Die neue IWC Präsidentin Béatrice Portoff
Weltbürgerin mit Bodenhaftung
Mehr als 500 Frauen aus über 54 Nationen pflegen im gemeinnützigen International Women’s Club Freundschaften und engagieren sich sozial. Und dies schon seit mehr als 70 Jahren. Religiös und politisch sind sie unabhängig. Die Mitglieder des Clubs sehen sich dem gemeinsamen Ziel verpflichtet, menschliches und kulturelles Verständnis füreinander zu fördern. Seit der Jahresmitte gibt es für ein Jahr lang eine neue Präsidentin, die Französin Béatrice Portoff.
Petra Kammann wollte Näheres über sie erfahren.
Béatrice Portoff in ihrer Wiesbadener Wohnung Foto: Petra Kammann
Seit 2010 lebt die französische Weltbürgerin Béatrice Portoff im obersten Stock einer Gründerzeitvilla in Wiesbaden. Als ich die Wohnung betrete, strahlt mich die neue Vorsitzende einladend an. Sie scheint den Blick ins Tal in der goldenen Herbststimmung ebenso zu genießen wie ich auch. In der hellen freundlichen Wohnung mit delikaten antiquarischen Trouvaillen – vorzugsweise aus Fernost – duftet es köstlich nach Frischgebackenem.
Für unser Gespräch hat Béatrice Portoff extra eine elsässische Apfeltarte gebacken. Dabei ist sie am Abend zuvor doch gerade erst aus Paris zurückgekehrt. Trotz ihres mobilen Lebens ist die dreifache Mutter geerdet. Dabei hat sie ein großes kulturelles Interesse. In den Regalen stehen besondere alte französische Buchausgaben, wohl ein Erbe ihres belesenen Großvaters. Manches hat sie selbst durch Bouquinistenfunde ergänzt.
Vor Wiesbaden war sie 16 Jahre lang in Asien, allerdings nicht etwa „nur“ als begleitende Gattin. In China arbeitete sie zum Beispiel bei einer EU-Delegation. In Hongkong hat sie ihren juristischen Master „draufgesattelt“, wie sie sagt, und schließlich dort auch als Anwältin gearbeitet, indem sie den Boden für Kooperationen zwischen China und der EU bereitete. Danach ging sie nach Japan, in ein Land, dass ihr schon seit ihrer ersten Begegnung im Jahre 1985, als sie mitsamt ihrer Familie dorthin zog, schon so gut gefallen hat.
Es war vor allem die japanische Lebensweise, die ihr imponiert hat. Denn die ist sehr viel stärker an der Natur orientiert und dem Rhythmus der Jahreszeiten angepasst. Hinzu kommt das viel stärker ritualisierte Leben in Japan, das den Alltag ihrer Meinung nach in manchem erleichtert. Vermutlich hat sie auch damals schon angefangen, sich für japanische Kunst und Architektur zu interessieren.
So gehört das renommierte japanische Architekturbüro SANAA zu ihren Favoriten, weil die Architekten äußere Hüllen für das Leben und Genießen schaffen und dabei ein Gefühl von zarter Leichtigkeit vermitteln, wie beispielsweise in Kanazawa mit dem 21st Century Museum oder auf der Insel Teshima, wo in einer Art „Seemuschel“, das Teshima Art Museum Museum untergebracht ist. Dass Béatrice Porttoff einen großen Sinn für minimalistische Ästhetik hat, merkt man auch der Wohnung an, in der das wohlkomponierte Wenige edel wirkt. Hier hat alles seinen Platz und erscheint dabei ganz selbstverständlich.
Außerdem hat sie in Japan „Erfahrung im Ehrenamt“ gesammelt. In Tokio wurde sie die Generalsekretärin in einem französisch-japanischen Frauenclub, in dem auch Autoren wie Amélie Nothomb gelesen wurden, die wiederum – als Tochter eines belgischen Diplomaten in Kobe geboren – ihre ersten Lebensjahre hauptsächlich in Fernost verbracht hat, weswegen ihre Romane von der Sehnsucht nach dem Leben in Japan handeln.
Vielleicht auch deshalb hatte Portoff einen Vortrag der Kunsthistorikerin Dr. Anett Göthe angezettelt, welche im Oktober im Frankfurter Restaurant Opera die Mitglieder des IWC in die Welt der französischen Impressionisten unter dem Einfluss der Ukiyo-e Holzschnitte aus Japan einführte. Göthe sprach darüber, dass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die 200-jährige Isolation Japans aufgehoben wurde, weswegen weltweit Produkte aus Japan populär wurden und u.a. zur Entwicklung des Impressionismus beitrugen.
Dass Auslandserfahrungen bereichern, dürfte jedem Mitglied des IWC vertraut sein. Das Leben in einem anderen Land als in dem, in dem man geboren ist, ist Portoff von Kindheit an vertraut. Zwar ist die mit einem Deutschen verheiratete Französin in Straßburg geboren, zog jedoch schon im Alter von drei Jahren nach Luxemburg, um dann nach Brüssel umzuziehen, wo sie die Europaschule besuchte.
Da wurde damals vor allem deutsch, französisch, italienisch und holländisch gesprochen und unterrichtet, so dass ihr das Switchen von einer Sprache in eine andere heute als selbstverständlich erscheint und auch sonst keinerlei Probleme bereitet.
Ausdrücklich bedauert sie, dass sie zum Treffen Merkel / Macron auf die Buchmesse nicht kommen konnte, da just an diesem Tag schon ein IWC-Treffen geplant war.
Dabei ist Europa eigentlich auch ihr Anliegen. Und sie kann es kaum verstehen, dass „sich Europa als Idee so schlecht verkauft“. Um die Achse Deutschland / Frankreich zu stärken, hat sie kürzlich einen Vortrag über Karl den Großen, der für die Franzosen natürlich Charlemagne heißt, im Club initiiert. Dabei wurden die zwei Seiten einer Medaille oder eines Herrschers deutlich. Wichtig wäre für die meisten aber auch erst einmal, zu erfahren, wie Europa funktioniert. Da würden in der Bevölkerung sicher so manche Vorurteile wegfallen. Ein Thema für den kommenden 9. Mai?
Daneben bietet der IWC of Frankfurt seinen Mitgliedern Angebote von Garten- zu Kochgruppen, von Geschichte zu Museumsbesuchen, von Gymnastik, Golf und Hausmusik, Sprachgruppen, Besichtigungen in der Umgebung bis hin zu Kulturreisen. So werden im Club ausgezeichnete Künstler, die für sie musizieren und für die sie wiederum spenden, engagiert. Schließlich trifft man sich regelmäßig einmal monatlich und kann sich über entsprechende Schwerpunkte verständigen.
Wenn der traditionelle Weihnachtstee des Clubs im Dezember wieder im Frankfurter Römer stattfindet, lassen sich dann sicher auch so manche inzwischen gemachte Erfahrungen austauschen, die das weitere Programm bestimmen werden. Im neuen Jahr, am 6. Januar zur Fête des Rois Mages, dem Dreikönigstag, wird es vermutlich erst einmal die Galette du roi geben, einen Königskuchen also, den Béatrice Portoff vermutlich selbst backt und in dem man die im Teig versteckte fève, eine kleine Metallfigur, ergattern muss. Wer sie findet, der wird dann gekrönt und bleibt wenigstens für diesen Tag „König“ oder „la Reine“, auf Neudeutsch „die Queen“ eben.