200 Jahre Staatliche Hochschule für bildende Künste – Städelschule – Frankfurt am Main (7)
Rundgang 2017
Jahresausstellung der Studierenden der Staatlichen Hochschule
für Bildende Künste – Städelschule
Letzter Tag: Pfingstmontag, 5. Juni 2017, geöffnet von 10–20 Uhr
Dürerstraße 10 und Daimlerstraße 32
(Eintritt frei)
Von Erhard Metz
Kunst, Gesellschaftskritisches und Experimentelles auch in der Daimlerstraße
Politisch geht es zu in der Galery Italy: Steigt man die steile Holztreppe hinauf in den hölzernen, auf Holzpfosten stehenden White cube-Pavillon, gewahrt man ein Transparent mit Abbildungen von sorgfältig aufeinander geschichteten und exakt ausgerichteten Euro-Noten, weiter eine transparente Euro-Skulptur mit kunterbunten Kügelchen – die Assoziation an die „Ziehung der Lottozahlen“ mit gläserner Trommel und gläsernem Auslaufrüssel liegt auf der Hand. Wer nun wird im großen Euro-Lotto gewinnen?
↑↓ Ryan Cullen, Galery Italy
Den möglichen Gewinn kann man dann gerne in einem Steuer(hinterziehungs)paradies parken – einer hübschen, kleinen, palmenbestandenen Insel im karibikblauen Meer etwa. Xenia Bonds Arbeit befindet sich bezeichnenderweise direkt unter der Galery Italy.
Xenia Bond, Atlantic Ridge
Bissig auch die Installation von Edi Danartono: Auf dem kleingemusterten Altenheim-Teppich ein vertikales Regal „zum Sammeln und Bewahren“, es enthält anscheinend schwere Wackersteine, die das Leben sinnlos belasten, auf dem Block im Vordergrund zwei Kopfhörer, an ein Paar von Hörgeräten erinnernd.
Edi Danartono; so lauten die Titel der vier Arbeiten: Help the aged (Tapete für ein Altenheim); Sammeln & Bewahren (wait & listen); Selbstbildnis mit Javaneraffe (Elective affinity); Natural Geographic Sound Integrated Stereo Amplifier (Bernstein)
Ein ebenso schönes wie rätselhaftes Diptychon zeigt Stian Hansen, aber wir haben uns ja in die Daimlerstraße begeben nicht um Antworten auf Fragen serviert zu bekommen, sondern um Antworten zu suchen oder – besser noch – um uns zunächst erst einmal über mögliche Fragen klarzuwerden.
Rätselhaft auch die an einen naturwissenschaftlichen Forschungsaufbau erinnernde skulpturale Installation von Lars Karl Becker (wir lernten ihn zuletzt in Folge 6 kennen).
↑ Stian Hansen, Untitled (Fiery Serpent), Diptych
↓ Lars Karl Becker, That should Not Happen Again, Bottles, cloth camo tape, drill holder, mirror
Alyona Chumachenko hängt einen dreiteiligen, sozusagen „femininen Altar“ an die Wand, der nicht jedem gefallen wird (und erst recht nicht will!).
Alyona Chumachenko, The Altar, (v.l.) Renaissance, Rich Bitch Mary, Orthodox feminism, jeweils Acrylic, watercolor on paper
Und zum Rundgangschluß können wir uns einmal richtig „quälen“ lassen: Eine anmutige und diesbezüglich offenbar sehr kompetente Dame verdreht und verrenkt Körper und Gelenke der Probanden auf der Matte, dass man fast meint, es knacken und krachen zu hören – aber es soll in der Tat recht guttun – zufriedene Mienen der von der Matte Aufstehenden zeigen es. Eine Art medizinische Kunstaktion also. Räumen wir hier kleinmütig ein, dass wir gleichwohl „kniffen“.
Sathit Sattarasart, Fluß ohne Wiederkehr, free massage for blood circulation, carpet, polystyrol
Mit dem heutigen Pfingstmontag endet um 20 Uhr der Jubiläumsrundgang durch die Städelschule. Die Studierenden haben uns eine bunte Palette außergewöhnlicher Arbeiten präsentiert – wir konnten in unserer Serie leider nur einen kleinen Ausschnitt dessen wiedergeben. Der Rundgang stellte unter Beweis: um die Zukunft der Akademie ist es offensichtlich gut bestellt.
Fotos: Erhard Metz