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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Wahlprüfsteine „Bildende Künstlerinnen und Künstler“ im Ausstellungsraum Eulengasse (2)

Von Erhard Metz

40 Sitz- und noch einmal gefühlte 40 oder mehr Stehplätze, die räumlichen Kapazitäten so restlos erschöpft wie die Raumluft, denn es wurde wie erwartet „gemütlich warm“ im Ausstellungsraum Eulengasse, und zur allgemeinen Erwärmung trugen auch die engagiert vorgetragenen Diskussionsbeiträge der eingeladenen Künstlerinnen und Künstler und sonstigen Personen aus dem Kreis der Kulturschaffenden bei. Es ging, um dies in Erinnerung zu rufen, um den Stand sowie den Stellenwert der freien, nicht institutionellen Kunstszene vor allem in der Stadt Frankfurt – im Vorfeld der bekanntlich für Ende Februar bzw. Anfang März (Stichwahl) anstehenden Wahl des Oberbürgermeisters. Dazu sollten „Wahlprüfsteine“ erarbeitet werden, zu denen sich die zur Wahl kandidierenden Persönlichkeiten äußern sollten.

(v.l.) Hanneke Heinemann, Felicia Herrschaft, Oberbürgermeister Peter Feldmann, Nargess Eskandari-Grünberg, Janine Wissler und Harald Etzemüller; Foto: Erhard Metz

Zur Runde eingeladen und erschienen waren der Amtsinhaber, Oberbürgermeister Peter Feldmann, SPD, sowie die Kandidatinnen Nargess Eskandari-Grünberg, Bündnis 90/Die Grünen, Felicia Herrschaft, Unabhängige, Bernadette Weyland, CDU, und Janine Wissler, Die Linke, wobei Frau Weyland leider zuletzt absagte. Eingeladen und auch gekommen waren von den Kunstschaffenden Eugen El (Künstler, Freier Journalist), Cornelia F. Ch. Heier (Künstlerin), Haike Rausch (Künstlerin, Deutscher Künstlerbund), Max Pauer (Künstler und Ausstellungsmacher, 1822-Forum), Leonore Poth (Künstlerin) und Philipp Alexander Schäfer (Künstler); aus dem Kreis der Kuratorinnen Brigitta Amalia Gonser (Kunstwissenschaftlerin) und Ana Karaminova (Kunsthistorikerin); für die Frankfurter Galerien kam Marina Grützmacher, KunstRaum Bernusstrasse. Die Veranstaltung moderierten die Kunsthistorikerin Hanneke Heinemann und das Vorstandsmitglied Eulengasse e.V. Harald Etzemüller, Architekt und Stadtplaner.

(v.l.) Harald Etzemüller, Brigitta Amalia Gonser, Leonore Poth, Cornelia F. Ch. Heier und Eugen El; Foto: Erhard Metz

Wahlprüfsteine

In einer ersten, lebhaft geführten Diskussionsrunde trugen die Kunst- und Kulturschaffenden ihre Kritik an der aktuellen Situation der Freien Kunstszene, ihre Anliegen und Forderungen vor, aus denen, zum Teil bereits unter Mitwirkung der Vertreter der politischen Seite, nach und nach die folgenden sechs Wahlprüfsteine erarbeitet wurden:

• Atelier- und Wohnsituation

– Situation auf dem angespannten Mietmarkt sowohl für Ateliers als auch Wohnungen
– Chancen und Risiken der größeren Atelierhäuser und Situation der dezentral über die Stadt verteilten Ateliers
– Erweiterung des bestehenden städtischen Förderungsprogramms

• Ausstellungsmöglichkeiten

– Gravierender Mangel an Ausstellungsräumen
– Wiedereinrichtung einer Kommunalen Galerie

• Förderung

– Unterstützung künstlerischer Produktion anstatt mehr „Kunstkonsum“
– Bürokratieabbau für Künstler als Antragsteller
– Bessere Dotierung eines allgemeinen Förderungsfonds für die freie Szene anstelle Konzentration auf Projektförderung

Oberbürgermeister Peter Feldmann und Nargess Eskandari-Grünberg, (unten) Janine Wissler und Harald Etzemüller; Fotos: Petra Kammann

• Gründerberatung

– Hilfe bei der künstlerischer Existenzgründung
– Juristische Beratung

• Kunst als Zukunftsmotor

– Bedeutung einer kritischen Freien Kunstszene gegenüber institutionellen Kunsteinrichtungen
– Freie Kunstszene als Motor stadtgesellschaftlicher Entwicklung
– Abwanderung junger Kunstschaffender in andere Städte vermeiden
– Kunstvermittlung an Schüler und Jugendliche

• Frage einer Ausstellungsvergütung

Hanneke Heinemann und Brigitta Amalia Gonser; Fotos: Petra Kammann und Erhard Metz

Im Kreis von Kandidat und Kandidatinnen bestand in allen wesentlichen Punkten ein weitgehendes Einvernehmen über die Bedeutung der freien, nichtinstitutionellen Kunstszene für eine weltoffene, sich dynamisch entwickelnde Stadt wie Frankfurt am Main, ferner über die Notwendigkeit einer stärkeren Förderung und Unterstützung – jedenfalls im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten. Als ergänzende, individuelle Position vertrat Felicia Herrschaft engagiert ihr Modell einer Nutzung von Gebäuden und Gelände der ehemaligen Galopprennbahn im Süden der Stadt für künstlerisch-kulturelle Zwecke verschiedenster Art. Übereinstimmend stellten Kandidat und Kandidatinnen fest, dass die sechs definierten Wahlprüfsteine die Basis für eine weiterführende Diskussion in einem größeren Rahmen bilden sollen. Oberbürgermeister Feldmann zückte bereits seinen Terminkalender und empfahl die zweite Junihälfte als Zeitraum für ein solches Forum – den Einwand, er müsse ja doch erst einmal wiedergewählt werden, quittierte er mit einem zuversichtlichen Schmunzeln. Dabei fielen sogar Namen wie „Paulskirche“ oder die „Römerhallen“ als mögliche Veranstaltungsorte, die auch mit Ausstellungsaktivitäten verbunden werden könnten. Interessant: Da zuckten doch manche freie Kunst Schaffenden im Raum zusammen angesichts der „lichten Höhe“ solch klangvoller, gar elitärer Lokalitäten – aus Angst vor der eigenen Courage oder vor einer Vereinnahmung durch eben diese kritisch zu hinterfragenden Institutionen?

Kandidatin Felicia Herrschaft, im laubreichen Wahlkampf-Outfit, ihr Rennbahnprojekt demonstrierend, Oberbürgermeister Peter Feldmann sowie die Kandidatinnen Nargess Eskandari-Grünberg und Janine Wissler; Fotos: Erhard Metz

Wie geht es nun weiter? Der Veranstalter – der Kunstverein Eulengasse also, anzunehmen weiter unter Mitwirkung von Hanneke Heinemann – wird ein entsprechendes Konzept entwickeln und den Kontakt mit der Stadt Frankfurt aufnehmen. Zunächst wird eine Art Protokoll der in den wichtigsten Abschnitten mitstenografierten Diskussion erstellt werden. Ein Anstoß jedenfalls ist gegeben – und gar nicht mal ein kleiner. Wer am Ufer zumindest kleine Wellen erzeugen will, muss einen dicken Stein in den Teich werfen.

Und wie steht es nun mit den Wahlchancen der Vier in dieser Versammlung erhitzter Diskutanten an diesem denkwürdigen Nachmittag in der „Eulengasse“? Allseits gut, schätzen wir mal, ganz nach persönlicher Präferenz … über die Prüfsteine jedenfalls sind sie allesamt erfolgreich geklettert!

→ Wahlprüfsteine „Bildende Künstlerinnen und Künstler“ im Ausstellungsraum Eulengasse

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