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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Glocken und Kirchen zu Ostern

An Ostern, dem ältesten gemeinsamen Fest der Christen, begehen viele Menschen gemeinschaftlich Rituale und Traditionen. Nicht nur für Christen ein Grund, die Frankfurter Kirchen zu besuchen. Sie läuten das Osterfest ein.

Von Petra Kammann

Sie künden den langersehnten Frühling und Ostern an…

Sind die goldgelben Narzissen, schon vom englischen Romantiker William Wordsworth als „golden daffodils“ besungen, die Glocken, welche Ostern verkünden und die daher ihren Namen „Osterglocken“ zurecht tragen?

Oder ist es vielmehr in Frankfurt das traditionelle Stadtgeläut, das von den verschiedenen Kirchtürmen, die den alten Stadtkern der mittelalterlichen Stadt am Main mit der dahinterliegenden  Skyline bis heute prägen, herabtönt? Frankfurt liebt nun einmal nicht das Entweder oder Oder. Es hat beides zu bieten: Natur und Kultur, Orte für die Ausübung der Religion und Orte für den politischen Diskurs und natürlich noch vieles mehr…

Die größte Glocke im Stadtgeläute, die Gloriosa, im Frankfurter Kaiserdom 

Es waren die Glocken, welche der Stadt schon seit 1347 eine unverwechselbare Stimme gaben. Anlass war seinerzeit die Begräbnisfeier für Kaiser Ludwig den Bayern. Das heutige Stadtgeläut indes geht auf den Glockensachverständigen  Paul Smets zurück, der es 1954 komponiert hat und dem es gelang, alle Glocken zu einem gemeinsamen Klang aufeinander abzustimmen.

Mit der Säkularisation nach der französischen Revolution waren die Kirchengebäude und damit deren Glocken 1802 in das Eigentum der Stadt übergegangen. In den sogenannten Dotationsurkunden von 1830 überließ die Stadt auf gut liberale Art der evangelischen und der katholischen Kirche ihre angestammten Kirchengebäude „zu immerwährendem Gebrauch – unter Wahrung ihrer Rechte und Pflichten als Eigentümerin“.

Die Paulskirche, politisch und gesellschaftlich bedeutsam, wird nicht mehr als Kirche genutzt

1856 beschloss der Senat der Freien Stadt Frankfurt, zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten ein Geläut zu veranstalten, das später Großes Stadtgeläute genannt wurde – heute immer wieder ein Anlass für die Bürger der Stadt, sich in der Nähe des Römerbergs zu versammeln. Speziell in diesem Jahr bekommen sie darüber hinaus die Gelegenheit, sich der Fortschritte der neuen Altstadtbebauung zu vergewissern.

Und von hier aus lässt sich, kurz vor Ostern, am Karsamstag ab 16.30 Uhr das harmonisch aufeinander abgestimmte besondere Geläut genießen.

„Die Glocken der Innenstadtkirchen sind sehr unterschiedlich und jede für sich ist ein Kunstwerk. Gemeinsam bilden sie eine berührende und einzigartige Klangfolge und schaffen einen Moment des Innehaltens. Sie erinnern die Bürgerinnen und Bürger eindrucksvoll an die Bedeutung der Feiertage, in diesem Falle an das bevorstehende Osterfest, an die Auferstehung Jesu Christi von den Toten nach seiner Kreuzigung und damit an den Sieg des Lebens über den Tod“, sagt Bürgermeister und Kirchendezernent Uwe Becker. „Der Besuch des Großen Stadtgeläuts gehört für viele Frankfurterinnen und Frankfurter zu einer schönen Tradition vor den Feiertagen.“

Nach einer Reihe von Veränderungen im Laufe der Zeit gibt es heute acht Dotationskirchen in Frankfurt am Main, die weit mehr nur als einen Blick wert sind: fünf evangelische (Katharinenkirche, Peterskirche, Heiliggeistkirche, Dreikönigskirche und Alte Nikolaikirche), sowie drei katholische (Dom, Liebfrauenkirche und Leonhardskirche).

Das Karmeliterkloster und die heute für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wie auch für den Goethe-Preis so bekannte Paulskirche, in der 1848 die erste Deutsche Demokratie ausgerufen wurde, gehören zwar ebenfalls der Stadt, zählen aber insofern nicht zu den Dotationskirchen, als sie inzwischen nicht mehr kirchlich genutzt werden.

Im ehemaligen Karmeliterkloster befindet sich heute nicht nur das Stadtarchiv, der Kreuzgang mit den berühmten Ratgeb-Fresken, das Archäologische Museum, sondern im Keller auch noch Das schlechteste Theater der Welt: „Die Schmiere“ und der Künstlerkeller.

Die Nicolaikirche auf dem Römerberg

Die Alte Nikolaikirche, eine schlichte, doppelschiffige frühgotische Kirche im berühmten Ensemble am Frankfurter Römerberg, trägt mit 47 Glocken zum Stadtgeläut bei, während der Kaiserdom St. Bartholomäus mit seiner „Gloriosa“ als größter Glocke beeindruckt.

Blick auf den Kaiserdom durch Teile der „neuen Altstadt“

Die gotische Kathedrale St. Bartholomäus, der „Kaiserdom“, der eigentlich gar kein Dom ist, weil er nie als Bischofskirche diente, erhielt übrigens die Bezeichnung „Kaiserdom“, weil gemäß der Goldenen Bulle Karls IV. hier seit 1356 die Königswahlen abgehalten wurden. Seine große Bedeutung als nationales Symbol beruht daher vielmehr auf seiner politisch-geschichtlichen Rolle im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. So wurden hier zwischen 1562 bis 1792 zehn Monarchen vor dem Krönungsaltar zum Kaiser gekrönt.

Dabei ist die Geschichte der Kirche viel älter und zahlreichen Wandlungen unterworfen gewesen. Auf eine vor 680 entstandene merowingische Kapelle und karolingische Saalkirche folgte 852 die Salvatorbasilika der karolingischen Kaiserpfalz, während der spätromanische Bartholomäus-Chor, benannt nach dem Apostel Bartholomäus, erst 1239 geweiht wurde. Seine Schädeldecke gilt als wertvollste Reliquie des Doms.

Der Bau und die Erweiterung des bis heute bestehenden gotischen Langhauses und der Seitenschiffe begannen ab 1260. Nachdem der Dom 1867 einem Großbrand zum Opfer fiel, wurde er neugotisch restauriert. Erst da erhielt der Turm die 95 Meter hohe Spitze nach den Plänen des Dombaumeisters Madern Gerthener aus dem Jahre 1415.

Im Dommuseum befindet sich auch ein Modell des Kaiserdoms

Die Schäden des Zweiten Weltkriegs waren gravierend. Erst 1948 bekam der Dom sein heutiges Aussehen. Besucher betreten ihn durch die sterngewölbte Vorhalle von 1879/80 mit dem barocken Maria-Himmelfahrt-Altar. Das Langhaus wurde von 1992 bis 1994 restauriert. Seither erstrahlen die kostbaren bemalten Holzaltäre, die eine eigene Geschichte wert sind, in voller Schönheit. Südlich vom mittelalterlichen Hohen Chor geht die Wahlkapelle, der Ort der Königswahlen, ab.

Das kürzlich wiedereröffnete Dommuseum im mittelalterlichen Kreuzgang, vom Eingang zur Linken aus erreichbar, zeigt Exponate aus dem Domschatz sowie die spektakulären Funde aus einem spätmerowingischen Mädchengrab des 7. Jahrhunderts. Dort ist derzeit eine äußerst spannende Ausstellung „Hinter dem Pergament“ zu sehen. Sie handelt vom Frankfurter Kaufmann Peter Ugelheimer und von der Kunst der Buchmalerei im Venedig der Renaissance, über die wir später noch ausführlich berichten werden.

Gleich hinter dem Eingang zum Dom liegt der Eingang ins Dommuseum 

Bis dahin wünschen wir allen Lesern und Leserinnen erst einmal ein schönes Osterfest und viel Spaß beim Entdeckungsspaziergang durch die Frankfurter Innenstadtkirchen sowie durch die alte und neue Frankfurter Altstadt…

Fotos: Petra Kammann

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