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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

SCHÖN UND GUT? FRANKFURT – EINE STADT FÜR ALLE?

Ein Interview mit Mike Josef, dem Planungsdezernenten der Stadt Frankfurt

Interview: Uwe Kammann
Fotos: Petra und Uwe Kammann

Seit Mitte 2016 im Amt: Mike Josef

Uwe Kammann: Hat sich Ihr Blick auf Frankfurt geändert, seit Sie dieses Amt angetreten haben? Wenn ja: In welcher Hinsicht, in welcher Form?

Mike Josef: Es ist hier unheimlich viel in Bewegung. Ich bekomme noch viel intensiver mit, welche Dynamik in der Stadt steckt; auch, wieviel Geld hier im Umlauf ist.

Was die Gestaltung der Stadt betrifft: Sehen Sie das insgesamt schärfer, kritischer?

Ja. Wenn ich früher mit meiner Frau spazieren gegangen bin, dann habe ich vieles nicht so gesehen und wahrgenommen. Etwa die Art der Gebäude: ob es sich dort um eine Blockrandstruktur oder eine Zeilenbebauung handelt, wie die Balkone platziert sind, in welcher Fluchtlinie die Gebäude stehen, ob es Vor- oder Rücksprünge gibt. All das fällt mir heute viel stärker auf, es wird mir auch wichtiger.

Frankfurts Architektur ist durch eine Vielfalt der Stile geprägt

Gibt es für Sie etwas besonders Charakteristisches, das für Frankfurt, für das äußere Bild, die Gestalt, das Gesicht der Stadt steht?

Charakteristisch ist, dass wir keinen einheitlichen Städtebau, keine einheitliche Architektur haben. Hier sieht man an vielen Stellen, geprägt auch durch die Epochen – so wie beim Neuen Frankfurt aus der Ernst-May-Zeit –, immer ein Stück Zeitgeist. Frankfurt wird, im Gegensatz zu anderen Städten, vor allem durch Vielfalt bestimmt.

Auf einem Podium mit dem früheren Berliner Senatsbaudirektor Hans Stimmann haben Sie gesagt, inzwischen sähen Sie vieles hier kritischer, seien deshalb bestrebt, an solchen Punkten etwas zu ändern. Können Sie einige beispielhaft nennen?

Nun, beispielweise was die Höhenentwicklungen der Bauten betrifft. Wo schaffen wir Hochhäuser? Sollen sie geballt, in so genannten Clustern, gebaut werden, oder aber stadtweit platziert werden, ohne besondere Struktur? Clusterbildung und eine klare Struktur anzustreben, dafür auch eine besondere Systematik zu finden, das ist mir wichtig. Auch die bei dieser Podiumsdiskussion angeschnittene Frage nach der Gestaltung des öffentlichen Raums ist wichtig. Am Beispiel des Projekts für das frühere Deutsche-Bank-Areal wurde ja gefragt: Ist ein öffentlicher Platz auch als solcher erkennbar, haben wir die Tor- und Zugangssituationen so angelegt, dass man beim Vorbeigehen sofort sieht, sich hier in einen öffentlichen Raum begeben zu können, dort einen Kaffee zu trinken, dort Freunde zu treffen. Auf solche Aspekte, generell auf die Aufenthaltsqualität von Orten und Plätzen, werde ich verstärkt achten.

Konzentration: geballter Standort der Hochhäuser

Was bereitet Ihnen größere Kopfschmerzen: die zu bewältigende Masse der Bauaufgaben, gerade auch beim Wohnungsbau, oder die Qualität des Gebauten?

Man muss auf beides achten. Wir sind natürlich gefordert, die große Nachfrage einigermaßen zu befriedigen. Obwohl wir das rein logistisch gar nicht schaffen können. In den letzten Jahren gab es einen jährlichen Bevölkerungszuwachs im Rahmen von zwölf- bis fünfzehntausend Menschen. Um den Bedarf stillen zu können, müssten wir jährlich sechs- bis siebentausend Wohnungen bauen. Das schaffen wir, allein was die Baugenehmigungen betrifft, schon aufgrund der Personalkapazitäten nicht. Auch bei der Baufertigstellung gibt es Engpässe, so bei den verfügbaren Bauarbeitern und Handwerkern. Auch bei den Bauträgern, den Projektentwicklern, gibt es Kapazitätsengpässe.

Leidet da die Qualität nicht automatisch?

Für mich ist ganz klar: Unter den Quantitätszwängen darf die Qualität nicht leiden. Man darf nicht Gefahr laufen, wegen des Zeitdrucks und der hohen Nachfrage einfach zu sagen: egal was entsteht, Hauptsache es entsteht überhaupt etwas. Das wäre falsch, denn wir schaffen jetzt ja Stadtraum für die nächsten drei, vier Generationen. Und ich bin sicher, dass auch die Akzeptanz für Stadtentwicklung allgemein und für die neuen Baugebiete steigt, wenn wir beim Städtebau und bei der Architektur eine ansprechende Qualität schaffen. Dies gilt auch für die Gestaltung des öffentlichen Raums und für die Fragen der sozialen Durchmischung, ebenso für die Mischung der verschiedenen Nutzungen. All das ist im Zusammenspiel wichtig.

Vielfach in der Stadt zu finden: Parole militanter Stadtaktivisten

Kritiker der jetzigen Entwicklung pinseln, auch unter dem Schlagwort der Gentrifizierung, an exponierte Neubauten oft den Slogan: ‚Stadt für alle’. Ist dieses Ziel überhaupt zu erreichen angesichts des drängenden Zuzugs in die Stadt, ist der Prozess überhaupt zu steuern?

Auf kommunaler Ebene hat man nur begrenzte Elemente. Im Rahmen unserer Möglichkeiten versuchen wir aber alles, um den Prozess zu steuern. Gleichwohl spielen neben der sozialen Frage auch ökologische Aspekte eine Rolle. Wenn beispielsweise ein Grundstück von privat zu privat geht, haben wir als Stadt begrenzte Möglichkeiten, dabei Rahmenbedingungen zu setzen. Von daher versuchen wir, mit kommunalem Neubau und mit der Ausweisung von Bauland die große Nachfrage zu befriedigen.

Gibt es dafür weitere Instrumente?

Es gibt auch das Instrument der Umwidmung. So wie bei der Bürostadt Niederrad, die eine gemischte Struktur bekommt, so beim Römerhof, wo es um neue Nutzungen von Konversionsflächen geht. Wesentlich dabei ist, mit allen Möglichkeiten neue Baugebiete auszuweisen. Es geht auch darum, im Bestand nachzuverdichten, immer vorausgesetzt, dass dies für Umfeld und Umwelt verträglich ist. Es geht natürlich auch um bezahlbaren, um geförderten Wohnungsbau.

 

Mike Josef vor dem Frankfurt-Plan in 2D …

Eine Herkulesaufgabe oder eine reine Sache des politischen Wollens?

Hier muss man nüchtern zur Kenntnis nehmen, dass angesichts der Grundstückspreise und der Baupreise im freifinanzierten Bereich kaum noch bezahlbarer Wohnraum zu schaffen ist. Im freifinanzierten Wohnungsbau geht es oft um Spannen von sechs- bis achttausend Euro pro Quadratmeter aufwärts, um überhaupt die Gesamtkalkulation einschließlich der Grundstückskosten stemmen zu können.

Was bleibt dann als Lösung?

Wir haben 30 Prozent an gefördertem Wohnungsbau, 40 Prozent bei der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding. Weiter versuchen wir, mit Vorkaufsrechten zu agieren, um im Rahmen der Milieuschutzsatzungen auch Mieter zu schützen. Aber bei allem kommen wir auch an unsere Grenzen, stoßen an Regeln. So unterliegen die erlaubten Mietsteigerungen um 11 Prozent bei Renovierung einer Bundesregelung. Der Umwandlungsvorbehalt von bezahlbaren Mietwohnungen in teure Eigentumswohnungen wiederum unterliegt einer Landesrechtsverordnung. Insofern, mit Blick auf Land und Bund, brauchen wir ein politisches Umdenken bei der Wohnraumentwicklung und bei der Stadtentwicklung.

Wieviel ist denn derzeit zu schaffen, im Rahmen der jetzigen Möglichkeiten?

Im letzten Jahr waren wir schon relativ gut, auch im Rückblick der letzten zehn Jahre, mit gut dreieinhalb Tausend gebauten Wohnungen.

… und hier das große 3D-Stadtmodell im Atrium des Stadtplanungsamtes

Kann man Parallelen zum Straßenbau ziehen, wo oft gesagt wurde: Je mehr man baut, umso mehr Verkehr wird angezogen, so dass es auf ein Nullsummenspiel hinausläuft?

Hier ist erst einmal ganz praktisch festzustellen: Die Leute sind darauf angewiesen, sie fahren in die Stadt, weil sie Funktionen erfüllt, von der Arbeit bis zum Studium oder zur Freizeit. Der öffentliche Nahverkehr ist in den letzten Jahrzehnten nicht stark genug ausgebaut worden, um dem Bevölkerungswachstum und den verflochtenen Funktionen auch im Umland gerecht zu werden. Unser Ansatz ist dementsprechend, auf kurze Wege und eine Mischung der Funktionen zu setzen. Arbeiten, Wohnen, Bildung, Dienstleistungen sollten über kurze Wege zu erreichen sein. Sonst nimmt der Verkehr so stark zu, siehe im Osten um die Hanauer Landstraße, dass er kaum noch zu bewerkstelligen ist.

Meine Frage hatte auch einen übertragenen Sinn: ob gerade auch durch den Ausbau der Stadt ein stärkerer Zuzug erzeugt wird?

Die These, dass durch den Wohnungsbau die Stadt Wachstum erzeugt, ist falsch. Wenn dem so wäre, hätten wir in den letzten Jahren jeweils rund siebentausend Wohnungen gebraucht. Aber wir hatten ja wesentlich mehr Zuzug, als Wohnungen geschaffen wurden. Die Menschen sind trotz dieser negativen Relation nach Frankfurt gekommen. Man zieht einfach in bestimmte Städte, weil es dort Arbeit und Bildungsangebote gibt. Und auch ab dem 60. Lebensjahr ziehen viele Menschen wieder zurück in die Städte, weil sie dort eine spezielle Infrastruktur finden, beispielsweise bei der Ärzteversorgung oder beim kulturellen Angebot. Wohnungsbau und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sind eine Folge des Zuzugs, nicht umgekehrt. Selbst wenn wir vor den Folgen die Augen verschlössen, würde die Stadt wachsen, mit allen sozialen, ökologischen und ökonomischen Konsequenzen.

Wo sind denn bei diesem Zuzugs-Überschuss die Leute eigentlich untergekommen?

Die Menschen müssen sich mit weniger Wohnfläche zufrieden geben als ihnen eigentlich lieb ist. Teilweise teilen sich auch mehr Menschen eine Wohnung – in Wohngemeinschaften, gemeinschaftlichen Wohnprojekten, in Patchwork-Familien oder Jugendliche bleiben länger bei ihren Eltern wohnen. Ein Effekt ist aber natürlich auch, dass angesichts des geringeren Angebots die Mieten und Eigentumspreise steigen.

Ist die Zusammenarbeit mit dem Umland gut oder zumindest ausreichend? Zuletzt gab es aus umliegenden Kommunen besonders laute Kritik wegen des Vorhabens, im Nordwesten Frankfurts beidseits der Autobahn A 5 ein großes Stadterweiterungsprojekt aufzulegen.

Man muss der Realität ins Auge sehen. Eschborn erweitert sein Gewerbegebiet. Die Kommune hat wesentlich mehr Pendler als Einwohner. Auch Steinbach entwickelt ein Gewerbegebiet. Überall im Umland entstehen Arbeitsplätze. Insofern bauen wir auch ein Stückweit Wohnungen für die Menschen, die dort arbeiten. Die Verkehrsbelastungen an der A 5 sind auch unmittelbare Folgen der Erweiterung der Gewerbegebiete im Umland. Die Erweiterung ist ja auch in Ordnung, das schafft Arbeitsplätze, gehört zur Stärke des Rhein-Main-Gebietes.

Und wie sieht es übergeordnet in ganz Hessen aus?

Die für Baufragen zuständige Ministerin, Priska Hinz, spricht von Prognosen, wonach bis 2040 in ganz Hessen rund 500.000 Wohnungen gebraucht werden, davon allein 83 Prozent in Südhessen. Wenn diese Prognosen tatsächlich die Grundlagen unserer Arbeit sind, muss man natürlich fragen: Wo sollen der entsprechende Wohnungsbau und die Schaffung der Infrastruktur denn stattfinden? Wenn jeder nur nach seiner Gemarkung schaut, dann wird das nicht aufgehen. Gerade die Frage des bezahlbaren Wohnraums betrifft nicht nur Frankfurt, sondern mehr und mehr auch die Umlandregionen. Der Nachfragedruck steigt dabei besonders im mittleren Segment, gilt also für viele Berufsgruppen, vom Busfahrer bis zum Lehrer, die bei Mieten und Eigentumspreisen nicht mehr mithalten können. Wenn das Rhein-Main-Gebiet das bewerkstelligen will, braucht Frankfurt die Region und die Region braucht Frankfurt.

 

Schöne Aussicht: die Skyline umrahmt durch ein Fenster des Planungsamtes

Sind Sie optimistisch, dass diese Einsicht überall vorhanden ist und eine solche Kooperation klappen wird?

Ich bin grundsätzlich optimistisch.

Trotz aller Widerstände?

Veränderungen bedeuten in der heutigen Zeit Widerstand. Nicht zuletzt bei der Stadtentwicklung, weil die Vorhaben lange Zeit abstrakt bleiben. Bei der eben erwähnten Planung im Nordwesten Frankfurts reden wir von einem Zeitraum von gut zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren. Das ist für die meisten Menschen heute noch gar nicht greifbar. Grundsätzlich ist es viel schwieriger, die positiven Punkte herauszustellen. Dabei ist die Tatsache festzuhalten, dass die Entwicklung Frankfurts immer auch über neue Stadtquartiere stattgefunden hat. So beim Nordend zur Gründerzeit, so beim Mertonviertel in den 80er Jahren, so beim Riedberg und zuletzt beim Europaviertel. Wer vor 100 Jahren vom Hauptbahnhof in die Innenstadt fuhr, kam an Ackerflächen vorbei.

Traditionelle Blockrandbebauung im Westend

Nun gibt es harte Kritik daran, dass die Stadt nicht einfach in den vorhandenen Strukturen – vornehmlich mit der gründerzeitlichen Blockrandbebauung – nahtlos weitergebaut wird. Der Architekt Christoph Mäckler beispielsweise moniert dies immer wieder, belegt die Mängel mit Bildern von ausfransenden Quartieren ohne Straßenräume. Können Sie diese Kritik verstehen oder teilen?

Tatsächlich müssen wir uns intensiver Gedanken darüber machen, was wir unter Stadt verstehen. Gerade auch bei so knapp bemessener Fläche wie in Frankfurt. Wenn wir über effiziente Flächenentwicklung reden, müssen wir auch effizient mit unserer begrenzten Fläche umgehen. So versiegeln wir auch weniger Flächen, wenn wir dichter bauen. Dichte ist per se weder positiv noch negativ. Die Frage ist vielmehr, wie wir die Dichte gestalten. In Gründerzeitvierteln wie dem Nordend oder in Bornheim haben wir viele herausragende Beispiele, wo mit hoher Dichte eine hohe Lebensqualität verbunden ist. Ein Beleg dafür ist, dass dort die Mieten und Eigentumspreise am stärksten steigen. Insofern kann es sich eine Stadt wie Frankfurt durchaus leisten, über fünf-, sechsstöckige Bauten zu reden, mit schönen Hinterhöfen, mit vielfältiger Nutzungsmischung, inklusive Läden im Erdgeschossbereich. Gerade all diese Dinge, verbunden mit starker Sozial- und Nutzungsmischung, machen Städte attraktiv. Wir wollen keine Schlafgettos.

Wo sehen Sie denn die größten Hindernisse? Ist es das Geflecht der Baugesetze, der zigfachen Regeln und Normen, ist es die Einseitigkeit der Kapitalinteressen, ist es der individuelle Widerstand, der sich ja bei fast jedem Projekt sofort und mit Lautstärke entfaltet?

Es ist eine Gesamtherausforderung, die wir annehmen müssen. Es gibt ja hier auch positive Beispiele, wie aktuell die Günthersburghöfe als Innovationsquartier. Dort war anfangs der Widerstand enorm. Jetzt können wir dort mit guter Dichte im Rahmen einer Blockrandstruktur viel Grün- und Freiflächen erhalten, auch in den Innenhöfen.

 

Plan für das neue Quartier der Günthersburghöfe

Wie lassen sich die jeweils betroffenen Menschen überzeugen und gewinnen?

Die Menschen wollen sich beteiligen, das ist auch ihr gutes Recht. Wir wiederum müssen die Beteiligungsprozesse so darstellen und moderieren, dass es am Ende zu einem vernünftigen Ergebnis kommt. Vor allem müssen wir die Menschen von unserem Städtebau überzeugen, und genau deshalb ist die eingangs erwähnte Frage nach der Qualität so wichtig. Eine größere Akzeptanz beim Städtebau – so hinsichtlich attraktiver Architektur und sozialer Durchmischung – führt zu einer stärkeren Unterstützung der Vorhaben durch die Menschen.

Fehlt es da grundsätzlich an entsprechender Urteilskompetenz, an Anschauung und Vorstellungskraft? Helfen Simulationen, wie sie heute per Computer möglich sind, oder bleibt das für die Laien alles nebulös?

Es geht weniger um Simulation und Computerbilder, sondern vielmehr um das Verfahren. Bei den Günthersburghöfen war es zweistufig. Eingangs kamen von uns eingeladene Architekten allein mit Kenntnis der Rahmenbedingungen. Sie haben der am von Anfang an am Verfahren beteiligten Bürgerschaft ihre Überlegungen vorgetragen, noch ohne konkrete Entwürfe. Die Wünsche und Anregungen der Bürger haben dann die Architekten wiederum in der zweiten Phase in ihre Vorschläge aufgenommen. Mit diesem Prozess sind wir, so glaube ich, zu einem Ergebnis gekommen, das gelungen ist und mit dem viele jetzt leben können, gerade nach der schwierigen Anfangsphase. Bei allem geht es auch darum, für die schon im Gebiet Lebenden einen Mehrwert zu schaffen und nicht einfach nur zu bauen.

Lässt sich das mit den Regeln des Marktes und dem Renditedruck vereinbaren?

Eindeutig ist: Wenn kein Bauland mehr ausgewiesen wird, reagiert der Markt so, dass einzelne Gebäude aufgekauft und umgewandelt werden, so beispielsweise in Bockenheim, im Gallus oder im Nordend. Da fehlen uns dann teilweise die Instrumente, die Milieuschutzsatzung ist hier nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Insofern stützen wir durch Neuausweisungen auch die Bestandsmieten.

Typische Investorenarchitektur: hier in den Schwedlergärten im Ostend

Sie haben eben die Qualitäten gründerzeitlicher Baustrukturen gelobt. Bei exemplarischen neuen Quartieren, wie dem Riedberg oder dem Europaviertel, auch bei der aktuellen Neuentwicklung an der Hanauer Landstraße, ist davon fast nichts zu sehen. Es handelt sich meist um Einzelblöcke an Erschließungsstraßen, erlebbare Straßenräume fehlen. Würden Sie das heute noch so planen und genehmigen? 

Wir werden jetzt bei Neuplanungen evaluieren, was beim Riedberg und beim Europaviertel gut oder schlecht gelaufen ist. Der Planungsdezernent kann ja nicht allein entscheiden, wie er den öffentlichen Raum in der einen oder anderen Form wünscht. Es handelt sich vielmehr um einen gesamtgesellschaftlichen Prozess zwischen Bürgerschaft, Politik auf allen ihren Ebenen und in allen Instanzen, Stadtplanern, Architekten. Das Ergebnis dieses Prozesses ist oft ein Kompromiss, um überhaupt voranzukommen.

Und hinterher ist man natürlich klüger?

Nehmen wir die Europaallee. Damals hat man die Breite dieser Allee auf der Grundlage des Entwurfs vom Büro Speer positiv diskutiert, als Frischluftschneise gesehen. Die heutige städtebauliche Kritik kann ich ein Stück weit nachvollziehen. Die Allee ist einfach zu breit geworden, mit starker Trennungswirkung. Im damaligen zeitlichen Kontext war sie in dieser Form auch eine Antwort auf die ökologische Frage.

Die Europaallee – im Volksmund oft Stalinallee genannt

Die Kritik richtet sich aber auch stark auf die monolithischen Großstrukturen, auf die Eintönigkeit der immergleichen Rasterfassaden, auf die Sterilität der baulichen Ränder.

Das kommt hinzu, ja.

Der schon zitierte Hans Stimmann sieht einen Grund für mangelnde Vielfalt auch darin, dass es an kleinteiligen Parzellen für private Bauherren mangele und das Geschehen vor allem durch kommunale Bauträger oder durch Großinvestoren und Projektentwickler bestimmt werde – was eben zu autistischen Großbauten führe.

Kleinparzellierte Vielfalt ist bei uns wirklich ein Riesenthema. In einem Gründerzeitviertel wie Bornheim ist zu sehen, wie damals der gleiche Haustyp im einzelnen Bau durch viele Nuancen und Details ein eigenes Gesicht bekommen hat. Auf jeder Parzelle wurde das individuell gestaltet. Wir versuchen jetzt, eine gewisse Parzellierung darzustellen, indem wir für einzelne Abschnitte Architekturwettbewerbe ausloben. Das soll zu einer gewissen Kleinteiligkeit und damit zu Vielfalt beitragen. Das gilt auch für Vorhaben unserer städtischen Immobiliengesellschaft ABG. Und wir haben unser Preisprojekt ‚Wohnen für alle’ als Wettbewerb ausgeschrieben, in Zusammenarbeit mit der Architektenkammer, dem Deutschen Architekturmuseum, der ABG, mit der Bundesstiftung Baukultur und dem Deutschen Städtetag. Damit wollen wir gute Beispiele in ganz Europa finden, die zugleich preisgünstig als auch anspruchsvoll in der architektonischen und städtebaulichen Qualität sind. Bis zum kürzlichen Stichtag gab es 132 Einsendungen von 108 Büros aus ganz Europa. Wir werden jetzt mit der Jury entscheiden, wie sich drei Gebäude mit 120 Wohnungen aus den drei Siegerentwürfen beim Projekt Hilgenfeld verwirklichen lassen. Dazu kommen noch drei weitere Architekturbüros.

War lange Zeit für Städteplaner Schönheit eher ein Fremdwort, vielleicht sogar ein ideologisch anrüchiger Begriffe, weil viel mehr Wert auf Funktionen und mechanisch verstandene soziale Aspekte gelegt wurde?

Ich muss hier die Politik und ebenso die Stadtplaner auch in Schutz nehmen. Mit dem Hinweis, dass auch ein enormer öffentlicher Druck besteht. Wie wäre es, wenn wir ein halbes Jahr über die Architektur und die Fassadengestaltung sprechen würden, gleichzeitig aber jeder auf Baugenehmigungen wartet und eine hohe Zahl an Fertigstellungen gewünscht wird? Es wird erwartet, dass ein Amt mit begrenzter Kapazität – das derzeit 350 Bebauungspläne bearbeitet – auch schnell entscheidet. Insofern handelt es sich auch um einen Zielkonflikt. Vor zehn, fünfzehn Jahren hat die Frage von bezahlbarem Wohnraum kaum eine Rolle gespielt. Jetzt herrscht ein ganz anderer Druck, bedingt durch viele Faktoren, von niedrigen Bauzinsen bis hin zum internationalen Anlagemarkt. Doch noch einmal: Es muss kein Widerspruch herrschen zwischen Menge und Qualität. Es lässt sich beides verbinden.

Kleine Parzellen und stark gegliederte Fassaden schaffen schöne Straßenräume

Wäre nicht eine übergreifende Gestaltungssatzung hilfreich, mit klaren Vorgaben?

Das haben wir auf unterschiedlichen Ebenen, jeweils auf Gebiete begrenzt, so beim Dom-Römer-Quartier mit einem eigenen Beirat oder beim Uni-Campus Westend. Wir setzen eher auf modellhafte Beispiele. In einer so vielfältigen Stadt wie Frankfurt muss man jeweils die Situation vor Ort berücksichtigen. Eine Stadt wie Regensburg, viel einheitlicher in der Substanz, kann da anders agieren. Bei uns ist auch zu fragen: Was kann, was will die Politik durchsetzen? Im Zusammenwirken mit den Projektentwicklern, die doch auch in der Regel Gutes und Anständiges wollen. Was aber die Politik unbedingt braucht, ist eine Haltung, die sie auch formuliert. Das kann kein übergeordneter Gestaltungsbeirat regeln. Wir brauchen stattdessen viele Ansatzpunkte, so wie mit dem Preis ‚Wohnen für alle’ oder mit den obligatorischen Wettbewerben für die Hochhäuser. Doch gilt sicher am Ende: Was ist politisch machbar?

Es gibt bei der öffentlichen Hand selbst oft größte Gegensätze zwischen dem städtebaulich Wünschenswerten und dem Verlangen nach größter Rendite, siehe das große Negativbeispiel des alten Polizeipräsidiums. Sie möchten städtische Durchmischung, das Land sucht beim Verkauf des Grundstücks ohne jede solche Rücksicht nach dem bestzahlenden Großinvestor. Lässt sich das versöhnen?

Diese Haltung des Landes muss ich zur Kenntnis nehmen. Wobei es hier ja auch um eine freifinanzierte Nutzung geht. Wenn am Ende, wie kolportiert, dieses Grundstück für 200 oder 220 Millionen verkauft wird, kann man leicht ausrechnen, was im freifinanzierten Bereich dann für Quadratmeterpreise aufgerufen werden, um alleine diese Kosten zu refinanzieren. Ich persönlich hätte mir eine Vergabe auf der Grundlage eines festen Konzeptes gewünscht, mit vorgegebenen Rahmenbedingungen und einer festgelegten Summe. Klar ist aber auch: Bei der jetzigen Grundstücksentwicklung gerade im Innenstadtbereich ist eine solche an städtebauliche Ziele gebundene Kalkulation irgendwann nicht mehr möglich. Immerhin hat das Land Hessen inzwischen einen Leitfaden herausgegeben, wonach die Vergabe von Grundstücken an ein Konzept gebunden sein soll. Hier, beim alten Polizeipräsidium, hätte das ein gutes Beispiel abgeben können. Denn eines ist auch klar: Wenn die öffentliche Hand in solcher Form vorgeht, ist es schwierig, privaten Investoren etwas abzuverlangen.

Am Randes des künftigen Kulturcampus: das Bockenheimer Depot

Ist es richtig, beim Stand der Entwicklung des projektierten Kulturcampus in Bockenheim ebenso zu konstatieren, dass es einen Gegensatz zwischen besten Absichten und partikularen Interessen gibt? Oder löst sich das jetzt auf?

Dass es beim Kulturcampus nicht vorangeht, liegt nicht, wie mehrfach kolportiert, an der ABG, sondern am verzögerten Umzug der Goethe-Universität. Deren dritter Bauabschnitt im Westend ist erst 2022 fertig, vorher kann sie ihre auf dem Kulturcampus verbliebenen Gebäude nicht verlassen. Unser Konzept mit 30 Prozent gefördertem Wohnungsbau und 10 bis 15 Prozent für die gemeinschaftlichen Wohngruppen, das steht auf jeden Fall, ebenso wie die Musikhochschule und weitere kulturelle Nutzungen. Doch solange die Universität mit ihrem letzten Institut nicht wegzieht, sind uns die Hände gebunden. Auch hier muss übrigens grundsätzlich festgestellt werden: Die ABG hat einen Preis gezahlt für das Grundstück, und insofern müssen die kulturellen Nutzungen quersubventioniert werden, am Ende geht es um eine Gesamtkalkulation. Auch hier zeigt sich wieder: Der Hebel ist Grund und Boden. Je teurer der Grund ist, desto schwieriger ist es, eine Nutzungsmischung mit bezahlbarem Wohnraum hinzubekommen.

Sind hier wirksame Gegenmittel in Sicht?

Derzeit diskutieren wir das Instrument der Bodenwertabschöpfung.

Wir schaffen ja mit dem Planungsrecht der Stadt die Gewinne, die überall entstehen, die aber nach heutigem Stand nur zu einem geringen Teil an die Allgemeinheit gehen. Wobei wir ja auch zusätzlich Infrastruktur schaffen, außerdem geförderten Wohnraum. Dieses Instrument der Bodenwertabschöpfung können wir kommunal gestalten. Gute Beispiele gibt es in Köln, auch in München, wo ein Drittel der Wertabschöpfung an den Investor geht, zwei Drittel gehen an die Kommune.

Gehen Ihre Diskussionen dazu in eine finale Phase?

Wir arbeiten gerade an einem Grundsatzbeschluss, der das vorbereiten soll. Wir werden sehen, wie die Debatte verläuft. Das Ziel ist, Ende des Jahres den ersten Aufschlag zu machen.

Genossenschaftsmodell in München: WagnisART, München, Architektur bogevischs buero

Beim diesjährigen, vom Architekturmuseum ausgelobten Wettbewerb ‚Beste Bauten’ wurde ein Genossenschaftsmodell aus München als Sieger gekürt. In Frankfurt, so hieß es bei der Vorstellung, gebe es dieses genossenschaftliche Baumodell kaum. Wollen Sie dies fördern?

Die Vielfalt, den Mix im Wohnungsbau brauchen wir. Dazu gehören gemeinschaftliche Wohngruppen, auch Genossenschaften. Allerdings haben beide Formen wegen der hohen Grundstückspreise Schwierigkeiten beim Zugang zum Markt. Generell sehen wir das sehr positiv, gerade Genossenschaften schaffen in der Regel nachhaltig preiswerten Wohnraum. Im Nordend gibt es Beispiele für Genossenschaftsbau mit 5 Euro pro Quadratmeter. Auf jeden Fall versuchen wir, auch wegen der vielfältigen neuen Lebensformen, dieses Modell beispielsweise über unseren Liegenschaftsfonds stärker in die Entwicklung einzubinden.

Zurück zum Stichwort öffentlicher Raum. Er ist ja nicht nur als Stadtraum mit seinen Perspektiven und Nutzungen zu sehen, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Gestaltung im Einzelnen, von der urbanen Möblierung über die Bodenbeläge bis zur Beleuchtung. In Frankfurt, so mein Eindruck, ist hier vieles reiner Wildwuchs, gibt es viel Gleichgültigkeit, bis hin zum Tohuwabohu mit Reklameschildern und zur völligen Verwahrlosung selbst an prominenten Orten. Ist das für Sie ein Thema, kann man etwas dagegen tun?

Notgedrungen, ja. Wir haben jetzt eine Ausschreibung gehabt zur Außenwerbung, mit einem ab Jahresanfang gültigen neuen Vertrag.

Schilderschönheit der besonderen Art  gehört zu den Frankfurter Spezialitäten 

Verschwinden dann die hässlichen Reklameschilder von den Laternen, welche ja auch die Orientierung im Verkehr stark erschweren?

In Teilen. Wir wollen das Ganze übersichtlicher machen, den Dschungel neu ordnen. Jetzt beginnt die Phase der Umsetzung.

Wird auch die Pflasterung in Angriff genommen? In manchen Straßen gibt es auf 200 Meter sechs verschiedene Plattensorten, während andere Städte, wie Berlin, sofort an ihrem einheitlichen Bild der Bürgersteige zu erkennen sind.

Weil wir eine solche Menge an Aufgaben haben, müssen wir Prioritäten setzen. Aber mit unserem Programm ‚Schöneres Frankfurt’ gehen wir auch diesen Punkt an, um ein einheitlicheres Bild zu erzielen. Wichtig ist, dass wir nicht nur beim Ankündigen bleiben, sondern auch etwas umsetzen wollen. Zu den aktuellen Projekten gehört die Neugestaltung des Domplatzes, der eine höhere Aufenthaltsqualität bekommen soll.

Schön hässlich – Abhilfe scheint nicht in Sicht

Große Schwierigkeiten dabei, so heißt es immer, bereite die Vielzahl der beteiligten Behörden und Instanzen.

Das kommt erschwerend hinzu, leider. Aber aufgrund der hessischen Magistratsverfassung lassen sich Differenzen zwischen den Dezernaten nie ganz vermeiden, selbst beim größten politischen Willen. Doch inzwischen laufen Absprachen gut.

Sind die in den 20er Jahren vom damaligen Stadtbaurat Ernst May geschaffenen Siedlungen für Sie noch ein aktuelles Vorbild, kann man daraus etwas lernen? Oder ist es lediglich beeindruckend, dass jemand unter dem Siegel Neues Frankfurt in fünf Jahren 15.000 Wohnungen gleichsam „gestemmt“ hat?

Generell bewundere ich den auch von innerer Überzeugung getragenen Tatendrang von Ernst May. Innerhalb so kurzer Zeit so viele Wohnungen zu schaffen und über diese Viertel auch das kulturelle Erbe unserer Stadt Frankfurt mit zu prägen, das ist schon beeindruckend. Dazu gehört auch die gleichsam revolutionäre Sicht auf das Wohnen, ebenso das Schaffen von Wohnraum für die breite Mittelschicht, und auch die Gestaltung des öffentlichen Raums.

Ernst May, das darf sicher nicht vergessen werden, handelte ausgesprochen autokratisch.

So ist es, ja. Er hat rigoros durchregiert.

Zweimal Massenwohnungsbau: rechts die Römersiedlung aus der Ernst-May-Phase

Sie verfolgen mit dem integrierten Stadtentwicklungskonzept ein sehr auf den Bürgerdialog setzendes offenes Verfahren, das die Perspektiven bis zum Jahr 2030 aufzeigen soll. Ist das vielleicht nur ein schönes Spielzeug, gerade wegen der Offenheit?

Hier liegt tatsächlich ein Grundunterschied zu damals. Durch die Einbindungen, durch die notwendigen Prozesse, durch die Bauvorschriften hat man heute nicht die Möglichkeit, so schnell zu handeln wie beispielsweise Ernst May. Das würde heute gar nicht mehr funktionieren. Insofern ist Stadtentwicklung immer auch im Kontext des Zeitgeistes zu sehen. Was das Integrierte Stadtentwicklungskonzept betrifft, so ist es keineswegs einfach Chichi. So haben unsere Fachleute sich in diesem Rahmen 200 Flächen in Frankfurt angeschaut, um sie auf Entwicklungsmöglichkeiten und auf damit verbundene Zeitrahmen zu prüfen, unter dem Gesichtspunkt der kurz-, mittel- und langfristigen Umsetzbarkeit. Schon wegen dieses Gesamtüberblicks ist das ein wichtiges Instrument. Das gilt auch für die ämterübergreifende Zusammenarbeit, auf die wir ja angewiesen sind, so im Hinblick auf Schulen, Verkehr, Gewerbe. Wir brauchen die Ämter, die Ämter brauchen uns. Alles in allem: Hier handelt es sich um ein atmendes Konzept, das alle paar Jahre angepasst werden muss.

Berlin hat sich Mitte der 80er Jahre mit der Internationalen Bauausstellung eine Art Labor geschaffen, das damals starke Auswirkungen auf den dortigen Städtebau hatte. Ist eine solche IBA ein Vorbild für Frankfurt?

Das hört sich zwar schön an. Aber es wäre schon ein großer Fortschritt, wenn man innerhalb des Rhein-Main-Gebietes Grundzüge für eine gewisse Zielorientierung hätte. Für Berlin hatte das damals einen gewissen Mehrwert, ja, aber heute brauchen wir andere Instrumente. Vor allem brauchen wir den Willen, in der Region freiwillig zusammenzuarbeiten. Es gibt jetzt wieder Diskussionen um einen Regionalkreis oder einen gewählten Umlandregionalverband. Doch solche Strukturdebatten bringen uns nicht weiter. Notwendig wäre eine institutionelle Förderung von Seiten des Landes für kommunale Projekte, die dann evaluiert werden, um bei nachgewiesenen Erfolgen nachhaltig weitergeführt zu werden. Zur Wahrheit gehört übrigens auch, dass die Region nicht zuletzt deshalb so stark wächst, weil es eine kommunale Konkurrenz untereinander gibt.

Sanierung oder Neubau: Die Front der Theater-Doppelanlage

Noch ein Punkt, der Frankfurt sehr umtreibt: die Machbarkeitsstudie zur Sanierung von Schauspiel und Oper. Ihr Dezernat war ja an einer ersten Prüfung der Studie mit beteiligt, so wie auch das Kultur- und das Baudezernat. Was war für Sie die Quintessenz dieser ersten Prüfung?

Ganz einfach: dass wir jetzt weiterprüfen müssen. Nach der ganzen Vorgeschichte lässt sich nur sagen, dass es bei dieser Entscheidung keine Schnellschüsse geben darf.

Haben Sie denn eine Präferenz in der Standortfrage?

Eine kulturelle Nutzung sollte am Willy-Brandt-Platz erhalten bleiben. Das kann auch anderes bedeuten, als den kompletten Komplex dort zu halten. Doch wie auch immer: Die Federführung liegt beim Kulturdezernat. Ich will nicht in die Arbeit anderer Dezernate hineinreden.

Neugierig auf die „neue“ Altstadt

Noch ein Wort zur rekonstruierten Altstadt. Der Oberbürgermeister ist hier, spitz gesagt, vom Saulus zum Paulus geworden, schwärmt nach anfänglicher Kritik geradezu vom jetzigen Ergebnis. Wie ist Ihr Urteil?

Ich glaube, es wird am Ende von den Bürgern gut angenommen werden. Der breit angelegte Beteiligungsprozess, zu dem sogar ein eigener Ausschuss gehört, hat sich gelohnt, das lässt sich an den jetzt zu sehenden positiven Ergebnissen ablesen. Wenn man bedenkt, wie klein die Fläche des Quartiers ist, dann besteht dessen eigentliche Größe darin, dass wir sehr detailgetreu gearbeitet haben, nahe am Original – fast ließe sich von hyperreal sprechen. Die Frankfurter werden nicht die Debatte führen, ob das Disneyland ist oder nicht.

Gibt es auch Übertragbares, das von diesem in seiner Art einzigartigen Ensemble ausgeht?

Zu den Besonderheiten gehört, dass wir ein autofreies Quartier geschaffen haben, dazu eines mit einer dichten Nutzungsmischung, ebenfalls eines mit einer hohen Qualität des öffentlichen Raums, ein Quartier, das Dom, Römer und Main gut verbindet. Das alles ist ein enormer Gewinn.

WOHNEN FÜR ALLE: DAS NEUE FRANKFURT 2018

2018 WIRD ERSTMALS EIN ARCHITEKTURPREIS FÜR BEZAHLBARES UND
GUTES WOHNEN AUSGELOBT.

Das Dezernat für Planen und Wohnen der Stadt Frankfurt am Main und das Deutsche Architekturmuseum loben gemeinsam mit der ABG den Preis »Wohnen für Alle: Neues Frankfurt 2018« für aktuell realisierte, bezahlbare und gute Wohnbauprojekte in Europa aus und setzen bezahlbaren Wohnraum im Maßstab 1:1 in der Stadt um.

Unterstützt wird der Preis von der Bundesstiftung Baukultur, dem Deutschen Städtetag sowie der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen.

PHASE 1 CALL FOR PROJECTS Architekturbüros aus ganz Europa konnten bis zum 16. Februar 2018 ihre realisierten Beispiele des bezahlbaren Wohnungsbaus aus den letzten vier Jahren einreichen. Vorbildliche Lösungen sollten hervorgehoben werden. Alle Projekte werden in einer Ausstellung und einem Katalog dokumentiert. 108 Architekturbüros aus ganz Europa folgten dem Call for Projects und reichten insgesamt 132 Projekte ein. Eine internationale Jury prämiert aus den Einreichungen dieser Phase 1 nun bis zu 10 Preisträger. Die Preisträger werden mit einem Preis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet und qualifizieren sich automatisch zur Teilnahme an »Phase 2«.

PHASE 2 BAUEN 1:1 Die prämierten Preisträger der Phase 1 haben sich für ein Konzeptverfahren qualifiziert. Sie entwerfen für ein Projektareal im Frankfurter Hilgenfeld ein bauliches Konzept für bezahlbaren Wohnungsbau. Aus diesen Beiträgen wählt die Jury bis zu 3 herausragende Arbeiten aus, die anschließend auf dem Grundstück 1:1 realisiert werden.

Weitere Infos: 

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