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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„NUMA – Das Sumpfland“ – Installation von Yasuaki Kitagawa in der Weißfrauen Diakoniekirche Frankfurt

Auf dem Wasser gehen … (Matthäus 14, Vers 22 ff)

Von Erhard Metz

Ein Kunstwerk in einem sakralen Raum verhält sich zur konkreten Umgebung – ebenso wie zu den Betrachtern, die diesen Raum aus welchen Gründen auch immer aufsuchen – in einer besonderen Weise und anders, als befinde es sich in einem nichtsakralen Umfeld – heuer wieder einmal zu sehen und zu erleben in der Weißfrauen Diakoniekirche Frankfurt.

Oder: Räume regen per se zu ortsspezifischen Kunstwerken, namentlich Installationen, an. Nicht umsonst wird sich der längst über Frankfurt hinaus bekannte Künstler und Absolvent der Städelschule Yasuaki Kitagawa auf diesen besonderen Ort zur Installation seiner Arbeit „NUMA – Das Sumpfland“ eingelassen haben. Erweist sein „Sumpfland“ doch offensichtlich Referenz allein schon an den wunderbaren Plattenboden der Hallenkirche.

Allerlei Assoziationen – wie auch Spekulationen – seien dem Betrachter erlaubt: Natürlich kann er sich auf – sicher nicht unwichtige – formale Aspekte beschränken. Vor sich sieht er eine komplexe Komposition aus beweglich mit dem Boden wie auch untereinander verbundenen blechernen Platten, darüber führt ein mehrfach geteilter Steg aus hölzernen Latten, ebenfalls mobil-flexibel über diesen Platten montiert – zweifellos eine sehr aufwändige Konstruktion. Begibt sich der Betrachter auf den hölzernen Steg, was – bei einiger Warnung vor möglicher Unfallgefahr – erwünscht ist, gerät er sofort auf schwankendes, wegsackendes Gelände, balanciert um Halt, setzt nur noch vorsichtig Fuß vor Fuß. Quietschende, schmatzende Geräusche tun ihr übriges – in der Tat fühlt er sich wie über ein trügerisches Moor gehend. Oder, wie Kurator Thomas Kober und Laudatorin Ana Karaminova es nicht unplausibel nahelegen, er erfährt auf einmal ganz sinnlich wie körperlich, wie seine Bewegungen, sein Verhalten, ja überhaupt sein Handeln im kleinen wie großen Weltenkreis Einfluß nehmend fortwirken. Jeder Gang über den Steg lässt den unberechenbar beweglichen Grund anders reagieren, jeder Schritt fühlt sich anders an als der zuvor gewagte, lässt die metallenen Platten das Licht im Kirchenschiff anders reflektieren.

Vielleicht auch wähnt sich der Betrachter – auf dem schwankenden Steg die Augen schließend – über einer dicht mit Seerosenblättern überwucherten Wasserfläche. Wie überhaupt die Seerosenteiche in Claude Monets Garten in Giverny dem Wandelnden in der Fantasie erscheinen mögen.

Vielleicht ja auch auf dem See Genezareth, auf dessen Wassern dem Evangelium nach einst Jesus zum Erschrecken seiner Jüngerschar ging wie auch Petrus, der das Boot verließ, der nach wenigen Schritten jedoch Glauben, Mut und alles Vertrauen in Jesus wie auch in sich selbst verlor und in den Fluten zu versinken drohte.

Eine großartige Arbeit, am richtigen Platz in diesem Raum, in der Frankfurter Weißfrauen Diakoniekirche.

Yasuaki Kitagawa, „NUMA – Das Sumpfland“, bis 30. Juni 2017

Abgebildetes Werk © Yasuaki Kitagawa; Fotos: Erhard Metz

→ „inside-out redrawing“: Yasuaki Kitagawa im 1822-Forum
→ Absolventenausstellung 2011 der Städelschule “ENCORE” im MMK-Zollamt / 3

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