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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Frankfurter Musikpreis an den Geiger David  Garrett

„Visumspflicht für Klassik abgesagt“

Text und Fotos: Renate Feyerbacher

Im Rahmen der Musikmesse und des Musikmesse Festivals erhielt der Geiger David Garrett im April den Frankfurter Musikpreis, der erstmals in der Paulskirche verliehen wurde. Dotiert mit 15.000 Euro wird er seit 1982 verliehen und ist von der Frankfurter Musikmesse und den Musikinstrumenten-Herstellern ausgelobt.

Viele der Gäste, aber auch Schaulustige drängten sich vor der Paulskirche, um David Garretts  Ankunft zu erleben. Er kam aus New York, wo er lebt. Sofort war er umringt von Presseleuten und Fans. Ein Künstler zum Anfassen. Leger gekleidet, offenes Hemd, Pferdeschwanz, Jeans, den metallenen Geigenkasten fest im Griff, gab er Interviews, Autogramme auch denjenigen, die nicht zu den Gästen gehörten, sondern hinter der Absperrung standen. Er verließ den roten Teppich und ging zu ihnen. Keine Spur von Überheblichkeit. Er ließ sich vom Protokoll nicht drängen.

Stadtrat Mike Josef begrüsste den 36-Jährigen, der 1980 in Aachen als David Christian Bongartz geboren wurde. Er ist das mittlere von drei Kindern des deutschen Juristen und Geigenauktionators Bongartz und der amerikanischen Ballerina Dove-Marie Garrett.

Schon früh entdeckt der Junge in der familiären Schallplattensammlung die großen Geigenvirtuosen Yehudi Menuhin, David Oistrach, Henryk Szeryng und Isaac Stern. Als Kind nimmt er bereits an Jugend musiziert teil und gewinnt einen Preis. Als sich das große Können des Kindes mehr und mehr abzeichnet, entscheiden die Eltern , ihn unter dem Namen der Mutter auftreten zu lassen, da dieser griffiger klingt als der Name des Vaters.

Mit 12 Jahren hat er bereits seinen ersten Schallplattenvertrag mit der Deutschen Grammophon in der Tasche. Nach dem Abitur besucht er auf Wunsch der Eltern zunächst das Royal College of Music in London, schwänzt aber die Vorlesungen und muss  das College verlassen. Endlich darf er nach  New York zum älteren Bruder ziehen und die Juilliard School of Music besuchen. Itzhak Perlman ist sein Lehrer. Mit 23 gewinnt er den Komponistenwettbewerb der School.

Anfangs war David Garrett ausschließlich der klassischen Musik verpflichtet. Dann entwickelte er sein Cross-Over-Projekt. Das heißt, seither verbindet er verschiedene Musikrichtungen wie Klassik, Rock und Pop miteinander. Die Klassik-Puristen sind nicht begeistert. Kritiker nennen ihn: „Fernsehgeiger“, „Hasselhoff der Klassik“, „Pop-Geiger“. Doch zu unrecht. Die Bezeichnungen „Geigenrebell“ und „Teufelsgeiger“ treffen die Situation viel mehr.

Denn, so erzählt Laudator Wolfram Goertz, Musikkritiker der Rheinischen Post, in der Paulskirche, kann Garrett in der Tat teuflisch schnell spielen. Der Geiger kam sogar mit Rimsky-Korsakows  „Hummelflug“ als schnellster Geiger ins GuinessBuch der Rekorde. Und er übernahm auch in dem Film „Der Teufelsgeiger“ die Rolle des Niccolò Paganini. Damit hat er sich allerdings keinen Gefallen  getan. „Garrett bleib bei deinen Saiten“, lautete die Headline in einer Zeitungskritik.

Aber Garretts Crossover-Musik hat nichts mit dem Musi-Schmalz von André Rieu zu tun. Sie bleibt immer geschmackvoll, driftet nicht in schmalzigen Kitsch ab. „Visumspflicht für Klassik abgesagt“, so nennt es Laudator Goertz bei der Preisverleihung. Mancher hätte im Zusammenhang mit Paganini von Pasta-Soße gesprochen. Mit seiner Crossover-Musik lockt Garrett das junge konzertsaalferne Publikum in die Stadien, in leerstehende Hallen oder zum Open-Air, also an unprätensiöse Orte, die junge Menschen bevorzugen.

Wochenlang ist Garrett oft auf Tournee. Nach dem Musikpreis gastierte er unter anderem in Rüsselsheim beim Hessentag, dann in Wien, München, Freiburg, Berlin, Leipzig, Erfurt in München und in Basel …

Garrett erhielt die Goldene Kamera, den Bambi, dreimal den ECHO Pop und fünfmal den ECHO Klassik – zuletzt 2015 mit Brahms und Bruch mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Zubin Mehta. 2018 wird er mit Christoph Eschenbach  in mehreren Städten präsent sein. Weltberühmte Dirigenten bekennen sich zu ihm. In der Paulskirche überraschte er sein Publikum mit einer Sonate von César Franck, grandios und einfühlsam – unterstützt von seinem langjährigen Klavierbegleiter, dem französischen Pianisten Julien Quentin. Das Ganze begleitet von frenetischem Beifall, der eine Zugabe herausforderte.

Das Konzert war am  14. Juni beim Hessentag in Rüsselsheim in der Hessentagsarena zu hören. Mit von der Partie war der Jazz-Pianist, Komponist, Entertainer Joja Wendt.

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