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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Glanzvolles Abschieds-Konzert für Gesangsprofessorin Hedwig Fassbender

Familienfeier mit Studierenden und Alumni

Text und Fotos: Renate Feyerbacher

Was für ein „Klassenabend Plus / Abschiedskonzert“ haben Studierende und Absolventen am 12.Juli ihrer Professorin an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt (HfMDK) bereitet! Als ich die HfMDK betrat, erschrak ich. Das Foyer war brechend voll, viele hatten keine Karte auch ich nicht, ich hatte vergessen, sie zu bestellen. Hedwig Fassbender kam im langen schwarzen Kleid mit dunkelblauem Schultertuch, begrüßte Freunde, umarmte Studierende und Ehemalige, eilte umher, kümmerte sich um Kartensucher. Auch um mich. Die Atmosphäre war persönlich und herzlich.

Hedwig Fassbender am 12. Juli 2017 nach dem Konzert

Beeindruckende Opernkarriere

Hedwig Fassbender studierte zuerst Klavier und Schulmusik in Köln, dann Gesang an der Musikhochschule München und gewann noch während ihrer Studienzeit den Hugo-Wolf-Preis für Liedgesang in Wien und beim Mozartwettbewerb in Würzburg. Nach dem Studium hatte sie fünf Jahre lang feste Engagements an den Opernhäusern in Freiburg und Basel. Vor 30 Jahren löste sie sich aus den Verträgen, um freischaffend an internationalen Produktionen teilnehmen zu können. Sie war Gast an zahlreichen europäischen Opernhäusern.

Anfangs hatte sich Hedwig Fassbender den wichtigsten Partien des lyrischen Mezzosopran-Fachs gewidmet, Rollen wie Cherubino und Octavian zum Beispiel. Nach und nach kam der Wechsel ins dramatische Fach; und seit 1997 sang sie auch Partien des dramatischen Sopran- bzw. Charakterfachs: zum Beispiel als Judit (Herzog Blaubarts Burg), an der Mailänder Scala als Marie in Wozzeck und als Mère Marie (Dialogue des Carmélites) in Straßburg, Savonlinna und London. Ihre Interpretation der Isolde (Wagner „Tristan und Isolde“) am Staatstheater Saarbrücken 2000 machte Furore. Für die Rolle der Sieglinde in Wagners „Walküre“ („Der Ring des Nibelungen“) in Lüttich wurde sie zur ‚Sängerin des Jahres‘ nominiert.

Heute singt sie zum Beispiel die Küsterin in „Jenufa“ von Leoš Janácek, die Herodias in „Salome“ von Richard Strauss, Die Frau über 60 in „Der Goldene Drache“ von Peter Eötvös. In einer Kritik zur Frankfurter Aufführung 2014 hieß es: „Und eine Hedwig Fassbender mit weitem Registerzug zwischen großer Oper und scharfkantigem Sprechen. Die dramatischen Höhepunkte des Abends.“ Sie ist schlicht eine beeindruckende Sänger-Schauspielerin.

Zukünftige Projekte sind die Rolle der Mrs. Sedley in der Premiere „Peter Grimes“ von Benjamin Britten im Oktober an der Oper Frankfurt, im Januar 2018 die der „Sage Femme“ (Hebamme) im „Der Kreidekreis“ von Alexander von Zemlinsky an der Oper in Lyon. Und in Janáceks „Die Sache Makropoulos“ bereitet sie die Emilia Marty vor. Außerdem plant sie zusammen mit ihren beiden Töchtern–  Tänzerin die eine, Schauspielerin die andere, – ein gemeinsames Projekt. Sie ist voller Ideen, voller Elan.

 

Blick von oben auf alle Teilnehmer – Bühne

Eine exzellente Gesangspädagogin

Eine solche Bühnenerfahrung ist eine ideale Voraussetzung, um zukünftige Opernsänger zum Erfolg zu führen. Seit 1999 unterrichtet die Mezzosopranistin Hedwig Fassbender an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt, die sie Ende September verlassen wird. Sie war Dekanin, leitete ab 2001 zehn Jahre lang die Gesangsabteilung, die 2011 mit dem Hessischen Exzellenzpreis für Hochschule-Lehre ausgezeichnet wurde. Zu Recht, wenn man die Liste ihrer Studierenden und Absolventen anschaut, von denen einige Engagements in führenden Opernhäusern haben oder an Musikhochschulen unterrichten oder in Konzertsälen begeistern. Einige erhielten begehrte Preise.

16 Sängerinnen und Sänger sangen beim Abschiedskonzert. Auf dem Programm standen Arien aus Opern, Lieder – alte und moderne Kompositionen. Alle Interpreten hätten es verdient, vorgestellt zu werden. Die Qualität des Gesangs war gleichbleibend auf hohem Niveau. Drei ihrer Absolventen sind derzeit fest im Ensemble der Frankfurter Oper wie die Altistin Katharina Magiera, die 2008 ins neugegründete Opernstudio kam und ein Jahr später Ensemblemitglied wurde. Soeben gastierte sie bei den Salzburger Festspielen. Vermutlich fehlte sie an diesem Klassenabend plus genau aus diesem Grund.

Die Sopranistin Katheryna Kasper bestand 2012 ihr Konzertexamen, fand Aufnahme im Opernstudio und hat seit 2014 einen Festvertrag. (Links „Iwan Sussanin“, „An unserem Fluss“). Im gleichen Jahr gewann sie den internationalen Myriam-Helin-Wettbewerb in Helsinki. Die ukrainische Sängerin gastierte bereits bei den Bregenzer Festspielen, beim Edinburgh International Festival und an der Los Angeles Opera.

Kateryna Kasper und Björn Bürger

Pianist Otto Honeck ging am Abschiedsabend schnellen Schrittes ans Klavier und begann sofort temporeich mit dem Largo als factotum aus Giacchino Rossinis „Il Barbiere di Sivigla“. Kurz danach folgte Björn Börner, die Treppen zur Bühne hinauf stürmend und die Arie bereits trällernd. Ein grandioser Auftritt! Der in Darmstadt geborene, in Rodgau aufgewachsene Bariton Björn Bürger gewann 2012 den Ersten Preis beim Bundeswettbewerb Gesang, ein Jahr später den Ersten Preis beim Emmerich- Smola- und Anneliese-Rothenberger Wettbewerb.

Derzeit ist er für den „International Opera Award“ nominiert. Schon während seiner Studienzeit hatte der bald 32-jährige Sänger Auftritte in Genf, Bayreuth und Karlsruhe. Große Opernpartien sang er in Paris, Oslo, Glyndebourne, München und Brüssel. In der nächsten Spielzeit debütiert er an der Semperoper in Dresden. In Frankfurt ist Björn Bürger im November als Georg in der Uraufführung „Der Mieter“ von Arnulf Herrmann zu erleben. Er ist verheiratet mit Esther Dierkes, die 2015 ihr Examen bei Hedwig Fassbender absolvierte und sofort Aufnahme ins Opernstudio Stuttgart erfuhr. Ab der Spielzeit 2017 / 18 gehört sie fest zum Ensemble der Oper Stuttgart, die 2016 Opernhaus des Jahres war.

Alle 16 Teilnehmer mit Hedwig Fassbender nach dem Konzert

Wer nun vermutet, Hedwig Fassbender setze sich als Pädagogin zur Ruhe, der irrt. Vor drei Jahren entstand unter ihrer künstlerischen Leitung in Kooperation mit den „Jeunesses Musicales Deutschland“ ,gefördert von der Deutsche Bank Stiftung, das „Exzellenz-Labor Gesang“. Regelmäßig betreut sie die Opernstudios in Frankfurt und Zürich und ist als Gastdozentin auch an Opernstudios in Paris, Hannover und Moskau eingeladen. Soeben beendete sie einen internationalen Meisterkurs im Rahmen der Sommerakademie am Salzburger Mozarteum. Und einen Monat später widmet sie sich in der Musikakademie Schloss Weikersheim im Exzellenz-Labor Gesang der Oper.

Da sie mehrere Sprachen spricht wie Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und auch Repertoire in ungarischer, tschechischer und russischer Sprache unterrichtet, kann sie mit den Teilnehmern ihrer Kurse, die aus der ganzen Welt kommen, bestens kommunizieren. Ihre Studentinnen und Studenten schätzten ihre herzlich-persönliche Zuwendung sehr.

Sie wird weiterhin auf Opernbühnen stehen, Meisterkurse abhalten und coachen. Hedwig Fassbender hat sich in anderthalb Jahren zum zertifizierten systemischen Coach ausbilden lassen. Diese Tätigkeit wird sie ab Herbst auch wahrnehmen. Man kann nur sagen: „Chapeau“ für diese außergewöhnliche Künstlerin!

→„Der Goldene Drache“: Musiktheater von Péter Eötvös an der Oper Frankfurt

→ „Le Cantatrici Villane“ von Valentino Fioravanti an der Oper Frankfurt

→ „Martha oder der Markt zu Richmond“ von Friedrich von Flotow an der Oper Frankfurt

 

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