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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Spatenstich für das Casals Forum in Kronberg

Auch Großes fängt mal klein an…

25 Jahre nach ihrer Gründung wird in Kronberg für die Kronberg Academy in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs ein besonderes Haus gebaut: das nach dem katalanischen Cellisten benannten Casals Forum – ein Konzertsaal mit erstklassiger Akustik und Ausstattung sowie ein angegliedertes Studien- und Verwaltungszentrum. Der Spatenstich fand am 1. Oktober 2017 in heiterster Stimmung statt.

Impressionen von Uwe Kammann

↑ Nun kann es losgehen: im künftigen Casals Forum werden die internationalen Nachwuchs-Topp-Musiker bald ein eigenes Dach über dem Kopf bekommen

↓ Mit vereinten Kräften legen Musiker, Lehrende der Kronberg Academy, Politiker und Sponsoren den Grund für das Casals Forum 

← Marta Casals-Istomin und Sir András Schiff, Künstlerischer Beirat der Kronberg Academy, sind voller Optimismus

Da war keine Steigerung mehr möglich: „Weltspitze“, „Weltklasse“ – diese Eigenschaften attestierte der hessische Kunst- und Wissenschaftsminister Boris Rhein der Kronberg Academy. Und fast im selben Atemzug auch dem Architektenbüro Staab aus Berlin. Das, wie es ja in einem hochklassigen Wettbewerb entschieden wurde, das Casals Forum in Kronberg bauen wird, als Ort des Musik-Machens und des Musik-Lernens, wie es Rhein auf eine kurze Formel brachte. Wobei natürlich auch dazugehört: des Musik-Hörens, in einem schon der Papierform nach beschwingten Saal.

← Herzliche Begrüßung: Tabea Zimmermann, die große Bratschistin und Hauptfachlehrende in Kronberg, und Sir Andràs Schiff, der weltberühmte Pianist und Mitglied im künstlerischen Beirat

An diesem sonntäglichen 1. Oktober wurde, nach langem Vorlauf, beim symbolischen ersten Spatenstich der konkrete Beginn dieses weit über Kronberg hinaus bedeutenden Vorhabens gefeiert, mit Musik natürlich, und mit Grußworten, ebenso natürlich und natürlich bedeutsam: beschworen sie doch eine Vision, die jetzt Gestalt annimmt: einen „idealen Raum für Konzentration und Inspiration“ zu schaffen, wie es Martin Eifler, Vertreter der fördernden Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, auf eine einprägsame Formel brachte. Die er dann im weiteren Lob ausschmückte: Um ein „Juwel der Musikwelt“ handele es sich bei dieser nun 25-jährigen Institution.

Damit schwang weiter, was bereits der Vorsitzende des Fördervereins der Akademie, Jürgen Fitschen (Ex-Vorstand der Deutschen Bank), in seinen Eingangsworten umrissen hatte. Bessere Bedingungen für musikkünstlerische Bildung seien „weltweit nicht zu finden“, hier gehörten, wie er es selbst bei einer Meisterwerkstatt mit Sir Simon Rattle habe erleben dürfen, „Passion und Identität“ zum Kern der Arbeit.

← Gründer und Präsident der Kronberg Academy, Raimund Trenkler (r.) begrüßt den hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst, Boris Rhein (l.)

Keiner der auf der Baustellen-Bühne Grüßenden (auch Bürgermeister und Landrat gehörten dazu) versäumte es, die Verdienste des Gründers und Präsidenten der Kronberg Academy, Raimund Trenkler, über den grünen Klee zu loben. Die nicht zuletzt – und für den rund 36 Millionen Euro kostenden Bau selbstredend besonders wichtig – darin bestünden, an wichtigen Stellen mit geheimnisvoll weitreichenden und hoch wirksamen Verbindungen überaus beredt Mittel loszueisen, die das glückliche Engagement in Kronberg erst möglich machten.

Der so hoch Gelobte selbst stimmte das Spatenstich-Publikum gleich mit einem fröhlichen Dreiklang ein: „Erntedank, Kaiserwetter, Verheißung“. Völlig zu Recht,  die allenthalben geäußerte Dankbarkeit, dass auf dem Bauplatz zwischen Bahnhof und Victoriapark in Kronberg ein musikalischer Idealraum entsteht, wurde von einer prächtigen Herbstsonne beschienen und mit heiterem Gruß aus dem wolkenlosen Himmel – „Musik liegt in der Luft“ – per Schlepptransparent von einem Hobbyflieger dargebracht, der auf demselben Grundstück, direkt an das Casals-Forum angrenzend, ein Hotel errichtet.

Die Verheißung wiederum liegt begründet in der bisherigen Arbeit, die wie Fitschen betonte, in jeglicher Hinsicht erfolgreich auf das Verbindende der Musik setzt – und dabei, setzte er augenzwinkernd hinzu, womöglich im Ausland noch höher geschätzt werde als hierzulande. Dass die Akademie weit ausstrahle, dass sie auch und gerade mit den neuen Möglichkeiten des Casals-Forums eine wichtige Funktion als Kulturfaktor einnehmen werde, das liegt Trenkler ausdrücklich am Herzen: Es gehe um einen Musikort „in Kronberg, nicht für Kronberg“. Zahlreiche Kulturpartner und -institutionen, von der Frankfurter Oper über die Alter Oper, das Rheingau Musikfestival bis hin zum Hessischen Rundfunk, seien der Akademie stark verbunden (was sich auch in repräsentativer Präsenz bei der Spaten-Feier zeigte).

Das Emil Mangelsdorff Quartett: v.l.n.r.: Thilo Wagner, Klavier, Jean-Philippe Wandel, Kontrabass, Emil Mangelsdorff, Saxophon und Jean-Paul Hochstädter, Perkussion, nahm den Rhythmus des Spatenstechens vor der freien Improvisation auf

Und die Musik, Herzkammer dieses auch stark von bürgerschaftlichem Engagement getragenen Unternehmens? Sie war natürlich präsent, in einem schönen Bogen mit überraschender Klammer. Denn Emil Mangelsdorff, der als Frankfurter Jazzlegende mit seinem Quartett den kollektiven Spatenstich der Kultur-, Politik- und Musikprominenz begleitete, hatte eine überraschende Anekdote beizusteuern. Mit der Quintessenz, dass er vor rund sechzig Jahren sich ganz persönlich noch mit Paul Hindemith anlässlich einer Opernpremiere in Coburg über Musik ausgetauscht hatte.

Das allerdings hatte auch Raimund Trenkler erst an diesem 1. Oktober 2017 erfahren, als das Rahmenprogramm für den Feiertag schon längst beschlossen war, eben mit Paul Hindemith zum Auftakt. Die von einem hinreißend frisch agierenden Akademie-Quartett vorgetragene Ouvertüre eines selten zu hörenden Werkes unter dem Siegel „Minimax“, von einem Rezenten einst als „Parodie auf Salonmusik der 20er und 30er Jahre“ gekennzeichnet, sie war so beschwingt wie die Atmosphäre an diesem frühherbstlichen Morgen.

Die jungen Solisten der Kronberg Academy: Janina Kadesha, Violine, Miriam Helms Alien, Violine, Hwaayoon Lee, Viola und István Várdai, Cello, spielten Paul Hindemiths 2. Ouvertüre zu „Wasserdichter und Vogelbauer“ aus Minimax Repertorium für Militärorchester

Schwungvoll, dynamisch, unterhaltsam, optimistisch: Das war diese Auftaktmusik auf jeden Fall. So sehr, dass sich an den Fenstern und auf den Balkons der gegenüberliegenden Häuser an der Bahnhofstraße eine ganze Reihe von Zuschauern und Zuhörern sammelte. Ein gutes Zeichen, nachdem doch so viele Anrainer versucht hatten, ein ambitioniertes Bauvorhaben an dieser Stelle zu verhindern? Vielleicht. Zu hoffen wäre es, dass auch sie in spätestens zwei Jahren dem Bürgermeister Kronbergs beipflichten können, dass vor ihren Augen ein Meilenstein sichtbar wird. Befürchtet worden war ja von manchem Gegner ein Betonklotz vor dem Victoriapark.

Nach dem so sonnigen sonntäglichen Auftakt scheint dieses Gespenst gebannt. Wie manche andere auch. Denn eine scheinbar paradoxe Wegweisung brachte auch der Vertreter der Bundesregierung mit: Es werde mit dem Casals-Forum ein Ort entstehen, an dem „die künstlerische Elite herangebildet werde, ohne elitär zu sein“. Ein Versprechen, wie es sinnfälliger nicht sein könnte. Die Kronberg Academy, das zeigt die bisherige Praxis, versteht es zu erfüllen. Und sie beherrscht sogar das Instrument der ironischen Untertreibung. Denn wie war das Programm zum symbolischen Spatenstich überschrieben? Ja, genau so: „Auch Großes fängt mal klein an…“

Fotoimpressionen: Petra Kammann

Kronberg Academy

Solisten der Kronberg Academy mit Christoph Eschenbach im Hessischen Rundfunk

 

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