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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Städelschule: Rundgang 2018 (5)

Ateliers Daimlerstraße

Von Erhard Metz

Klar – in der Rundgangausstellung einer Kunsthochschule, bei der die Studierenden vom ersten bis zum zehnten Semester ihre Arbeiten zeigen, wird man noch kaum vollkommen Gereiftes oder gar Meisterliches antreffen können. Umso interessanter ist es, den Studentinnen und Studenten bei ihrem Prozeß des Suchens und Erforschens, beim medienübergreifenden Experimentieren, beim Formen und Ausbilden einer eigenen individuellen künstlerischen Sprache und Persönlichkeit über die Schulter zu schauen. Die Arbeitsergebnisse in den großräumigen Ateliers der Akademie in der Daimlerstraße im oft unwirtlich erscheinenden, industriell geprägten Osten der Stadt scheinen dazu unter mancherlei Aspekten in besonderer Weise geeignet zu sein. Schauen wir uns einfach mal um:

Eugen Wist, let down bouquet, steel, plastic, textile, magnets

Mit seinen beiden zwischen Figuration und Abstraktion spielenden, nebeneinander platzierten und somit in einem spannungsreichen Dialog stehenden Skulpturen lotet Rundgangpreisträger 2018 Eugen Wist mögliche Formen und Materialien wie deren Bezug zueinander aus: die Verfaßtheit einer Plastik gewissermaßen in ihrem Inneren wie deren Ausgreifen und Wirken in den sie umgebenden Raum hinein.

Vergleichbares läßt sich zu der fantasievollen, in der Form bereits als gesichert erscheinenden, zu vielerlei Assoziationen einladenden Arbeit von Pia Ferm feststellen; die Künstlerstudentin untersucht dabei bildhauerische Gestaltungselemente, die bis in die Antike zurückreichen.

↑ Pia Ferm, His Mouth and Belle Says Different
↓ Sonia Knop, Fisherman’s Fritz Fishes Fresh Fishes

Sonia Knop „bespielt“ die im Boden eines der Großraumstudios eingelassene kreisrunde Vertiefung – wobei der Arbeit tatsächlich viel Spielerisches eignet: Kunterbunte, wie über einen Pizzateig ausgeschüttete Klötzchen und Papierschnitzelchen, Buchstaben aus Russisch Brot und Kindernüdelchen scheinen Kleinkinder an das Alphabet heranführen zu wollen. Unsere Assoziation dazu: Immer mal wieder die Dinge vom Kindlichen, von allem Anfang her betrachten!

Max Negrelli, Hedonistic Calculus

Untersuchen, forschen, prüfen und mit Raum und Material spielen: eine – wie wir finden – wunderschöne Studie von Max Negrelli. Mit seinem faltbaren wie den ursprünglichen Zweck negierenden Paravent experimentiert er, die Dreiheit betonend, mit Formen wie beispielsweise Triptychon oder Flügel- bzw. Klappaltar und Themen wie die Dreifaltigkeit.

Elisaveta Braslavskaja, Fish, print on canvas with plastic foam

Ein schönes Beispiel für das heutige material- und gattungsübergreifende Arbeiten an der Städelschule: Von Elisaveta Braslavskaja sehen wir einen Fisch, auf Leinwand gedruckt, in einem 04 PE-LD-Druckverschlußbeutel mit der Recycling-Nummer 04 aus Polyethylen Low-Density (uff, die deutsche Verpackungsverordnung läßt grüßen), alles ist schön geregelt, dem zerfetzten Fisch wird es freilich wenig nutzen.

Curtis McLean, Rundgangpreisträger 2018 und 2015, baut eine Wand mit zwei Guckloch-Schaufenstern, die an Fassaden luxuriöser Mode- oder Schmuckgeschäfte in exklusiven Einkaufsstraßen erinnern lassen. Im linken stellt er ein feines Täschchen aus, im GUCCI-„Modern Future“-Design, geschmückt mit Tigerköpfen und dem nachempfundenen „Modern Future“-Schriftzug in frakturiert-altertümlichen Versalien, aus dem eine weitere bunt-schicke Einkaufstüte ragt, das rechte hingegen ist leer, leer wie die Welt des Nobel-Konsums, würden manche sagen, in ihm spiegeln sich lediglich die auf das „Draußen“ verweisenden Atelierfenster.

Curtis Mclean

Fotos: Erhard Metz

→ Städelschule: Rundgang 2018 (1)
→ Städelschule: Rundgang 2018 (2)
→ Städelschule: Rundgang 2018 (3)
→ Städelschule: Rundgang 2018 (4)
→ Städelschule: Rundgang 2018 (6)

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