„Patina der Zeit“: Fides Becker im Frankfurter Institut für Stadtgeschichte
Von Brigitta Amalia Gonser
Seit 2010 bietet das Institut für Stadtgeschichte Frankfurter Künstlern die Möglichkeit, ihre Werke in musealem Rahmen öffentlich zu präsentieren. Bis 18. Februar 2018 ist nun Fides Becker mit einer repräsentativen Auswahl ihres Schaffens der Jahre 2009 bis 2015 unter dem Motto „Patina der Zeit“ in den Foyers des Instituts für Stadtgeschichte im Karmeliterkloster zu sehen.
Büste, 2010, Acryl und Eitempera auf Leinwand, 55 x 40 cm
Die außergewöhnliche Künstlerin und empirische Kulturanthropologin Fides Becker, geboren 1962, entwickelt und verfolgt ihre malerischen Strategien im großformatigen illusionistischen Bildraum mit einem subversiven Spiel von Licht und Farbe. Dabei reflektiert sie in ihrer reinen Malerei auf Leinwand alltägliche Gegenstände, Orte oder Räume aus anderen Epochen mit geheimnisvoller Patina, die in unserer Gesellschaft kulturell konnotiert sind. Sie lädt diese psychologisch mit Emotionen auf und verleiht den toten Dingen ein eigenständiges Leben. Dadurch erhalten sie etwas Wesenhaftes und zugleich Morbid-Ambivalentes, was die Durchdringung von Raum und Zeit in unserer heutigen Lebenswirklichkeit erfahrbar macht.
Golem (2), 2011, Acryl und Eitempera auf Leinwand, 170 x 240 cm
So inspirierten Fides Becker der alte Jüdische Friedhof am Frankfurter Börneplatz und der Jüdische Friedhof in Berlin Weißensee, wo die ewige Ruhe der Toten nicht gestört werden darf und sich die Natur schützend über die Gräber legt, zu ihren großformatigen „Golem“-Landschaften, wobei sie dazu die in Mitteleuropa verbreitete Figur der jüdischen Legende assoziierte. Während die Varianten zum Berliner „Spiegelsaal“ in Clärchens Ballhaus oder die „Loge“ Glanz und Gloria ehemaliger Zeiten evozieren, bewegt sie sich mit der beinahe in romantisches Mitternachtsblau getauchten rheinland-pfälzischen „Datsche“ unter Bäumen und den beiden Leder-Canapés im „Contre jour“ eines englischen Gentelmens Clubs in Privat-Sphären.
Loge, 2010, Acryl und Eitempera auf Leinwand, 110 x 140 cm
Sicher spielt der Mensch mit seinen Befindlichkeiten im Œuvre von Fides Becker eine zentrale Rolle. Auch wenn es ihr in ihren neueren Werken eher um die Aufzeichnung menschlicher Spuren geht, nachdem sich im Anschluss an ihr Atelierstipendium an der Cité International des Arts Paris, jener entscheidende Wandel in ihrem künstlerischen Schaffen von 2010 bis heute vollzogen hatte: denn sie wandte sich von der Collagentechnik ab und der reinen Malerei zu und verzichtete seither in ihren Bildern gänzlich auf die menschliche Figur.
Dennoch geht es ihr weiterhin um menschliche Empfindungen wie Sehnsucht, Begehren, Angst, aber auch Lust und Leidenschaft, die sie in ihren Bildern sinnlich erfahrbar machen möchte. Dabei verfolgt sie keine neuen Themen, sondern sucht zu ihren bekannten Motiven – den Betten, Landschaften und Interieurs – einen neuen Zugang.
Vita Fides Becker
Nach ihrem ersten Studium an der Städelschule in Frankfurt am Main bei Thomas Bayrle absolvierte Fides Becker im Anschluss daran die Academie van Beeldende Kunsten in Rotterdam und die Hochschule der Künste in Berlin.
Sie kam in den Genuss des Atelierstipendiums des Künstlerhauses Schloss Balmoral in Bad Ems und zählt zu den aktiven Mitgliedern der Darmstädter Sezession.
Spätere durch Stipendien geförderte Arbeitsaufenthalte führten Fides Becker nach Rotterdam, Amsterdam, New York, Salzburg und Paris.
Fides Becker lebt und arbeitet seit 1996 in Frankfurt am Main und seit 2013 auch in Berlin. Sie wird von der Frankfurter Galerie Heike Strelow vertreten.
Fides Becker ist auf internationalen Kunstmessen präsent, in großen öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten und hat bisher in bekannten inländischen und ausländischen Museen, Kunstvereinen Kunsthallen und Galerien einzeln ausgestellt.
Kunstkataloge mit programmatischen Titeln begleiten oft ihre Ausstellungen.
Als Dozentin vermittelte Fides Becker „Malerische Strategien im Raum“ an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee.
Die Ausstellung läuft bis zum 18.02.2018; an den Samstagen 22. April, 24. Juni, 21. Oktober und 16. Dezember 2017 sowie am 13. Januar und 10. Februar 2018, jeweils 15 Uhr, führt die Kuratorin Brigitta Amalia Gonser durch die Ausstellung im Institut für Stadtgeschichte
Abgebildete Werke © Fides Becker
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