Von Winfred Kaminski
Unter der Überschrift „Pioniere des Comic. Eine andere Avantgarde“ präsentiert die Schirn Kunsthalle noch bis zum 18. September 2016 Werke sechs großer amerikanischer Comic-Künstler. Kuratiert hat die Ausstellung Alexander Braun, der auch für den opulenten Katalog einen Großteil der Beiträge geliefert hat. Der ehemalige Chef der Schirn Kunsthalle, Max Hollein, und Kurator Alexander Braun leisten mit dieser Ausstellung nicht weniger als den Nachweis, dass Comics seiner Zeit revolutionär waren – und zwar nicht nur hinsichtlich der Zusammensetzung ihres Publikums, weil sie gleichermaßen Bürgertum, Arbeiterklasse und das Heer der Einwanderer faszinierten. Alle waren angezogen von der neuartigen Seh- und Leseerfahrung, die ihnen die US-amerikanischen Tageszeitungen seit 1897 anboten. Comics waren das erste Bildmedium, das millionenfach reproduziert wurde, lange vor Fernsehen und Internet.
Alexander Braun bietet in seinen monografischen Studien zu Winsor McCay (1871-1934), Lyonel Feininger (1871-1956), Charles Forbell (1884-1946), George Herriman (1880-1944), Cliff Sterrett (1883-1964) und Frank King (1883-1969) etwas Neues. Im Unterschied zu den schon vorliegenden historischen, soziologischen und pädagogischen Studien zu Comics zielt er auf eine strikt kunstwissenschaftliche und kunstgeschichtliche Sichtweise. Zwar erfahren wir auch in der Ausstellung einiges über die Kämpfe der damaligen Tageszeitungen um die besten und begabtesten Köpfe, aber noch mehr informiert uns Ausstellung und Katalog über die häufig unterschätzte Beziehung der Comic-Künstler zur damals zeitgenössischen Ästhetik.

Winsor McCay
↑ Little Nemo in Slumberland, Sonntagsseite, The New York Herald, 3. Dezember 1905, Privatsammlung
↓ Little Nemo in Slumberland, Sonntagsseite The New York Herald, 23. September 1906, Privatsammlung

Weiterlesen