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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Nussknacker und Mausekönig – im Heinrich-Heine-Institut

Originale, Skizzen und Vorarbeiten zu E. T. A. Hoffmanns Märchen, historische Bücher aus 200 Jahren und einige Objekte aus der Hoffmann-Zeit

200 Jahre nach Erscheinen des Kunstmärchens „Nussknacker und Mausekönig“ von E.T.A. Hoffmann zeigt das Heinrich-Heine-Institut eine Ausstellung mit den Arbeiten von Sabine Friedrichson, die Hoffmanns Märchen „Nussknacker und Mausekönig“ neu illustriert hat. Friedrichson, besonders bekannt durch ihre Illustrationen von Andersens Märchen, wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. für ihr Gesamtwerk mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis. Zudem wurde sie in die Ehrenliste des Hans-Christian-Andersen-Preises aufgenommen. Die Journalistin, Übersetzerin, Kinder- und Kochbuchautorin Sybil Gräfin Schönfeldt hat die Geschichte für heutige junge Leser verständlicher gemacht. Und die Kuratorin Inge Sauer, selbst Künstlerin und Kinderbuchspezialistin, arbeitete für die anschauliche Ausstellung mit der großartigen Illustratorin Sabine Friedrichson eng zusammen.

Ein Beitrag von Petra Kammann

↑↓ Hereinspaziert in die imaginäre Welt von E.T.A. Hoffmann. Einige Ausgaben kann man in der Leseecke anschauen

E.T.A. Hoffmanns Kinderklassiker wird wird seit seinem Erscheinen 1816  von den Kindern geliebt. Die Geschichte von der kleinen Marie, die einen Nussknacker geschenkt bekommt, mit dem ihr Bruder Fritz Nüsse knackt, bis der Nussknacker, der in Wirklichkeit ein vertauberter Jüngling ist, seine Zähne verloren hat. Zu seiner Erlösung muss er den Mausekönig besiegen und die Liebe eines Mädchens gewinnen. Marie, die ihm ins Reich der Phantasie folgt, beflügelte nicht allein die Phantasie der Kinder.

Die phantastische und vielschichtige Geschichte, bestehend aus einer Rahmenhandlung, in die ein dreiteiliges Binnenmärchen integriert ist, schrieb Hoffmann ursprünglich für die Kinder seines Verlegers Hitzig. Sie inspirierte etliche Illustratoren, Spielzeugmacher, Papiertheaterbauer und einen so profilierten Musiker wie Pjotr Iljitsch Tschaikowski in einer vereinfachten Form zu seiner weltberühmten Vertonung des Nussknackerballetts, das vor 125 Jahren im Marinskji-Theater in St. Petersburg uraufgeführt wurde und heute vielfach um die Weihnachtszeit gespielt wird.

Mit der Geschichte, in der sich sein Autor als „Pate Droßelmeier“ porträtiert hat, erzählt Hoffmann auch eine Weihnachtsgeschichte – die Rahmenhandlung beginnt am Weihnachtsabend–, doch nicht nur: Es ist die Geschichte einer Begegnung mit dem Wunderbaren, was bei E. T. A. Hoffmann immer auch das in die Wirklichkeit einbrechende Unheimliche bedeutet. Gleichzeitig gibt sie aber auch einen Einblick in den Alltag eines Kindes im städtischen großbürgerlichen Milieu im beginnenden 19. Jahrhundert.

Für die Ausstellung wurden nicht nur kostbare Erstausgaben zusammengetragen, sondern auch Spielzeug aus der Zeit Hoffmanns

Die Handlung findet in der Wohnung der gut situierten Familie Stahlbaum statt, wo die siebenjährige  Marie einen Nussknacker unter dem Weihnachtsbaum findet, den sie gegen die Attacken ihres Bruders Fritz  in Schutz nimmt. Als um Mitternacht alle Spielsachen lebendig werden, wird sie Augenzeugin einer Schlacht zwischen ihren Puppen, die vom Nussknacker angeführt werden, und dem siebenköpfigen Mausekönig und seiner Mäuseschar. Marie kommt dem bedrohten Nussknacker zu Hilfe, verletzt sich dabei schwer an einer Glasscheibe und erkrankt an Wundfieber.

Daraufhin erzählt ihr der Pate Droßelmeier an drei aufeinander folgenden Abenden das „Märchen von der harten Nuss“ mit der Vorgeschichte des Nussknackers. Aus Rache für die Ermordung ihrer Untertanen hatte die Mausekönigin Mauserinks einst die liebliche Prinzessin Pirlipat in ein Monster verwandelt. Der Hofastronom und der Uhrmacher Droßelmeier erfahren durch ein Horoskop, dass nur der süße Kern der goldenen Nuss Krakatuk der Prinzessin ihr ursprüngliches Aussehen wiedergeben würde. Diese Nuss müsse aber von einem Jüngling, der sich noch nie rasiert und bislang keine Stiefel getragen habe, geknackt werden.

Nach fünfzehnjähriger Suche gelangen beide Männer nach Nürnberg, wo sie nicht nur die goldene Nuss, sondern auch den Jüngling vorfinden, der ein Verwandter Droßelmeiers ist. Zwar wird Pirlipat erlöst, aber der Jüngling wird von der sterbenden Mauserinks in einen Nussknacker verwandelt. Er wird mit seinem Onkel des Hofes verwiesen und kann nur dann erlöst werden, wenn er den siebenköpfigen Sohn von Mauserinks tötet und ein Mädchen findet, dass ihn trotz seiner Missgestalt liebt.  Marie ist überzeugt, dass ihr Pate und der Uhrmacher identisch seien und dass ihr Nussknacker der verzauberte Neffe sein müsse.

 

Die Illustratorin Sabine Friedrichson vor ihren vergrößerten Bebilderungen, welche das Phantastische der Geschichte unterstreichen. Zum Motiv: Marie kommt dem Nussknacker mit dem gezielten Wurf ihres Schuhs auf die Mäuse und ihren König zu Hilfe, Foto: Inge Sauer 

Um ihn vor den Angriffen des Mausekönigs zu schützen, gibt sie ihre Süßigkeiten und Spielsachen her. Dem Nussknacker gelingt es schließlich, mithilfe eines von Marie beschafften Schwertes den Mausekönig zu töten. Zum Dank schenkt er ihr die sieben Krönchen des Mausekönigs und führt sie durch einen Wandschrank in sein Zuckerreich. Als Marie in ihrem Bett erwacht, werden die von ihr berichteten Erlebnisse als Traum gedeutet. Selbst die vorgewiesenen sieben Krönchen gelten nicht als Beweis, weil ihr Pate behauptet, sie ihr zum Geburtstag geschenkt zu haben.

Die sieben Krönchen des Mauskönigs, Illustrationen von Sabine Friedrichsen

Marie verstummt und verfällt in Tagträume. Als sie dem Nussknacker ihre Zuneigung gesteht, verspürt sie einen Schlag und fällt vom Stuhl. Ihre Mutter eilt herbei und stellt ihr den aus Nürnberg kommenden Neffen Droßelmeiers vor. Dieser gibt sich als der ehemalige Nussknacker, aus dem nun ein attraktiver junger Mann geworden ist, zu erkennen und bittet um Maries Hand. Schon bald feiern sie Hochzeit und ziehen glücklich ins Zuckerbäckerland…

E. T. A. Hoffmann hat mit seinen tiefenpsychologisch geprägten Erzählungen der deutschen Romantik Weltgeltung verschafft. Die Autorin und Kinderbuch-Spezialistin Sybil Gräfin Schönfeldt hat E. T. A. Hoffmanns Märchenklassiker von 1816 behutsam für Kinder von heute verständlich gemacht. Und die Düsseldorfer Künstlerin Inge Sauer hat die Ausstellung mit Originalen und Vorzeichnungen von Sabine Friedrichsson und kostbaren Büchern aus der Staatsbibliothek kenntnisreich kongenial kuratiert. Man kann sich in die Spielsachenwelt der Hoffmann-Zeit hineindenken und erfährt zudem eine Menge über die Illustrations- und Rezeptionsgeschichte dieses Märchens. Man kann sich vorstellen, dass eine solche Ausstellung auch an andere Orte weiterwandert, nicht zuletzt vielleicht in das gerade im Entstehen begriffene Romantik-Museum neben dem Goethe-Haus in Frankfurt.

Die Ausstellung im Heinrich-Heine-Institut läuft bis zum 18.02.2018 und bietet zusätzlich ein Rahmenprogramm mit Führungen und Angeboten für Kinder.

Foto: Inge Sauer

Die bibliophile Ausgabe mit Friedrichsons wunderbaren Illustrationen ist im Verlag Jaboby und Stuart erschienen.

Falls nicht anders angegeben sind die Fotos von Petra Kammann

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