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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Götter der Etrusker – Ausstellung im Archäologischen Museum Frankfurt

Zwischen Himmel und Unterwelt

Text und Fotos von Renate Feyerbacher

Die letzte Etrusker-Ausstellung in Frankfurt liegt fast 30 Jahre zurück. Noch länger zurück liegt mein Besuch in dem einst etruskischen Ort Velathri, heute Volterra. Ich kann mich noch gut erinnern an den „Abendschatten“ im Museo Etrusco Guarnacci, der mich begeistert hatte. Dieses Museum, das Museo Archeologico Nazionale in Florenz und andere italienische Museen haben nun Prachtstücke für die Frankfurter Ausstellung zur Verfügung gestellt. Und auch das Frankfurter Haus zeigt erstmals seine etruskischen Schätze. Eine kleine, aber sehenswerte Ausstellung, die noch  bis zum  4. Februar geht.

Gorgonenkopfantefix aus Capua – Terrakotta 6. Jh. v. Chr. in Frankfurt

Das Reich der Etrusker existierte vom 9. bis 7. Jahrhundert v. Chr. Um 80 v. Chr. ging es im Römischen Reich auf. Vieles haben die Römer den Etruskern abgeschaut. Mittelitalien, hauptsächlich die Toskana, war ihr Territorium. Bereits in der Antike galten die Bestattungsriten und -praktiken der Etrusker als einzigartig. Religion und Kult gehörten zum Alltag. Die Menschen glaubten an ein Weiterleben nach dem Tod, daher wurden die Gräber mit notwendigen und auch prachtvollen Dingen ausgestattet – je nach Bedeutung des oder der Toten.  Die wunderschönen Goldfibeln, so eine Art Sicherheitsnadeln, gefunden in Populonia, die beliebten Traubenohrringe aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. , ein Gold-Diadem und eine kunstvolle Haarspirale, mit denen die Zopfenden fixiert wurden, bestechen heute durch ihre Schönheit im Museum in Florenz. Zeitlebens standen die etruskischen Menschen im Dialog mit den Göttern. Die Ereignisse eines Tages waren Ausdruck göttlichen Willens, der Diesseits und Jenseits bestimmte. Das Talent der Weissagungen wurde ihnen zugesprochen. Sie deuteten die Zukunft zum Beispiel aus dem Vogelflug. Ihre Religiosität, ihre Jenseitsvorstellungen dokumentierten sie in großartigen Kunstwerken. Darin waren sie Meister, nicht im Kampf.

Gorgonenhäuptern wurde eine Übel abwehrende Wirkung nachgesagt. Wilde Haarpracht umgab die Gorgonen, zu denen auch Medusa gehörte. Es heißt in der Mythologie, dass jeder, der sie anblickte, zu Stein erstarrte. Das abgebildete Prachtstück – heute im Besitz des Frankfurter Archäologischen Museums – stammt aus dem letzten Viertel des 6. Jahrhunderts v.Chr.. Dieses Stück, so wird vermutet, gehörte zu einem Holzsarkophag, der eine Haus- oder Tempelform hatte. Solche Antifixe, Ton- und Steinziegel mit figürlichen und ornamentalen Bemalungen wurden an den Dach-Traufen angebracht .

Die Etrusker verbrannten die Körper der Toten und gaben die Asche in prachtvolle Aschenkisten beziehungsweise -urnen. Das Museum Guarnacci, benannt nach dem Volterraner Gelehrten, welcher der Stadt im 18. Jahrundert seine Sammlung vermacht hatte, besitzt einige dieser Aschenkisten.

Aschenkiste mit Darstellung von Vanth und Charun 3. Jh. v. Chr. Alabaster – Volterra

Weibliche (Vanth) und männliche (Charun) Dämonen fungierten als Türwächter,  sie begleiteten die Toten ins Jenseits. Der Tote auf dem Pferd hat eine Schriftrolle und die geflügelte Vanth führt das Pferd und hält eine brennende Fackel – Symbol für den Eingang in die Welt der Toten – nach unten. Charun trägt ein Schwert und einen großen Hammer. Wer war dieser Tote? Ein Handwerker, ein Künstler, ein Gelehrter? Anhand der Utensilien kann man Vermutungen anstellen.

Sehr beliebt auf den Aschenkisten war auch die Darstellung vom Raub der Helena, vermutlich inspiriert von griechischen Künstlern. Bedeutend war der griechische Einfluss. Zu sehen ist eine Aschenkiste mit dem Deckel, auf dem eine feine Dame wie auf einem Kanapee liegt. Und noch eine Urne mit dem Deckel einer reich gekleideten Dame gibt es. Darunter wird ein Paar auf der Reise in die Unterwelt dargestellt.

 

Aschenkiste mit einem Paar auf gemeinsamer Jenseitsreise, Alabaster 2.- 1. Jh. v.Chr., Volterra

Ein Exponat, in das man sich verlieben kann. Das Paar liegt in einem zweirädrigen Planwagen, der von Maultieren gezogen wird. Ein Mann mit Pferd entbietet einen Abschiedsgruß. Weitere Personen unter anderem Kinder begleiten den Trauerzug.

Außergewöhnlich sind die Aschenurnen mit menschlichen Gesichtszügen, Kanopengefäße. Sie stammen aus Chiusi. Das Exemplar in der Ausstellung steht auf einem Thron, heißt, der Verstorbene war sozial hochgestellt.

Kanopengefäß auf Thron 7.Jh.v.Chr. Terrakotta – Florenz

Rotfiguriger Kolonettenkrater, auch Kelebe, ist ein Gefäß betitelt, das einen Mann mit Lorbeerkranz und Blütenzweige zeigt. Im Lexikon ist zu lesen, dass diese Gefäße mit dem breiten wulstigen Hals und zwei Tragegriffen aus Korinth stammen und zum Mischen von Wein und Wasser gedacht waren. Hier wird es als Behältnis für die Asche des Verstorbenen ausgewiesen. Der Verstorbene wird als Anhänger des Dionysos-Kultes gedeutet, weil die abgebildete Bilderwelt auf diesen hinweist. Stellt sich die Frage, ob ein Behälter für Wein und Wasser als Urne zweckentfremdet wurde?

Leider ist die Beschriftung mancher Ausstellungsstücke zu wissenschaftlich. Welcher Besucher kennt schon die archäologischen Begriffe? Da wäre ein  Mehr an Information wünschenswert.

Dennoch eine sehr lohnenswerte Präsentation, die einen faszinierenden Einblick in die Totenriten des immer noch rätselhaften Volkes der Etrusker bietet.

www.archaeologisches-museum.frankfurt.de

 

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