewundern; weitere Informationen unter:

www.staedelmuseum.de und www.tizian.staedelmuseum.de

 

 

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