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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Von Frankfurt nach New York – Eric und Jula Isenburger“ im Museum Giersch

Wiederentdeckung eines vergessenen Künstlerpaares

Von Hans-Bernd Heier

Eric Isenburger: Jula, 1929; Öl auf Leinwand, 80,5 x 60,3 cm; Privatsammlung; Foto: Uwe Dettmar; © Shmuel Elen, Israel

Der Maler Eric Isenburger und seine Ehefrau und Muse, die Ausdruckstänzerin Jula Isenburger, zählen zu den nahezu völlig vergessenen Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. In Frankfurt, der Geburtsstadt Erics, widmet das Museum Giersch der Goethe-Universität ihnen unter dem Titel: „Von Frankfurt nach New York – Eric und Jula Isenburger“ nun erstmalig eine umfassende, retrospektive Ausstellung, die bis zum zum 11. Februar 2018 dort zu sehen ist. Im Fokus stehen die bewegte Lebensgeschichte sowie das künstlerische Wirken des jüdischen Ehepaares. Beide Künstler stehen mit ihrem individuellen Schicksal zugleich stellvertretend für viele, die unter der nationalsozialistischen Diktatur und den Geschehnissen des Zweiten Weltkrieges die bisherige Heimat und Arbeitsgrundlage verloren – und dennoch den Neuanfang meisterten.

Eric Isenburger: Selbstbildnis, 1923, Öl auf Leinwand, 47 x 35 cm; Jüdisches Museum Frankfurt; Foto: Ursula Seitz-Gray, Frankfurt am Main; © Shmuel Elen, Israel

Trotz der zum Teil äußerst schwierigen Bedingungen schuf Eric Isenburger (1902–1994) ein eigenständiges künstlerisches Werk, das Porträts, Akte, Landschaften und Stillleben umfasst. „Mit spätimpressionistischer Handschrift, zum Teil expressivem Duktus und in materialtechnischer Hinsicht experimentellem Gestus nahm der Maler seine äußere Umwelt zum Ausgangspunkt. Er enthielt sich jedoch eines allzu eindeutigen Zeitkommentars“, sagt Museumsleiter Dr. Manfred Großkinsky. Und er blieb zeitlebens „sowohl seinem Stil als auch seinen europäischen Vorbildern treu: Pierre Bonnard, Henri Matisse, Pablo Picasso und weiteren namhaften, insbesondere französischen Künstlerpersönlichkeiten der Klassischen Moderne“, so Großkinsky.

Eric Isenburgers außergewöhnliches Schaffen stellt in seiner Qualität und beeindruckenden Vielfalt eine Entdeckung dar! Dies belegen die über 110 gezeigten Exponate. Die überzeugend strukturierte Schau thematisiert in chronologischer Folge die verschiedenen Lebens- und Schaffensstationen Frankfurt am Main, Barcelona, Wien, Berlin, Frankreich und New York.

Eric Isenburger: Jula im Tanzkleid, 1930, Öl auf Leinwand, 97,7 x 50,3 cm; Privatsammlung (Rheinland-Pfalz); Foto: Uwe Dettmar; © Shmuel Elen, Israel

Das Wirken Jula Isenburgers, geborene Elenbogen (1908–2000), lässt sich aufgrund der Flüchtigkeit des gewählten Ausdrucksmediums – des Tanzes – und der unzureichenden Quellenlage weit weniger detailliert fassen. Fotografien sowie Werke ihres Mannes dokumentieren ihre Tanztätigkeit. Die in Wien als Ausdruckstänzerin tätige Jula beeinflusste, wie deutlich zu sehen ist, ganz wesentlich Eric Isenburgers künstlerisches Repertoire: Das Sujet des Tanzes und die Gestaltung von Bühnenbildern und Kostümen beschäftigten ihn wiederholt. Ihrem Ehemann vermittelte sie nicht allein Kontakte in die Tanz- und Theaterszene, sondern regte ihn auch zu einer äußerst fruchtbaren Zusammenarbeit an, die sich in Bühnenbild-, Plakat- und Kostümentwürfen niederschlug.

Jula Isenburger als Tänzerin, 1928–1930, Fotograf/-in unbekannt; Isenburger-Archiv Neuburg a. d. Donau

Als bevorzugtes Modell porträtierte Eric Isenburger seine in Augustów geborene Frau Anna (Channah)-Jula (Heirat Ende 1927) in allen seinen Schaffensphasen. Gleich im ersten Saal des Museums Giersch sind hinreißende Porträts der attraktiven, modebewussten Tänzerin versammelt. Mit seiner lebenslangen Gefährtin und Vertrauten setzte sich der bildende Künstler, der sich selbst als „eine Art Neo-Impressionisten“ bezeichnete, in zahlreichen inhaltlichen Varianten auseinander. Hier wird die stilistische Vielfalt des künstlerischen OEuvres Isenburgers besonders deutlich. „Stets bestimmte er den Einsatz von Farbe und Form in seinen Werken neu. Dominieren in den 1920er Jahren intensive, bunt-leuchtende Farben, so folgen in den 1930er Jahren experimentelle dunkle Kratzbilder, die wiederum von den gedämpft-farbigen Gemälden der späten 1930er und 1940er Jahre abgelöst werden, die deutlich den Einfluss der französischen Moderne erkennen lassen. Im Spätwerk kehrte Eric Isenburger dann zu einer leuchtenderen Farbigkeit und einer freieren Pinselführung zurück“, erklärt Kuratorin Susanne Wartenberg.

Eric Isenburger: Atelier-Interieur Wien, 1928, Öl auf Leinwand, 87,5 x 94,8 cm; private Leihgabe; Foto: Uwe Dettmar; © Shmuel Elen, Israel

Eric Isenburger, 1902 in Frankfurt am Main als Sohn einer jüdischen Bürgerfamilie geboren, besuchte ab 1921 die Fachklasse für Graphik an der Frankfurter Kunstgewerbeschule, die sich 1923 mit der Städelschule zur „Frankfurter Schule für freie und angewandte Kunst“ zusammenschloss. In seinen künstlerischen Anfängen orientierte sich der junge Maler zunächst an den expressiv arbeitenden Künstlern der Klassischen Moderne. Bereits früh fand er zu beachtlicher malerischer Sicherheit, wie sein Selbstporträt aus dem Jahre 1923 erkennen lässt. In den 1920er Jahren setzte er sich auch intensiv mit den Medien der Zeichnung und der Druckgraphik auseinander. Bei seinem Lehrer Franz Karl Delavilla hatte er, eigener Aussage zufolge, die Techniken des Aktzeichnens, Radierens und Lithographierens erlernt.

Eric Isenburger: Bühnenbildentwurf I. „Akt Puste Kretschme“, 1930, Bleistift, Feder und Gouache auf Papier, 32,5 x 39,5 cm; Eric und Jula Isenburger Gesellschaft; © Shmuel Elen, Israel

Gemeinsam mit seiner Frau lebte er als freischaffender Künstler und Bühnengestalter zunächst in Wien, danach in Berlin. „In seiner Malerei fand Eric Isenburger zu der markanten Kratztechnik jener Jahre: Der Farbauftrag als emotionale Spur malerischen Engagements scheint geglättet. Geheimnisvoll, bisweilen düster wirken die dunkel-tonigen Leinwände, in deren Oberflächen Isenburger zarte, graphisch-anmutende Linien ritzte“, sagt Kuratorin Wartenberg. Hier zeigen sich zugleich seine Lust am Experimentieren, seine Begeisterung für Texturen, Oberflächen und den ungewöhnlichen Einsatz von Pigmenten.

Eric Isenburger: Self Portrait, 1979; Öl auf Leinwand, 61,5 x 43 cm; private Collection; © Shmuel Elen, Israel

In Berlin konnte der Maler auch erste Ausstellungserfolge verzeichnen, unter anderem mit seiner Beteiligung an der „Herbstausstellung“ der Preußischen Akademie der Künste und der „Staatspreisschau“ 1932. Der Berliner Galerist und Verleger Wolfgang Gurlitt wurde auf ihn aufmerksam und zeigte im Januar 1933 eine größere Anzahl von Isenburgers Gemälden in seiner renommierten Galerie. Diese positiven Entwicklungen nahmen jedoch ein jähes Ende, als die gefeierte Schau bei Gurlitt zum Gegenstand eines Hetzartikels in der nationalsozialistischen Zeitung „Der deutsche Student“ wurde. Auf Anraten Gurlitts verließ das Künstlerpaar daraufhin Deutschland, und es begann ihre einer Odyssee gleichenden Flucht: Paris, Stockholm, Südfrankreich, bis die Isenburgers schließlich 1941 ein Visum für die USA erhielten.

Bereits im selben Jahr stellte die namhafte Knoedler Gallery in New York Isenburgers Gemälde aus. Bis in die 1960er Jahre präsentierte die Galerie kontinuierlich Werke des Künstlers und trug so zu seiner überregionalen Bekanntheit in Amerika bei. Der Maler war in der Folge an zahlreichen Ausstellungen in den USA beteiligt. Er wurde mit mehreren renommierten Auszeichnungen geehrt und etliche seiner Werke fanden Eingang in öffentliche Sammlungen. In seinem künstlerischen Schaffen vollzog sich Mitte der 1940er Jahre ein erneuter Stilwandel, der sich durch eine zunehmende Geschlossenheit der Farbfläche sowie eine Betonung der Konturen auszeichnete. Bis kurz vor seinem Tod 1994 war Eric Isenburger künstlerisch tätig. „Mit ungebrochenem Schaffensdrang und mit Disziplin setzte er sein malerisches Werk fort, in dem er wie zuvor mehrheitlich gegenstandsbezogen blieb“, so Großkinsky. Die beeindruckende Schau wird gefördert von den Stiftungen Giersch, Schultz-Frentzel sowie der Georg und Franziska Speyer’sche Hochschulstiftung.

Der Katalog ist im Michael Imhof Verlag erschienen. ; Bildnachweise: Museum Giersch der Goethe-Universität

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