home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Olivenbäume“: Bilder aus den Vatikanischen Gärten von Monika Müller-Löwenberg

Bilder einer Ausstellung im Atelier Michael Himpel, Offenbach

MML021-500

Olivenbaum, Direktdruck auf Holz, Maserung weiß, Farbe 100%, 90 x 60 cm; © Monika Müller-Löwenberg

Seit ich, es war im April 2007, die Olivenbäume in den Vatikanischen Gärten – die lange Jahre für die Öffentlichkeit nicht zugängig waren – gesehen und fotografiert habe, frage ich mich, was diese Ölbäume in den vielen Jahrhunderten gesehen und gehört haben. Der Ölbaum wird seit dem 4. Jahrtausend vor Christus als Nutzpflanze kultiviert. Bei Homer finden sich zahlreiche Angaben über die Verwendung des Ölbaums. So wurde das Holz des wilden Ölbaums wegen seiner großen Festigkeit zur Anfertigung von Axtstielen verwendet. Das Öl diente zum Salben des Körpers, war aber den Reichen und und Edlen als Luxusgut vorbehalten, wie es in der Ilias beschrieben wird.

Ich träume, ich treffe Papst Franziskus – den Papst der Armen. Ich frage Jorge Bergoglio, er ist mir von allen bisherigen Päpsten, ich bin nicht katholisch, der sympathischste. Ich sage „Jorge“ zu ihm, wir beide wandeln alleine in den „Giardini Vaticani“, die zweihunderttausend Quadratmeter umfassen, also minimal mehr, denke ich, als mein Garten in Seckbach!

„Könnten wir hier von einer Schlange gebissen werden“? frage ich Jorge. Es gibt in den Gärten Schlangen, das habe ich irgendwo gefunden. Dann wäre das ja so ein wenig wie im Paradies, er Adam, ich Eva. „Wie schlau waren die Beiden denn“? frage ich ihn.

Diese alten Olivenbäume haben doch in ihrem langen Leben, das ist ja am knorrigen Stamm zu erkennen, schon viele Gespräche von den verschiedensten Päpsten und deren Begleitern gehört. Man sagt, dass beinahe jede politische Größe und viele Staatsoberhäupter unter den Olivenbäumen gewandelt sind. Zuletzt hattest Du, Jorge, Besuch vom Oskar-Preisträger Leonardo Wilhelm DiCaprio. Mit seiner 1998 – im Alter von 24 Jahren – gegründeten „Leonardo DiCaprio Foundation“ setzt er sich für den Umweltschutz und gegen die globale Erwärmung ein. Das war bestimmt kein Smalltalk.

Papst Franziskus druckst ein wenig herum, der Vergleich mit Adam und Eva hat ihm wohl nicht zugesagt. Auch fühlt er sich bedrängt durch meine Fragen. Aber im Traum, denke ich, kann doch ein ganz unverfängliches Gespräch stattfinden, außerdem sind wir beide ja alleine und außer den Bäumen und vielleicht Schlangen, Vögeln und allerlei anderem Getier hört uns keiner zu.

Ich möchte auch wissen, wie nah uns Gott hier in Vatikanstadt ist. Vielleicht könnte er helfen, die Olivenbäume zu motivieren mit uns zu sprechen. Schmunzelnd sagt er „Frauen sind wirklich sehr neugierig“, das ist keine befriedigende Antwort für mich.

Hat er auch schon mit so vielen Politikern gesprochen, dass er mir so diplomatisch aus dem Weg geht? So kommen wir nicht weiter.

Langsam komme ich zu mir. Die Gehörschützer lassen immer noch knatternde Geräusche an meine Ohren. Langsam öffne ich die Augen und blicke vor mir auf das Gerät, das diese Geräusche verursacht, „Optima 1,5 Tonnen“ steht darauf. Darin liegt mein rechtes Knie, Kernspintomographie, ich erinnere mich. Angeblich hat es zwanzig Minuten gedauert.

Im antiken Griechenland galt der Ölbaum als heiliger Baum der Göttin Athene. Der Sage nach stritten sich Poseidon und Athene um die Vorherrschaft über Athen und Attika, worauf Poseidon in Athen eine Quelle entspringen ließ; Athene aber ließ auf der Akropolis den ersten Ölbaum wachsen.

Da entschieden die Athener, dass der Ölbaum nützlicher sei, und so wurde Athene Athens Stadtgöttin. Dieser Ölbaum wurde verehrt und verbrannte, als die Perser die Stadt einnahmen. Doch schon wenige Tage später trieb er wieder aus, was als ein besonders gutes Omen gedeutet wurde. In der Akademie standen die der Athene geweihten unantastbaren Ölbäume; sie stammten der Überlieferung nach vom ersten Ölbaum auf der Akropolis.

Mit meinen vielen Fragen an Jorge komme ich nicht weiter. Er lenkt ab, wir befinden uns 2016 im Heiligen Jahr, das „Heilige Jahr der Barmherzigkeit“. Papst Franziskus hat alle Christen aufgerufen, „Apostel der Barmherzigkeit“ zu sein.

Meine Freundin Eva bringt mir aus Rom immer ein Kerzchen mit. Diesmal gab es keine Kerzen mehr, alle ausverkauft. Stattdessen bekam ich eine kleine Karte, wie eine Scheckkarte, auf dem Titel der Papst mit einer kleinen Medaille hinter Folie, zum Heraustrennen: „Lass diese Medaille segnen und trag sie immer bei Dir“. Ich überlege, an welchem Teil meines Schmuckes ich sie befestige. Auf der Rückseite steht: „Alle Personen, die diese Medaille tragen, werden große Gnaden erhalten. Die Gnaden werden überreicht sein für jene, die Vertrauen haben,“ so die heilige Jungfrau Maria zur heiligen Katharina Labouré im Jahr 1830. Das ist Vatikanisches Marketing.

Ein Sündenfall, wie bei Adam und Eva, fand nicht statt. Mein Resümé, ich kann weiter träumen und stelle mir vor, was diese wundervollen Bäume schon alles gesehen und gehört haben. Dazu brauche ich allerdings keine Kernspintomografie mehr.

Von Monika Müller-Löwenberg

Triptichon-670

Olivenbaum, Triptychon, Original Photoabzug schwarz/weiß unter Acrylglas, 3 Teile je 80 x 35 cm, © Monika Müller-Löwenberg

1727-007-600

MEGA FINE ART auf Hahnemühle German Etching 310 g, Höhe 60 cm für alle 8 Motive; Foto: © Foto Wachendörfer

→ Ölbaum

→ Autorinnen und Autoren: Monika Müller-Löwenberg

Comments are closed.