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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Der Pianist Christopher Park und Sebastian Weigle im Museumskonzert in der Alten Oper

 

Romantische Musik : Nach- und Vorhall

Von Petra Kammann

Wenn Leidenschaft, Empfindung und Fähigkeit aufeinandertreffen, so ist das für den Rezipienten auch immer sehr beglückend. Solch gelungene Momente entstanden auch am Sonntagvormittag in der Alten Oper in Frankfurt mit dem 30-jährigen deutsch-koreanischen Pianisten Christopher Park, der in der vergangenen Saison von ECHO zum „Rising Star“ gewählt und auf Tour durch alle renommierten Konzerthäuser Europas geschickt wurde, am Klavier, und Sebastian Weigle, Chefdirigent des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters, am Pult.

Foto: © Frankfurter Museums-Gesellschaft e.V.

Dabei schien das Programm zunächst gar nicht so passend zu sein mit Robert Schumanns virtuosem Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 54, mit dem berühmten kammermusikalischem Liebesmotiv für Clara, und Anton Bruckners Sinfonie Nr. 7 E-Dur, in der die Vorahnung vom Tod Richard Wagner durchscheint und die zu den populären Werken Bruckners wurde. Was verbindet schon den Linzer Lehrersohn und Komponisten aus dem oberösterreichischen Linz mit dem phantasiebegabten träumerischen sächsischen Musiker, Journalisten und Kritiker aus Leipzig außer einer sich überlappenden kurzen Zeitgenossenschaft mit einer Differenz der Geburt von 14 Jahren?

Schumann hatte 1841 in Leipzig gleich drei große sinfonische Werke entworfen, darunter eine „Phantasie für Clavier und Orchester“, die er in Hinblick auf die außergewöhnlichen pianistischen Fähigkeiten seiner angebeteten Clara Wieck als eine Art geheimer musikalischer Liebeserklärung schrieb, indem er die Namen c-h-a-a- dreimal in seiner „Phantasie“ wiederholte und  als Geheimbotschaft für die ferne Geliebte Chiara variierte. Er sehnte sich danach, sie zu treffen, hatte Claras Vater doch nur eins im Sinne: die Beziehung zu dem seinerzeit noch erfolglosen  Schumann zu unterbinden.

Nachdem Schumann für diese „Phantasie“ zunächst aber keinen Verleger fand und das Stück nicht öffentlich aufgeführt werden konnte, arbeitete er es noch einmal um und konnte es dann auch unter der Leitung des Widmungsträgers Ferdinand Hiller und mit Clara Wieck als Pianistin in Dresden schließlich 1845 zur erfolgreichen Uraufführung bringen. Dabei setzte er auf den Dialog zwischen dem Solisten und dem Orchester, die einander Aufmerksamkeit schenken (müssen).

In der Überarbeitung sind bisweilen die Rollen vertauscht, wenn etwa das Klavier das Orchester begleitet. Stattdessen wird das Zusammenspiel zwischen Solist und Orchester aufs Feinste verwoben. An anderen Stellen bleibt es kammermusikalisch, so, wenn das Klavier mit einzelnen Instrumenten aus dem Orchester Zwiesprache hält. Der junge erfolgreich sensible Pianist Christopher Park beherrschte die Klaviatur der Gefühle und begeisterte zudem mit einer geradezu spielerischen technischen Souveränität. Er war in der Lage, die Komposition mit all ihren Gegensätzen spannungsreich und tief zu empfinden.

Und war dabei mit dem Orchester stets auf Augenhöhe. Nach den kraftvollen drei Einleitungstakten stimmten die Holzbläser leise die ausdrucksvolle elegische Melodie des Hauptthemas an, aus der Sehnsucht zwar anklang, sich darin aber nicht suhlte.

Da sich im gesamten Eröffnungssatz weder umfangreiche Solostellen noch längere Orchesterpassagen finden, kam Schumann in dieser Komposition seinem Ideal näher, Orchester und Klavier miteinander zu verbinden. Das wurde mit großer Leichtigkeit von den Bläsersoli und vom Orchester aufgegriffen.

Christopher Park setzte mit seiner poetischen Interpretation einen deutlichen Akzent, dass hier „der Dichter spricht“, wie es in Schumanns „Kinderszenen“ heißt. Der von Park mit wunderbarem Anschlag gespielte zweite Satz wirkte so tänzerisch wie graziös, im Finale dann wiederum feurig und voller Elan, was auch mit hohen technischen Anforderungen an den Solisten verbunden ist, vor allem in den chromatischen Passagen, die wie Fragezeichen des an sich selbst zweifelnden Komponisten wirkten. Der junge Pianist gab sie emotional wieder. Aber auch Lebenslust und Drama sind in dem mitreißenden Klavierkonzert verarbeitet und es ist alles andere als leicht, dabei die Balance zu halten. Park gelang es sowohl mit Leichtigkeit als auch mit der angemessenen Reife – Gegensätze, die sich auszuschließen scheinen, fast schwebend zu vermitteln.

Die Zugabe mit dem ersten Satz aus Schumanns Klavierquintett Es-Dur op. 44, die Park mit dem Konzertmeister Dimiter Ivanov und den anderen Stimmführern spielte, geriet dann auch bei der Begeisterung des Publikum so, dass man Lust hatte, Schumann noch einmal ganz neu zu erkunden.

Applaus für Sebastian Weigle, Foto: Petra Kammann

„Er ist immer sehr gut informiert, weiß genau was er tut und ist dabei doch offen für alle Impulse, die das Gesamtkonzept zur Reife führen“, sagt der renommierte Dirigent Sebastian Weigle zu Recht über den jungen Pianisten, mit dem ihn inzwischen eine künstlerische Freundschaft verbindet. Beide Künstler machen die Musik in den verschiedenen Facetten und an unterschiedlichen Orten auf völlig uneitle Weise für das Publikum erlebbar. Wie schön, wenn etwa die Orchesterbegleitung nachhallt oder man durch Weigles konzentriertes Dirigat an einigen Stellen besonders das Stillstehen der Zeit empfindet und man förmlich auf den nächsten Ton oder akustische Äußerung wartet und das Ende einer Komposition nachhallend erlebt!

Nach der Pause konzentrierten Sebastian Weigle und das Frankfurter Opern- und Museumsorchester sich dann ganz auf die Siebte Sinfonie von Bruckner mit ihrem flirrenden spirituellen Anfang und dem Adagio in dunkelstem cis-moll im 2. Satz, den Bruckner schrieb, als er vom Tode Richard Wagners 1883 in Venedig erfuhr und der ihn nachhaltig erschütterte, während die Sinfonie mit an Wagner anlehnenden Klängen endet. “Das Adagio habe ich wirklich auf den Tod des Großen, Einzigen geschrieben – teils in Vorahnung, teils als Trauermusik nach der eintretenden Katastrophe.“ Die Wucht dieser Erfahrung, in die auch vier Wagner-Tuben eingearbeitet sind, schrieb Bruckner seinerzeit. Seine Assoziationen an die „Walküre“ oder die „Götterdämmerung“ klangen bei dem an Wagner geschulten Dirigenten Sebastian Weigle dann auch bestens nach.

 

Weitere Informationen: 

Vorverkaufsstellen: Frankfurt Ticket RheinMain GmbH, Alte Oper Frankfurt, Opernplatz 1, 60313 Frankfurt, Tel. (069)1340-400, Fax (069)1340-444, www.frankfurt-ticket.de

Frankfurter Museums-Gesellschaft e. V. Goethestraße 32     60313 Frankfurt am Main, Tel. (069) 281465 , info@museumskonzerte.de

www.museumskonzerte.de

 

 

 

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