AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (IV)
Malerei –
abstrakt
Zeichnung
Mischformen
Von Erhard Metz
Nach unserem Eindruck beim Rundgang durch die „Open Studios 2017“ im Künstlerhaus AtelierFrankfurt überwog die figurative, gegenständliche Malerei; es gab jedoch auch anspruchsvolle Beispiele einer abstrakten, gegenstandslosen Malweise:
Alexander Haßenpflug, o.T. (Ich wäre gern auf Kuba), Öl auf Leinwand, 18 x 24 cm; Foto: Erhard Metz
Alexander Haßenpflug, 1976 in Hamburg geboren, studierte am Central Saint Martins Arts and Design College der University of the Arts in London. Der für seine Collagen bekannte Künstler überzeugt mit kleinformatigen Bildern in Öl auf Leinwand. Er sieht in ihnen kleine Gedichte, vergleichbar den japanischen Haikus. Wir entschieden uns für eine titellose, jedoch mit dem hier und dort möglicherweise Reiselust weckenden Untertitel „Ich wäre gern auf Kuba“ versehene, uns in der Tat poetisch erscheinende Arbeit. Ein leuchtendes Rot steht gegen ein vielfach schattiertes, von einem schmalen Balken in Ockergelb strukturiertes Weiß. Das ruhige Motiv erfährt durch die in das Weiß eindringende, auf einen zart-gelblichen Fleck zielende schwarze Spitze eine gewisse Dynamik und Dramatik. Die pastos aufgetragene Farbe verleiht der Leinwand einen reliefartigen Charakter.
Andrea Interschick, 1975 in Karlsruhe geboren, studierte das Zeichnen und die Ölmalerei privat bei verschiedenen Lehrern und an der Städel-Abendschule bei Nino Pezella. Im Frühjahr 2016 nahm sie ein Studium an der Akademie für Malerei in Berlin auf.
Andrea Interschick, In der Tiefe, 2017, Öl auf Baumwolle, 50 x 70 cm; Foto: Erhard Metz
Ihre zwischen Figuration und Abstraktion pendelnden Gemälde entwickelt sie nicht selten aus vorausgehenden dreidimensionalen farbigen Modellen, ein Verfahren, durch das ihre Bilder selbst eine enorme Plastizität und – ja, durchaus – Dreidimensionalität gewinnen.
Anna Maria Kinkel, in der rumänischen Bukowina geboren, studierte Erziehungswissenschaften und Kunsterziehung sowie Malerei, Letzteres ebenfalls bei Nino Pezella.
Anna Maria Kinkel, Mic Mac, 2010, Acryl auf Baumwolle, 100 x 100 cm; Foto: Erhard Metz
Ihre Arbeit „Mic Mac“ – bitte nicht sofort an den gleichnamigen schottischen Blended Whisky denken! – weckt zweifellos Assoziationen an das indigene Volk im Nordosten Kanadas am St. Lorenz-Golf. Der Betrachter ist versucht, allerlei Fabelwesen aus der überaus form- und farbenreichen, zunächst abstrakt anmutenden Bildwelt herauszulösen und kann dabei so manches Überraschende entdecken.
Edwin Schäfer ist in Frankfurt und Rhein-Main durch seine Zeichenkunst bekannt – Besucher des AtelierFrankfurt begegnen ihm – genauer gesagt seiner Wandzeichnung – bereits an der Eingangsfassade des Gebäudes.
Edwin Schäfer, Buch, 2015, Tusche auf Leinwand, 50 x 70 cm; © VG Bild-Kunst, Bonn, Foto: der Künstler
Seine – auch in ihrer Handwerklichkeit – faszinierende Tuschezeichnung mit dem Titel „Buch“ muß man im Original sehen, um ihr als Betrachter „zu verfallen“. Zunächst mag man vielleicht an Szenen aus einer fernen Galaxie oder einem nächtlich erleuchteten großstädtischen Häusermeer denken, bevor man tatsächlich das aufgeschlagene Buch entdeckt. Tausende von „Pixeln“ in der Zeichnung mögen für Tausende von Lettern im Buch stehen.
Thomas Buck, Der Flötenspieler, Öl und Tempera auf Holz; Foto: Erhard Metz
Thomas Buck wurde 1981 im polnischen Krapkowice geboren; er studierte an der Städelschule bei den Professoren Wolfgang Tillmans und Thomas Bayrle, dessen Meisterschüler er wurde. Seine Arbeit „Der Flötenspieler“ ist zwar durchaus als gegenständliche Malerei zu betrachten, die gezeigten Gegenstände erscheinen jedoch absurd in ihrem krassen Widerspruch zum Titel. Der Künstler war in vielen Ausstellungen der vom Kunstverein Familie Montez für die Dauer seines Exils deutschlandweit organisierten Reihe „Wurzeln weit mehr Aufmerksamkeit widmen“ vertreten.
Auch Sascha Boldt ist in der Frankfurter (und darüber hinaus in der Berliner) Kunstszene – wie auch natürlich den Leserinnen und Lesern von FeuilletonFrankfurt – bekannt.
Sascha Boldt, It’s toasted, 2017, Mischtechnik auf Leinwand, 115 x 85 cm; Foto: der Künstler
Poppig geht es zu in seinen motivreichen Arbeiten mit einer Vielzahl von Elementen aus Medien und Werbung, aus Lifestyle und einer reizüberfluteten „Flitter und Glitter“-Welt, die einerseits das Lebensgefühl vieler junger Menschen in unserer Zeit, andererseits auch manche Verlorenheit und Einsamkeit eines großstädtischen Lebens widerspiegeln.
Katja Jüttemann studierte Architektur an der Fachhochschule Frankfurt und der University of Central England in Birmingham sowie Kunstpädagogik und Kunstgeschichte an der hiesigen Goethe-Universität.
Katja Jüttemann, Acryl auf Mesh, 120 x 90 cm; Foto: die Künstlerin
In ihrer Werkreihe „Acryl auf Mesh“ druckt sie Fotografien vom Millstätter See auf das relativ primitive, an vielen Baustellen anzutreffende Folienmaterial. Darauf wiederum trägt sie Acrylfarbe in feinen Lasuren auf – eine Technik von spezifischer ästhetischer Wirkung, auf die man erst einmal kommen muß.
Abgebildete Werke © jeweilige Künstlerinnen und Künstler bzw. VG Bild-Kunst, Bonn
KUNSTWERKE KANN MAN ERWERBEN!
Die Künstlerinnen und Künstler sind auf der Website des AtelierFrankfurt
verzeichnet und zu erreichen
→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (I)
→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (II)
→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (III)
→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (V)