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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (II)

 

Porträt:

„klassisch“
verfremdet
Karikatur

 

 

 

Von Erhard Metz

Das „klassische“ Ganzfigur-Porträt namens „Lela“, einer Frankfurter Künstlerin, fiel uns beim Besuch der Porträt- und Landschaftsmalerin Constanza Weiss besonders auf – in der „Weitwinkel“perspektive mit den übergroß wirkenden Händen, Beinen und Füßen im Vordergrund, in ihrem versammelten, innehaltenden Gestus und einer melancholischen Gelassenheit im Ausdruck der in eine unbestimmte Ferne blickenden Porträtierten.

Constanza Weiss, Lela, 2017, Öl auf Leinwand, 120 x 90 cm, Foto: die Künstlerin

„Lela“ ruht in bemerkenswertem „Outfit“ in einem Stilfauteuil, der nicht minder auffällig mit der Kahlheit des Raumes kontrastiert. Eine Arbeit von feiner, ausbalancierter Komposition – man beachte die gekonnt angelegte „Zickzack“-Linie von Kopf, Rumpf, Ober- und Unterschenkeln sowie Füßen ebenso wie die Neigung des Sessels gegen den Boden“horizont“.

Eun-Joo Shin wird – so nehmen wir an – für ihr in eine Gebirgslandschaft eingebettetes männliches Porträt ein Vorbild gehabt haben – die Darstellung erinnert an das Mount Rushmore National Memorial mit den Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln (auf die Idee, dem heutigen Präsidenten der USA dereinst ein vergleichbares Angedenken zu widmen, wird vermutlich kaum jemand kommen). Charakteristisch für die Malerin sind ihre pastellene Palette, die zartesten Farbschattierungen und -nuancen, die ausgewogene Bildkomposition.

Eun-Joo Shin, Gesichtslandschaft, 2016, Öl auf Holz, 100 x 120 cm, Foto: die Künstlerin

Mit einer rauen Wirklichkeit konfrontiert uns das wuchtig-expressive Gemälde von Nigatu Tsehay. Der bis auf einen Slip nackte, klobig entworfene muskulöse Mann starrt mit aufgerissenen Augen vor sich hin, die auf dem Tisch kippende Flasche mag ihn als einen Alkoholtrinker entlarven. Die roten Pfeile suggerieren eine Drehbewegung, mit der man ein Torkeln des Mannes verbinden könnte, falls er sich erhöbe, eine Lüftungsöffnung im unwirtlichen Raum mag als Zuluft oder Abzug dienen. Ein Ausdruck von Tristesse und Hoffnungslosigkeit? Oder wartet der muskulöse Mann im Keller einer Arena auf seinen Auftritt?

Nigatu Tsehay, Fragile Reality, Öl auf Leinwand, Foto: Erhard Metz

Nigatu Tsehay, 1981 in Addis Abeba geboren, erlernte bei einem Privatlehrer am dortigen Medesh Art Center die Kunst des Zeichnens und Skizzierens und erwarb an der Ale School of Fine Arts and Design der Universität von Addis Abeba den Grad des Bachelor of Fine Art BFA. Nach einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes DAAD studierte er an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart mit dem Diplom Bildende Kunst und Design.

Yumi Kim, o.T., 2017, Acryl auf Leinwand, 110 x 90 cm, Foto: Erhard Metz

Yumi Kim wurde 1983 in Seoul geboren. Sie studierte zunächst am Paeckche Kunstinstitut für Musik in Jeonju und in Deutschland an der Hochschule für Gestaltung Offenbach HfG mit dem Abschluß (2016) Diplom-Designerin.

Ihre ruhige und vielleicht gerade deshalb faszinierende monochrome Acryl-Arbeit im Yves Klein-Blau – der Künstler wiederholte die Bilder seiner berühmten IKB-Reihe über 200 Mal – läßt auf den ersten Blick an eine Totenmaske erinnern, vielleicht auch an eine schlafende Person. Wir dürfen von der noch nicht lange im AtelierFrankfurt beheimaten Künstlerin wohl noch so manches erwarten.

Die Fotografin und Foto-Künstlerin Jana Hartmann, unlängst Stipendiatin für das Programm European Master of Contemporary Photography am Istituto Europeo di Design IED in Madrid, überzeugt mit einer Fotografie: Schaut dort ein an den Schläfen ergrauter Mann gleichsam in einen Spiegel, in welchem er sein Konterfei im Kindesalter erblickt? Eine psychologisch vielfach deutbare Arbeit.

Jana Hartmann, Daniel Stolz von Stolzenberg (aus der Serie Mastering the Elements), 2017, Farbpigmentprint auf Forex, 170 x 100 cm, Foto: die Künstlerin

Girmachew Getnet wurde, wie Nigatu Tsehay, in Addis Abeba geboren. Nach Abschluß seines Studiums an der Fine Arts and Design School der dortigen Universität gründete er in dieser Stadt sein erstes Atelier. Der Künstler arbeitet neben seiner Malerei auch als Gestalter von Innenräumen und als Ausstatter von Bühnenbildern.

Girmachew Getnet, €waste, Kohle und Acryl auf Karton, 120 × 80 cm, Foto: Erhard Metz

Ein Porträt ohne Kopf? Nein und – ja! Der Bildtitel läßt auf einen Banker in der Finanzkrise schließen, mit Anzug, weißem Hemd und Krawatte. Aus dem Hemdkragen – leicht läßt sich die WhiteCollar-Kriminalität assoziieren – erwächst ein Gebilde, das sich als eine gefräßige Heuschrecke, die ein zartes Insekt frißt, oder als Kopf und Schnabel eines Vogels deuten ließe – der Pleitegeier? Poppig die Darstellung in der rechten Bildhälfte mit einem „amtlichen“ Rundstempel.

Sandip Shah in Frankfurt und Rhein-Main vorzustellen hieße „Eulen nach Athen zu tragen“. Der in der Frankfurter Kunstszene allseits bekannte Künstler – er unterhält die „NEUE bewohnte Kunstinstallation b.k.i.“ – provoziert auch manchmal gerne: sein „Porträt“ eines Papstes – Gestik und Hirtenstab mit dem speziellen Kruzifix weisen natürlich auf Johannes Paul II. – ist als eine Karikatur zu verstehen. Wer den Künstler, dessen Arbeiten auch im neuen Historischen Museum Frankfurt zu sehen sind, kennt, weiß, dass alles „nicht so heiß gegessen wie es gekocht wird“.

Sandip Shah, Mickey Pope, 2013/2015, Öl auf Leinwand, Foto: Erhard Metz

Abgebildete Werke © jeweilige Künstlerinnen und Künstler

KUNSTWERKE KANN MAN ERWERBEN!
Die Künstlerinnen und Künstler sind auf der Website des AtelierFrankfurt
verzeichnet und zu erreichen

→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (I)
→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (III)

 

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