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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Kunst am Meer: Die Kunsttriennale Beaufort – eine Freiluft-Galerie an der belgischen Küste

Lust auf Meer

Vor allem bei den heißen Temperaturen zieht es uns stärker ans Meer als ins Museum. An der belgischen Küste kann man sich jedenfalls ganz zwanglos mit zeitgenössischer Kunst beschäftigen. Das war wohl auch einer der Gründe, die Kunsttriennale Beaufort an der belgischen Küste zu installieren. Sie erfährt in diesem Jahr ihre sechste Auflage und ist auf einer Strecke von 65 Kilometern noch bis zum 30. September 2018 zu erleben – nicht zuletzt per Tram.

Ein paar fotografische Eindrücke

von Petra Kammann

18 Künstler aus dem In- und Ausland haben dort 18 Skulpturen, Installationen und andere Projekte, die in den Küstengemeinden aufgestellt wurden, kreiert und die Küste in eine Freiluftgalerie verwandelt. Kunstinteressierte können die Kunstwerke bequem mit der Kunsttram erreichen, denn die Kunstwerke wurden jeweils in der Nähe der Haltestellen der Straßenbahnline installiert, welche die ganze Küste, deren architektonische Schönheiten begrenzt sind, entlangfährt.

Jean François Fourtou, „Beach Castle“

Die ironische Verwandlung der klassischen Strandkabinen des französischen Künstlers Jean François Fourtou empfängt einen am Eingang von Knokke-Heist. Der verschachtelte „Turm“ wirkt so, als hätte der Sturm die klassischen  Strandkabinen durcheinander gewirbelt, und erinnert an Zeiten, als die Meeresbadekultur an der See noch gepflegt wurde.

Die Künstler stammen insgesamt aus zehn verschiedenen Ländern  – neben Belgien auch Frankreich, China und die USA. Zu ihnen zählen etwa Xu Zhen, einer der führenden Köpfe der jungen chinesischen Kunstszene, der französische Installationskünstler Kader Attia oder der international beachtete Ägypter Basim Magdy. In jeder der teilnehmenden Küstengemeinden wurde ein ehrgeiziges Projekt im öffentlichen Raum realisiert, flankiert von verschiedenen kleineren und überraschenden Interventionen.

„Eternity Poseidon“ von Xu Zhen (produced by Mein Company)

Der chinesische Künstler Xu Zehn hat sich mit „Eternity – Poseidon“ von der klassisch-griechischen Bronzestatue von Zeus oder Poseidon vom Cap Artemision (460 v. Chr.) inspirieren lassen, diese kopiert und ihr einige Pekingenten, das chinesische Symbol, hinzugefügt. Damit verweist er darauf, dass die jeweils andere Kultur nur mithilfe der Mythologie verständlich wird. Die Tatsache, dass die Statue sowohl Zeus (der Göttervater) als auch Poseidon (Gott des Meeres) sein kann, beweist außerdem, dass die historischen Interpretationen nicht so festgeschrieben sind, wie man annehmen könnte, und es durchaus zu einem Dialog zwischen Orient und Okzident kommen kann.

Nieuwpoort: „Men“ von Nina Beier

Die Künstler thematisieren das sich ändernde Verhältnis von Mensch und Natur ebenso wie den Umgang mit der ‚allmächtigen‘ See, die zugleich Lebensquell als auch Bedrohung sein kann. So platziert die Dänin Nina Beier mit ihren fünf gigantischen Bronzestatuen unter dem Titel „Menbei Nieuwpoort bereits existierende Plastiken, die meist militärisch inspiriert und auf unterschiedliche Weise in Vergessenheit geraten sind, als eine neue Skulpturengruppe direkt in die Brandung, wo sie bei Flut umspült wird, und haucht ihnen damit neues Leben ein. Mit diesem Projekt hinterfragt sie nicht nur die veränderte Sicht auf die öffentliche Skulptur, sondern betrachtet auch kritisch die Darstellung von (männlicher) Macht.

Middelkerk: Vom Meer aus sehen die Spiegel glänzend und wunderschön aus, aber aus der Nähe spiegeln sie nur die düstere Wirklichkeit wieder. So verkörpern sie die Desillusion, die viele Migranten erleben müssen. Mit seinem Werk „Holy Land” hat Kader Attia hier sowohl den Kolonialsoldaten als auch den heutigen Flüchtlingen, die auf ihrem Weg nach Europa im Meer ertrunken sind, ein zeitweiliges Denkmal gesetzt und eine berührende Ruhestätte gegeben. 

↑↓ Eindrucksvoll die stummen Zeugen vor „Holy Land“ von Kadia Attia am Strand von Middelkerk

Kuratiert wurden diesem Jahr die Kunsttriennale Beaufort von Heidi Ballet, die bereits Projekte in Paris, Bordeaux, Vilnius, Berlin und China betreut hat. Ihre Absicht war es, in dieser Ausgabe zugleich auf die Bedeutung von Skulpturen im öffentlichen Raum hinzuweisen.

Die erste Ausgabe von Beaufort fand bereits 2003 statt, mit Willy Van den Bussche, dem damaligen Direktor des PMMK in Oostende als Urheber. Er war auch der Kurator von Beaufort für die Ausgabe von 2003 als auch 2006. Seither fand monumentale Kunstwerke ihren Platz in der einzigartigen Kulisse der Küste –  mit so ikonischen Bildern wie der „Spinne“ von Louise Bourgeois und den Figuren von Antony Gormley.

„Bei Beaufort wird die See als Ort beleuchtet, der unbeherrschbar ist und uns gleichzeitig mit dem Rest der Welt verbindet. Jeder teilnehmende Künstler kommt aus einem Land, das ans Meer grenzt. Beaufort2018 hat keinen Titel und hatte zuerst auch kein Thema. Im Laufe der Vorbereitungsarbeiten sind jedoch zwei Themen immer wieder aufgetaucht: Denkmäler und Ökologie… Denkmäler werden aufgestellt, um an etwas zu gedenken, aber die Welt verändert sich ständig. Inwiefern untersteht die Botschaft der Denkmäler dem Zeitgeist und auf welche Weise überstehen die Denkmäler diese sich ändernden Ideen?“ Diese und Ähnliche Fragen stellte sich die diesjährige Kuratorin.

Vor der Kulisse der Weite des Meeres an der belgischen Küste haben die Skulpturen und Installationen auf jeden Fall einen festen Platz gefunden: Von den letzten Editionen von Beaufort sind zahlreiche Werke stehen geblieben und somit weiterhin zu besichtigen.

Aber sehen Sie selbst und fällen Sie Ihr eigenes Urteil.

Weitere Infos unter:

www.beaufort2018.be

www.dekust.be

 

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