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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Susanne Pfeffer zum 1. Januar 2018 neue Direktorin des MMK

Von Erhard Metz

Was könnte der schönste Leitungs-„Job“ des Frankfurter Kulturlebens sein – die Direktion von Städel Museum, Liebieghaus? die Intendanzen der weltweit renommierten Oper Frankfurt oder des vom begeisterten Publikum ausgelasteten Schauspiels? die Direktion des Museums für Moderne Kunst MMK mit dem von Hans Hollein einzigartig gestalteten Mutterhaus („Tortenstück“) MMK1, dem MMK2 im Frankfurter Bankenviertel und dem MMK3 im neu-altstadtnahen ehemaligen Zollamtssaal? Am Ende, wenn man denn überhaupt so fragen dürfte, letztgenannter?

Dennoch – die Aufgaben wiegen schwer trotz der von Susanne Gaensheimer in guter Verfassung hinterlassenen drei Spielstätten des Museums und des – wie Susanne Pfeffer (zu Landesfürsten Zeiten hätte man von Susanne II. gesprochen) in der Pressekonferenz betonte – nur erstaunlich kleinen, aber hoch engagierten Mitarbeiterstabs. Pfeffer, bislang Direktorin des Museum Fridericianum in Kassel, wird sie, das wurde deutlich, mit Aufgeschlossenheit und Mut, mit Bewußtsein für das – vor allem finanziell – Machbare angehen bei einem städtischen Ankaufs“etat“ von null Euro. Sie habe Erfahrung mit Arbeitsbedingungen an „prekären“ Institutionen, führte sie schmunzelnd aus, und habe doch stets ihre Vorstellungen verwirklichen können. Ein unprätentiöses Selbstvertrauen strahlt sie aus, eine wohltuende Unbefangenheit, Frische, Elan und Charme. So wird sie in der Frankfurter Museumslandschaft und -kultur auch über das MMK hinaus mit neuen Impulsen, in Stil und Inhalt ihrer Arbeit unübersehbare neue Akzente setzen. Der Stadt Frankfurt am Main wird dies gut tun.

In seiner der Pressekonferenz vorangegangenen Sitzung hatte der Magistrat der Berufung Pfeffers, wie zu vernehmen ist ohne ein Gegenvotum, zugestimmt. „Ich freue mich, dass der Magistrat meinem Wunsch gefolgt ist, Susanne Pfeffer zur neuen Direktorin für das MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main zu ernennen“, sagte denn auch Kulturdezernentin Ina Hartwig. „Susanne Pfeffer ist ein Gewinn für das Haus und die Museumslandschaft dieser Stadt. Nicht erst seit der Biennale in Venedig ist ihr Name in der Kunstszene bekannt. Sie wird die Tradition des Museums, zeitgenössische Kunst zu zeigen, mit eigenen, mutigen Impulsen und Ideen fortsetzen. Susanne Pfeffer zählt zu den besten Kennerinnen der Gegenwartskunst und ihre internationale Vernetzung wird sich bereichernd auf die Kunstszene der Stadt auswirken.“

Die neue Direktorin wird die drei Standorte des Museums mit unterschiedlichen Schwerpunkten und ihren jeweils besonderen Bedingungen und Herausforderungen gemäß bespielen. „Die postmoderne Architektur des MMK von Hans Hollein ermöglicht ein Kuratieren nach Sichtachsen, die sich beim Durchschreiten des Museums immer wieder neu ergeben“, so Susanne Pfeffer. „Kein Raum gleicht hier dem anderen, wie kein Kunstwerk dem anderen gleicht. So können für die Besucher konstruktive Dialoge wie Dispute zwischen den verschiedenen künstlerischen Werken entstehen. Das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt ist seit seiner Gründung ein Ort für künstlerische und kuratorische Experimente, daher freue ich mich sehr auf diese wunderbare Aufgabe, auf das Haus mit seinen drei Orten, sein Team, die einzigartige Sammlung und auf Frankfurt.“

Ausstellungen seien nicht lediglich als Präsentationen, sondern immer auch als Dialoge zu verstehen. Wesentliche Bedeutung komme dabei dem – öffentlichen – Museumsraum zu, der als solcher bereits ein „Bild“ und ein Kunstwerk darstellen könne. In diesem Sinne wolle sie künftig auch das Foyer des Hollein-Baus einbeziehen. Wichtig in einem Ausstellungsdialog sei das Arbeiten unmittelbar mit den jeweiligen zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern. Ebenso dürfe eine Ausstellung nach ihrer Einrichtung nicht einfach als fertig angesehen werden, sondern deren laufende Betreuung stelle einen Teil der Museumsarbeit dar. Den Schwerpunkt der Ausstellungsaktivitäten sehe sie in der einzigartigen Sammlung des Hauses, die einen übergreifenden Dialog der Werke zwischen den Jahrzehnten ermögliche.

Ihre Aufmerksamkeit wird Susanne Pfeffer schließlich der Positionierung und öffentlichen Wahrnehmung des MMK in der Frankfurter Kulturlandschaft widmen, insbesondere im Verhältnis zur Sammlung „Gegenwartskunst“ in den neuen Gartenhallen des Städel Museums und den Ausstellungsaktivitäten der Schirn Kunsthalle, die allerdings über keine eigene Sammlung verfügt. Bei allem Respekt vor dem Vermächtnis Johann Friedrich Städels, dass die Sammlung ständig auch um Werke neuer – zeitgenössischer – Künstler erweitert werden solle: das MMK braucht angesichts der Qualität und Quantität seiner Sammlung die Gartenhallen am jenseitigen Mainufer nicht zu fürchten.

Schließlich gelte es für das MMK, sagte Susanne Pfeffer, sich mit der „digitalen Herausforderung“ nicht nur zu befassen, sondern diese auch im Rahmen der Ausstellungsaktivitäten selbst zu thematisieren. So würden Bilder heute wiederum über Bilder, beispielsweise von Mobilgeräten, verbreitet und somit vermittelt.

Verstehen sich gut: Frankfurts Dezernentin für Kultur und Wissenschaft Ina Hartwig (re.) und Susanne Pfeffer

Abschließend zur Berufung von Susanne Pfeffer an das MMK eine Stellungnahme des Hessischen Ministers für Wissenschaft und Kunst: „Mit Susanne Pfeffer“, so Boris Rhein, „verliert das Museum Fridericianum eine profilierte und profunde Kennerin der zeitgenössischen Kunst. Durch ihre Arbeit am Fridericianum seit 2013 hat sie immer wieder viel beachtete Beiträge zu aktuellen Tendenzen der Gegenwartskunst geleistet und das Museum damit als wichtigen Diskussionsort in der Kunstszene verankert. So wurde ihre Ausstellung „Inhuman“ (2015) von einer Fachjury als beste Ausstellung im deutschsprachigen Raum unter zwölf Nominierungen ausgewählt. Der von Frau Pfeffer kuratierte deutsche Pavillon auf der Biennale in Venedig dieses Jahr wurde als bester nationaler Beitrag der Kunstbiennale mit dem Goldenen Löwen – einer der begehrtesten Ehrungen der internationalen Kunstwelt – ausgezeichnet. Ich sehe diesen Wechsel mit einem weinenden und einem lachenden Auge: Der Verlust für das Museum Fridericianum ist groß, mit der neuen Position in Frankfurt bleibt Frau Pfeffer aber Hessen erhalten.“

Fotos: Erhard Metz

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