Kulturtipps: Was FeuilletonFrankfurt-Autoren empfehlen und was sie beschäftigt
Schauen, Stöbern, Schmausen, Entdecken, Hinhören und Diskutieren
Petra Kammann
ist überzeugt: Ray 2018, die Triennale für Fotografieprojekte, hat insgesamt prägende optische Eindrücke hinterlassen. Ihr krönender Abschluss: die fotografischen Arbeiten von 72 Jugendlichen aus verschiedenen Städten des Rhein-Main-Gebiets, die sich die Region vor die Linse geholt haben. Nachzuerleben in der Publikation „MeinRheinMain“ (Spielbein Publishers). Als Schirmherrin des Kreativprojekts hatte die Frankfurter Fotografin Barbara Klemm den frischen Blick der Jugendlichen auf ihre vertraute Umgebung stimuliert, die sie dann an der Kamera im Rahmen von RAY JUNIOR unter Anleitung der Fotoprofis Mirko Krizanovic und Wolfgang Zurborn im Fotografieforum in 6 Workshops ausprobiert hatten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, und wir können dank des Buchs neue Aspekte unserer Region entdecken.
Die legendäre Fotografin Barbara Klemm mit den Ray Junior-Jugendlichen, Foto:© Sabine Schirdewahn
Erhard Metz
spricht aus Erfahrung.
Immer einen Besuch wert: Das Künstlerhaus und Kulturzentrum Atelierfrankfurt, mit 130 Studios das größte seiner Art zumindest in Hessen. Besuchen Sie einfach mal die montags bis freitags von 9.30 Uhr bis 15 Uhr für jedermann offene Kantine mit großen Wandmalereien, mit Biocino Caféspezialitäten, reichhaltigem Müsli-Buffet und dem abwechslungsreichen Mittagstisch – frisch gekocht mit Produkten aus der Region, täglich neuen Rezepten aus der Streetfood-Szene, vegan, „low carb“ oder guten Fleischspeisen. Kommen Sie dabei ins Gespräch mit einer Künstlerin, einem Künstler des Hauses, vielleicht lädt man Sie hernach zu einem Blick in ein Atelier ein. Über das Jahr verteilt gibt es zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen – lassen Sie sich zu aktueller Kunst verführen! www.atelierfrankfurt.de
November 2018: „Open Studios“ im Atelierfrankfurt; Foto: Erhard Metz
Hans-Bernd Heier
empfiehlt gleich drei Sonderausstellungen im Landesmuseum Museum Wiesbaden:
Die Retrospektive „Natur und Konstruktion“ von Piet Mondrian (1872–1944), dem niederländischen Vertreter der abstrakt-geometrischen Kunst mit rund 60 Arbeiten, die Überblicksschau „Eduardo Chillida – Architekt der Leere“, dessen hohe Skulptur „Berlin“ aus rostigem Cortenstahl häufig im Fernsehen mit dem Bundeskanzleramt gezeigt wird, sowie die „Eiszeit-Safari“ in den Naturwissenschaftlichen Sammlungen – mit einer fremden Tier- und Pflanzenwelt der letzten Kaltzeit mit über 100 lebensechten Tierrekonstruktionen, darunter die „Big Five“ der Kaltzeit.
Alles für nur 10 € Eintritt. Exzellent! www.museum-wiesbaden.de
Foto: Landesmuseum Museum Wiesbaden
Renate Feyerbacher
ist beeindruckt.
Es waren 18 Minuten, die mich am 1. April in den Bann zogen: Johannes Martin Kränzle sang die Rolle des Mörders Šiškov in Leoš Janáceks Oper „Aus einem Totenhaus“. Es war sein Opern-Comeback in Frankfurt nach seiner lebensbedrohlichen Krankheit, die ihn anderthalb Jahre zwang zu pausieren.
Für Šiškov und für seine Interpretation des Beckmesser in der legendären Inszenierung „Der Meistersinger von Nürnberg“ in Bayreuth wurde er zum zweiten Mal von der Zeitschrift OPERNWELT zum Sänger des Jahres 2018 ausgezeichnet:„Sein Beckmesser: eine bezwingende Mischung aus realer Tragik und surrealer Komik. Sein Šiškov: eine bestürzende Balance zwischen introvertierter Seelenschau und natürlicher Expressivität.“
Begeistert bin ich auch von Kränzles in der Festeburgkirche Frankfurt aufgenommener CD „Das ewige Rätsel – L‘ enigme eternelle (Oehms classics), die 2018 den Preis der Deutschen Schallplattenkritik der Bestenliste erhielt und für den International Classicals Music Award (ICMA) nominiert war.
Kränzle bekam die Titelstory in der „Opernwelt“
Uwe Kammann
sieht meinungsfreudig in die Zukunft.
Auf ein Neues: Das Milliardenmenetekel der Theater-Zukunft lässt Köpfe und Pläne rotieren. Sanierung? Inzwischen eher unwahrscheinlich. Neubau im Osten? Eine vermessene Illusion – Fußmarsch zum Ostbahnhof eine Viertelstunde, städtisches Umfeld gleich Null, Spiegelung von Superarchitektur im Main: naja.
Sinnvolle Alternative: Schauspiel nach Bockenheim, neben das Depot. Die denkmalgeschützte Uni-Bibliothek? Bitte keine Fetisch-Veranstaltung. Sowenig wie beim Bauverbot in den Wallanlagen, wenn man Oper und Schauspiel am jetzigen Platz reizvoll gegenüberstellt und dazu auf Riesen-Euro und Rasen verzichtet.
Mein Neujahrwunsch deshalb: eine offene und freie Diskussion, ohne jegliche Dogmen.
Städtische Bühnen, Foto: Petra Kammann
Simone Hamm
vergleicht.
Was war der kulturelle Höhepunkt 2008? Die großartige Lotte Laserstein-Ausstellung in Frankfurt? Der grandiose „Faust“, zersplittert und wieder zusammengesetzt mit Puppenspiel und Gang durch die Stadt am Leipziger Schauspielhaus? Der spannend- philosophische Roman von Juan Gabriel Vásquez: „die Gestalt der Ruinen“?
Wenn ich etwas wieder und wieder sehen und hören möchte, dann Akram Khans Choreographie „Xenos“. Khan wird zum indischen Soldaten, der für die Briten im ersten Weltkrieg kämpft, ein Fremder in der Fremde. Ein Mann im Staub, im Dreck, allein. Existentieller Tanz zu indischen Klängen und Streichermusik, die live gespielt wird. Tanz, wie er eindringlicher und zeitgemäßer nicht sein kann. https://www.schauspiel.koeln
Akram Khans Soloperformance „Xenos“, Foto: Jean Louis Fernandez, Schauspiel Köln / Tanz Köln