Die „neue Altstadt“ – das Herzstück des historischen Frankfurt
↑ Noch ein unbeschriebenes Buch…
↓ Schon jetzt begehrte Fotomotive: Blick auf das Stadthaus und „Goldene Waage“
Am Freitag, 28. September, wurde die neue Frankfurter Altstadt feierlich eröffnet, wenngleich das Quartier bereits seit Anfang Mai öffentlich zugänglich ist. Die ursprüngliche Frankfurter Altstadt, die zu den größten Fachwerkvierteln in Deutschland gehörte, wurde im März 1944 durch Bombenangriffe völlig zerstört. Das Herz des historischen Frankfurt ist jetzt teilweise wieder originalgetreu aufgebaut worden. 1974 entstand auf dem Areal das „Technische Rathaus“, ein schmuckloser Betonbau, der 2010 abgerissen wurde. Von den ursprünglichen 35 Häusern entstanden 15 Rekonstruktionen, die anderen sind Neuschöpfungen nach Vorgaben wie Materialien und Spitzdächer, welche sich in das Ensemble einpassen…
Im Beisein von Gästen wurde das rote Band symbolisch am historischen Krönungsweg durchschnitten
Das rote Band war zu Beginn des historischen Krönungsweges gespannt. Dieser bildet in Ost-West-Richtung die zentrale Achse des Römerbergs und führt vom Dom zum Rathaus. Auf diesem Weg schritten die Kaiser nach ihrer Krönung zum Festmahl im Rathaus Römer.
„Wir geben der Stadt Herz und Seele zurück“, sagte OB Peter Feldmann. Bei der Zeremonie lobte er das städtebauliche Konzept des wiederaufgebauten Dom-Römer-Areals. „Es ist ein Quartier geworden, das durch architektonische Harmonie und Aufenthaltsqualität besticht.“
Zu den Gästen, die den Oberbürgermeister begleiteten, gehörten neben anderen seine Amtsvorgängerin Petra Roth, Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler sowie Christoph Mäckler, Vorsitzender des Gestaltungsbeirates für die Altstadt. Die Gruppe schaute sich während eines kurzen Rundgangs das neue Ensemble an und zeigte sich beeindruckt von den wieder entstandenen Gebäuden.
v.l.n.r.: Manuel Stock, Fraktionsvorsitzender der Grünen, Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler, Petra Roth, OB Peter Feldmann, Planungsdezernent Mike Josef, Ulrich Baier, Vorsitzender des Sonderausschusses DomRömer, Michael Prinz zu Löwenstein, CDU-Fraktionschef
Bei strahlendem Herbstwetter ging es dann weiter in die Paulskirche, über deren Rekonstruktion auch gerade debattiert wird.
Die Paulskirche, das Symbol für die deutsche Demokratie und Ort der Verleihung des Friedenspreises, steht zur Sanierung an
Oberbürgermeister Peter Feldmann hat anlässlich des Festaktes zur Eröffnung der neuen Altstadt in der Paulskirche die Bedeutung des Projektes für die Stadtgesellschaft hervorgehoben und dessen Einzigartigkeit betont. Dabei stellte er in seiner Rede u.a. die Bezüge zur 800-jährigen Geschichte der Stadt als internationaler Messestandort heraus.
„Mit der Altstadt haben wir ein Stück Stadt realisiert, das die Menschen in ihrem Herz berührt. Ganz Frankfurt wartet seit Jahren auf diesen Tag“, sagte Feldmann. Die Frankfurter Bürger hätten das Projekt mit besonderer Hingabe begleitet. Denn es entspreche einem tief empfundenen Bedürfnis der Frankfurter nach Identität: „Wir geben der Stadt Herz und Seele zurück!“ In diesem Zusammenhang berichtete er von Gesprächen mit vielen Bürgern, die sich über den Wiederaufbau freuten. „In der Altstadt finden wir die Balance von Emotionalität und deren historischen Spuren. Das macht das Projekt so besonders!“, beschrieb der Oberbürgermeister den einzigartigen Charakter des neuen Stadtteils.
v.l.n.r.: Prof. Christoph Mäckler, OB a. D. Petra Roth, OB Peter Feldmann, 2. Reihe: Stephan Siegler und Michael Guntersdorf, DomRömer GmbH in der Paulskirche
Das Quartier führe zu den Wurzeln der Frankfurter Gesellschaft zurück. „Die Altstadt ist Ausgangspunkt unserer 800-jährigen Messegeschichte“, sagte Feldmann. Hier hätten zugereiste Händler ursprünglich ihre Geschäfte abgewickelt. Das Quartier sei der erste Messestandort Frankfurts und zugleich die Grundlage für die Internationalität Frankfurts, erläuterte der Oberbürgermeister. „Menschen kommen seit jeher nach Frankfurt. Das ist bei uns Normalität. Wir haben in Frankfurt Internationalität verinnerlicht, was bei uns seit langem Teil der städtischen Gesellschaft ist“, sagte Feldmann. Es gebe gute Gründe, weshalb die Mainmetropole von tiefer Zerrissenheit verschont geblieben sei. Diese gingen auf die Altstadt als „Nukleus“ Frankfurts zurück. „Wir brauchen die Vergangenheit als Fundament der Gegenwart“, betonte der Oberbürgermeister.
Feldmann unterstrich in seiner Rede die städtebauliche Qualität des Projektes. Die Architekten hätten vor der besonderen Herausforderung gestanden, ein Quartier aus historischen und zeitgenössischen Bauten zu gestalten. Es entstanden von den 35 Häusern 15 getreu ihren Vorgängern, die anderen in modernen Formen, welche sich in das Ensemble einpassen. Eine Aufgabe, die nach Ansicht des Oberbürgermeisters hervorragend gelöst worden ist. „Wir finden in der neuen Altstadt zeitgenössische Architektur, die mit den Rekonstruktionen eine wundervolle Melange eingeht“, betonte der Oberbürgermeister.
Voller Stolz betrachteten die Tischlermeister und Restauratoren der F. Kramp & Kramp aus Lemgo ihr gelungenes Handwerk an der Goldenen Waage
Diese Leistung war nur im Zusammenspiel vieler zu verwirklichen. „Die Handwerker haben Einzigartiges verwirklicht“, sagte Feldmann. Sie standen vor der Herausforderung, alt hergebrachte Techniken anzuwenden und zugleich modernen Anforderungen zu genügen. Zugleich hätten die städtischen Behörden so manche harte Nuss zu knacken gehabt. Denn das Mittelalter mit seiner dichten Bebauung kannte weder Fluchtwege noch Brandschutz. Der Oberbürgermeister lobte das Projektmanagement der städtischen DomRömer GmbH und ihres Geschäftsführers Michael Guntersdorf. „Zeitplan und Kostenplan eines Projektes über sieben Jahre einzuhalten – das ist eine großartige Leistung, für die ich besonders danke!“
Feldmann sprach zugleich vom Schwung, den dieses Projekt mit sich gebracht habe. Er hofft, dass sich dieser auf die Paulskirche als weiteres Monument des Wiederaufbaus übertragen lasse. Die 1947 auf ihren Kriegstrümmern errichtete „Wiege der Demokratie“ stehe zur Sanierung an.
Mäckler: Entstehungsprozess und Gestaltung haben Vorbildfunktion
Paulskirche: Prof. Christoph Mäcklers Grundsatzrede zum Thema Stadtgestaltung
Christoph Mäckler, international reputierter Architekt und Vorsitzender des Gestaltungsbeirats, hob in seinem Festvortrag „Die lebenswerte Stadt“ den Vorbildcharakter des Projekts hervor. Das gelte insbesondere für den Entstehungsprozess. Er sagte: „ Die Politik hat das Projekt in allen Phasen, vom Wettbewerb bis hin zur Realisierung, inhaltlich begleitet.“ Dies sei durch den Aufsichtsrat geschehen, der aus Magistratsmitgliedern und Stadtverordneten besteht. Zugleich habe sie die Architekten maßgeblich mit eingebunden. Mit Blick auf die Zukunft sagte Mäckler: „Eine ähnliche Organisationsform könnte auch die Qualität von Neubauprojekten sichern.“
Mäckler unterstrich das hohe Niveau der architektonischen Leistung, die der neuen Altstadt zugrunde liege. Die Fassadengestaltung habe Straßen- und Plätze mit besonderer Aufenthaltsqualität geschaffen. Diese bilde die Basis städtischen Zusammenlebens in öffentlichen Räumen. Denn: „So entsteht die Grundlage für schöne, lebendige Quartiere!“ Beispielhaft sind für Mäckler auch die auf der Grundlage städtebaulicher Gestaltungsvorgaben neu entwickelten Bauten, welche die Rekonstruktionen ergänzen. „Sie zeichnen sich durch eine zeitgenössische Formensprache aus, die sich typologisch auf die Baukultur des Ortes bezieht, ohne auf historische Elemente zurückgreifen zu müssen.“ Die neuen Bauten seien moderne Häuser, die sich einpassten, ohne sich „anzubiedern.“
Guntersdorf und Mäckler trugen sich in Anerkennung ihrer Verdienste bei dem Festakt in das Goldene Buch der Stadt ein
Auf zwei Bühnen sowie in den Gassen des Quartiers gibt es Kunst, Theater und Musik. Dazu sind Führungen durch das neue Viertel im Angebot. „Das Programm dieses Festes ist so vielfältig wie unsere Stadt. Es steht symbolisch für den Anspruch des neuen Dom-Römer-Quartiers, die Altstadt aller Frankfurterinnen und Frankfurtern zu sein. Ich lade daher alle Bürgerinnen und Bürger ein, vorbei zu kommen und so Besitz von ihrem neuen Stück Frankfurt zu ergreifen“, sagte Oberbürgermeister Feldmann.
↑↓ Die Stadt feiert die Eröffnung des international beachteten Projektes nun mit allen Frankfurtern
Coming soon, heißt es heute – Nicht alles wurde fertig
Alle Fotos: Petra Kammann
Veranstaltungstipps und Fotos von Renate Feyerbacher:
600 Jahre Roma in Frankfurt 1418-2018 Festkonzert open air auf dem Römerberg am Sonntag um 11Uhr
Riccardo M Sahiti
Die Roma und Sinti Philharmoniker laden zum historischen Festkonzert mit Musik von Brahms, Mascagni, Sarasate, Liszt, Enescu, Strauss, Massenet und Moreno Rathgeb. Es ist Teil im Rahmen der Wiedereröffnung der Altstadt.
Genau vor 600 Jahren trat eine Gruppe von Roma singend und tanzend auf dem Römerberg auf. Ein Dokument im Frankfurter Institut für Stadtgeschichte bestätigte das Ereignis. Eine erhaltene alte Abschrift aus den im 2. Weltkrieg verbrannten städtischen Rechnungsbüchern ist eine der frühesten Spuren ihrer Anwesenheit nördlich der Alpen. Sie berichtet, dass eine Gruppe von Roma auf dem Römerberg für die Einwohner musizierte und tanzte. Dieses Ereignis steht auch symbolisch für den Beginn einer gemeinsamen Geschichte von Minderheit und Mehrheit in Deutschland, die einerseits durch staatliche Verfolgung und Diskriminierung, andererseits aber durch ein friedliches Zusammenleben auf lokaler und regionaler Ebene gekennzeichnet war. Über die deutschen Grenzen hinaus beeinflussten und prägten Sinti und Roma in vielfacher Weise die Geschichte und Kulturgeschichte der verschiedenen Länder des europäischen Kontinents.
Erno Kallai (Violine) und Rodin Moldovan (Violoncello), zwei bekannte Roma-Musiker, und die noch jugendliche Sopranistin Scarlett Rani-Adler treten auf. Der schon lange in Frankfurt lebende und lehrende Riccardo M Sahiti dirigiert „seine“ Philharmoniker, die er im Jahr 2001 unter dem Dach des Philharmonischen Vereins der Sinti und Roma Frankfurt am Main e.V. gründete,
In der klassischen Musik ist der Einfluss der musikalischen Traditionen der Roma und Sinti umfänglich belegt und nachweisbar. Die in Wien lehrende Musikwissenschaftlerin Ursula Hemetek, die am 22. November in der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst einen Vortrag halten wird, schreibt in der Enzyklopädie „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, dass der Stellenwert der Roma-Kulturen für die europäische Musik nicht hoch genug einzuschätzen ist.
Am Freitag Abend, den 28. 09. hatten Sie mit Emil Mangelsdorff in Der Hochschule für Musik in Frankfurt und Darstellende Kunst mit dem Jazzmusiker Emil Mangelssdorff gespielt.
Emil Mangelsdorff in der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst
Am Sonntagabend um 19 Uhr wird im Kino Orfeos Erben der Film „Der Dirigent und sein Traum – Die Roma und Sinti Philharmoniker“ von Margarete Kreuzer gezeigt. Musiker dieses Orchesters umrahmen live das Filmereignis.