Neben der „Neuen Altstadt“ Frankfurt: die „neue“ Schirn Kunsthalle
Von Erhard Metz
„Eigentlich“, scherzte Schirn-Direktor Philipp Demandt bei der Vorstellung der renovierten Schirn Kunsthalle Frankfurt, „ist ein Museum ja am schönsten, wenn es leer ist“. Und er fügte hinzu, man habe tatsächlich überlegt, während einiger „Publikumstage“ die Riesenhalle ohne Exponate und Ausstellungsarchitekturen für die interessierte Allgemeinheit zu öffnen, was sich am Ende jedoch nicht als realisierbar erwies. Und letztlich freuen sich Schirn-Chef Philipp Demandt und die Stellvertretende Direktorin Inka Drögemüller natürlich auf den 25. Oktober 2018, wenn nach den umfangreichen, rund fünf Millionen Euro kostenden Sanierungsmaßnahmen die erste Ausstellung mit dem Titel „König der Tiere. Wilhelm Kuhnert und das Bild von Afrika“ eröffnet werden kann.
Nach der Renovierung strahlende Gesichter im Partnerlook: Schirn-Direktor Philipp Demandt und Stellvertretende Direktorin Inka Drögemüller
So abwegig war die Idee mit der „leeren“ Kunsthalle und den „Publikumstagen“ keineswegs, hatte doch ab 3. Februar 2009 – zu Beginn der Ära Susanne Gaensheimer als Direktorin – das Museum für Moderne Kunst MMK vorübergehend seine atemberaubenden Räume in leerem Zustand präsentiert.
Doch zurück zur Schirn: 140 Meter an Länge mißt die grandiose Ausstellungsgalerie, vermutlich eine der längsten weltweit. In diese gewaltige Strecke könnten sich beispielsweise die Spiegelgalerie im Schloß Versailles gemeinsam mit dem Antiquarium der Münchener Residenz – beide sind knapp über bzw. knapp unter 70 Meter lang – mühelos einfügen. Zusammen mit der mit einem freitragenden Tonnengewölbe überdachten zentralen Halle verfügt die Schirn über 2000 m² Ausstellungsfläche. Auch die offene, einen Durchmesser von rund 20 Metern aufweisende, mit einer Glaskuppel überwölbte Rotunde wird von Zeit zu Zeit mit Ausstellungen bespielt. Mit seinen bislang über 240 Ausstellungen und rund 8,8 Millionen Besuchern zählt das im Februar 1986 eröffnete, über keine eigene Sammlung verfügende Haus zu den bekanntesten seiner Art in Europa. Neben den Eigenproduktionen kooperiert die Kunsthalle mit zahlreichen international renommierten Museen und Leihgebern wie dem Centre Pompidou, der Tate Gallery, dem Guggenheim Museum, der Eremitage in Sankt Petersburg oder dem Museum of Modern Art in New York, um nur einige Beispiele aus der Vergangenheit zu nennen. Dies alles unter ihrer Philosophie: „Die Schirn versteht sich als Ort der Entdeckungen und als Seismograph für brisante Entwicklungen in der Bildenden Kunst. Dabei äußert sie streitbare Meinungen, eröffnet Debatten und bietet Raum für einen aktiven Austausch über die Relevanz der Kunst für unsere Gesellschaft.“ Erstaunen erregt bei all dem die Tatsache, dass die Schirn in ihrer über 30jährigen Existenz mit Philipp Demandt erst den vierten Leiter hat – nach den Kulturmanagern Christoph Vitali und Hellmut Seemann sowie zuletzt dem ehemaligen Frankfurter Museums-Übervater Max Hollein, heute Chef des New Yorker Metropolitan Museum of Art.
Beeindruckend: 140 Meter Ausstellungsgalerie; der Ostteil (oben) und die Gesamtansicht (unten), in der Mitte mit dunkler Wandverkleidung die Rotunde
Die rechteckige Ausstellunghalle
Zur Präsentation der renovierten Kunsthalle gaben auch Oberbürgermeister Peter Feldmann, Vorsitzender des Aufsichtsrats der städtischen GmbH, und Aufsichtsratsmitglied Ina Hartwig, Dezernentin für Kultur und Wissenschaft, ihr Stelldichein:
„Die Schirn ist nun für die nächsten Jahre technisch bestens gerüstet“, sagte Peter Feldmann. „Es passt, dass sie nun zeitgleich mit der neuen Altstadt fertig saniert ist. Dadurch dass die Großbaustelle vor den Toren der Kunsthalle abgeschlossen ist, wird sie noch mehr als bisher im Rampenlicht stehen.“ Und Ina Hartwig lobte: „Vor 32 Jahren wurde die Schirn eröffnet. Seither übt sie auf Kunstinteressierte aus aller Welt eine hohe Anziehungskraft aus. Mit über 200 viel beachteten Ausstellungen und mehr als 8,8 Millionen Besucherinnen und Besuchern hat sie sich zu einem stark frequentierten Ausstellungshaus von internationalem Rang entwickelt. Dies hat natürlich auch bauliche Spuren hinterlassen. Die gegen Ende dieser Woche abgeschlossene Sanierung war dringend erforderlich. Insbesondere die veraltete Klimatechnik musste modernisiert werden, um die ausgestellten Kunstwerke vor Klimaschäden zu schützen.“
Oberbürgermeister Peter Feldmann mit Ina Hartwig, Dezernentin für Kultur und Wissenschaft, Philipp Demandt mit Inka Drögemüller
„Mit der Ausstellung zu Neïl Beloufa und der beliebten Minischirn haben wir bereits Ende August das Haus zum Teil wiedereröffnet“, zeigte sich Philipp Demandt zufrieden. „Umso mehr freue ich mich, dass die Schirn ab dem 25. Oktober mit dem ‚König der Tiere‘ und kurz darauf mit der zweiten großen Herbstausstellung ‚Wildnis‘ für unsere Besucherinnen und Besucher wieder vollständig geöffnet sein wird. An dieser Stelle danke ich der Stadt Frankfurt am Main, stellvertretend für alle Entscheidungsträger, dem Oberbürgermeister Peter Feldmann und der Kulturdezernentin Ina Hartwig, für die großzügige Unterstützung und Ermöglichung der Sanierung, für die gute Zusammenarbeit und für die enorm rasche und professionelle Umsetzung aller Maßnahmen“.
So bunt wie auch einbruchssicher und brandgeschützt wird es künftig in der Ausstellungshalle zugehen
Weniger gern erinnert man sich in der Schirn des spektakulären Kunstraubs im Sommer 1994: Entwendet wurden „Light and Colour“ und „Shade and Darkness“ von William Turner, beides Leihgaben der Londoner Tate Gallery, sowie „Nebelschwaden“ von Caspar David Friedrich, eine Leihgabe der Kunsthalle Hamburg, mit einem damaligen Versicherungswert von zusammen umgerechnet 40 Millionen Euro. Peinlich, peinlich! Nach einigen Jahren und geheimen „Undercover“-Manövern konnten die drei Gemälde jedoch unbeschädigt in ihre jeweilige Heimstatt zurückkehren.
Bis zur genannten Wiedereröffnung am 25. Oktober 2018 werden noch ausstellungsbezogene Arbeiten wie der Aufbau der Ausstellungsarchitektur und die Einrichtung der Exponate zu tätigen sein.
Fotos: Erhard Metz
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