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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Vorschau auf die Konzertsaison 2016/2017 des hr-Sinfonieorchesters

Vertiefen und entwickeln

Von Renate Feyerbacher

Eine Überraschung gab es bei der Pressekonferenz am 18. April 2016 im Foyer des Hessischen Rundfunks: Hörfunk-Programmdirektor Heinz-Dieter Sommer verkündete die Vertragsverlängerung mit dem Chefdirigenten Andrés Orozco-Estrada bis zur Saison 2020/2021. Der 1977 in Kolumbien geborene, in Wien ausgebildete und dort lebende Dirigent gehört heute zu den Grössen seiner Generation. Der Vertrag wurde in Anwesenheit der Journalisten unterzeichnet.

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Hörfunkdirektor Heinz-Dieter Sommer und Andrés Orozco-Estrada unterzeichnen den Verländerungsvertrag

Orozco-Estrada übernahm 2014 die Leitung des hr-Sinfonieorchesters. Er habe, wie er sagte, die hervorragenden Musiker des Klangkörpers von Anfang an sehr geschätzt. Nun kenne man sich natürlich besser und habe zu einem tiefen gegenseitigen Verständnis gefunden. Eine von Erfolg gekrönte Entwicklung.

Es wird Altbewährtes und Neues und vor allem eine Saison geben, die die Crème de la Crème des internationalen Musiklebens mit dem hr-Sinfonieorchester zusammenbringt. Orozco-Estrada wird seine Bartok-, Brahms-, Martinù- und Mahler-Reihen fortsetzen. Le sacre du printemps“ von Igor Strawinsky wird er in einem Gesprächskonzert vertiefen. Insgesamt 103 Konzerte sind in der kommenden Spielzeit geplant, davon 87 Konzerte hessenweit.

Vorab sei der „Artist in Residence“ vorgestellt: Es ist der französische Oboist François Leleux, der zur Weltspitze der Bläsersolisten gehört. Er gab eine Kostprobe seines Könnens, bei der er seinem Instrument einen feinen, einfühlsamen, lyrischen Ton entlockte, der die Psyche berührt. Einen „Seelenbohrer“ nannte ihn ein Musikmagazin 2015. Aber, so Leleux, die Oboe könne auch frech und lustig sein.

Am 13./14.Oktober 2016 wird Leleux mit dem Orchester und seinem Chefdirigenten das berühmte Mozart-Oboenkonzert in der Alten Oper spielen. Die Süddeutsche Zeitung war seinerzeit begeistert von seiner Interpretation und sprach von geradezu berauschender Klangschönheit des Tons, „der an Süße kaum zu übertreffen ist“. Leleux wird an diesem Abend auch die Uraufführung des Oboenkonzerts des Schweizer Komponisten Michael Jarrell bestreiten, ein Auftragswerk des Hessischen Rundfunks und der Utah Symphony.

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François Leleux am 18. April 2016 im Hessischen Rundfunk

Das Ehepaar François Leleux und Lisa Batiashvili widmet sich im Januar 2017 dem Konzert für Violine und Oboe c-moll von Johann Sebastian Bach. Die georgische Geigerin, ECHO Klassik-Preisträgerin, im letzten Jahr „Artist in Residence“ bei den New Yorker Philharmonikern und derzeit noch beim Tonhalle-Orchester Zürich, zählt zu den erfolgreichsten Solistinnen ihres Faches. Einige Komponisten haben für das Künstlerpaar Doppelkonzerte für Oboe und Violine geschrieben, so auch der französische Komponist und Organist Thierry Escaich, dessen Werk 2014 in Hamburg uraufgeführt wurde. Es wird auch auf dem Programm des Abends stehen, den Chefdirigent Andrés Orozco-Estrada verantwortet.

Weitere weltberühmte, hochkarätige Geigenvirtuosen werden kommen: Hilary Hahn, Joshua Bell, Leonidas Kavakos und Daniel Hope. Letzterer wird mit dem Orchester im Rahmen des Schlewig-Holstein Musik Festivals in der neuen, endlich fertig gestellten Elbphilharmonie in Hamburg gastieren. Hope verbrachte seine Kindheit im Londoner Haus von Yehudi Menuhin (1916-1999); er sei der Grund gewesen, warum er Geiger wurde, so Hope. Mit Menuhin, der am 22. April hundert Jahre alt geworden wäre, der später nur noch dirigierte, gab Hope über sechzig Konzerte weltweit. Menuhin habe ich als Dirigenten Ende der 1990er Jahre im Kloster Eberbach noch erleben können. Eine beindruckende Persönlichkeit.

Der temperamentvolle, türkische Pianist, Komponist und Ausnahme-Musiker Fazil Say, ein Liebling in Frankfurt, wird im April 2017 auch wieder kommen, mit einer eigenen Komposition und mit einem Mozart-Werk. Er war in der Saison 2012/2013 „Artist in Residence“.

Der gebürtige Ostberliner Jan Vogler wurde in New York zum Star. Für den Cellisten, der jahrelang in der Staatskapelle Dresden spielte, ist Musik „die Krone der Gesellschaft“. Sein Kraftzentrum, damals in der DDR und heute in New York, sei seine Familie. Er habe die DDR gut überlebt, erzählt er in dem Konzert-und Opernmagazin „Concerti“ im Februar 2015: „… die deutsche Einheit … die größte Sache meines Lebens … Ich bin ein leidenschaftlicher Kosmopolit“.

Er wird in der Alten Oper „Schelomo – Rhapsodie Hébraique“ von Ernest Bloch interpretieren. Der Dirigent dieses Konzertes wird Eliahu Inbal sein, der heutige Ehrendirigent des hr-Sinfonieorchesters, das er sechszehn Jahre, damals hiess es noch Radio-Sinfonierorchester Frankfurt, leitete. Das Konzert findet am 24./25. November 2016 in der Alten Oper Frankfurt statt.

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Gautier Capuçon am 9. Juni 2015 bei einer Probe im hr-Sendesaal

Der französiche Cellist Gautier Capuçon wird mit dem Orchester und seinem Chefdirigenten auf Tournee in Spanien sein, und der britische Cellist Steven Isserliss konzertiert mit Philippe Herreweghe in San Sebastian. Herreweghe ist auch vor Ort mit dem eigenwilligen Werk „Das Paradies und die Peri“ von Robert Schumann mit dem Collegium Vocale Gent und der Sängerin Julia Kleiter als Peri. Die gebürtige Limburgerin singt weltweit auf allen grossen Opernbühnen und in Konzertsälen.

Noch ein weiterer Ehrendirigent, Paavo Järvi, wird kommen: Er begleitet den in Taschkent geborenen, weltberühmten Pianisten Yefim Bronfman. Aber bis dahin muss sich das Publikum noch gedulden (23./24. März 2017).

Wieder wird es, am 17. August 2016, ein Open Air-Konzert an der Weseler Werft geben, die im vergangenen Jahr aus allen Nähten platzte. 20.000 Menschen hörten vor Ort und auf der anderen Flussseite zu.

Das erste Konzert in der Alten Oper ist etwas herausragend Neues: die konzertante Aufführung der Oper „Salome“ von Richard Strauss mit hochkarätiger Sängerelite unter Leitung von Andrés Orozco-Estrada. Im Dezember 2016 kommt Christoph Eschenbach mit den Solisten der Kronberg Academy in den Sendesaal des Hessischen Rundfunks. Fünf Monate später gibt es einen weiteren Höhepunkt: Der Komponist Péter Eötvös bringt den schwedischen Star-Trompeter Håkan Hardenberger und den Slowakischen Philharmonischen Chor aus Bratislawa mit. Es gibt eine Eötvös-Uraufführung!

Noch ein Frankfurter Pianisten-Liebling wird kommen: der Franzose Pierre-Laurent Aimard, der Beethovens 5. Klavierkonzert spielt. In diesem Jahr war er bereits im gefeierten Beethoven-Projekt des hr-Sinfonieorchesters dabei. Erst spät sei er zu den Klavierkonzerten des Komponisten gekommen, weil er etwas gegen Faulheit habe, sich nur mit erfolgreichem Repertoire zu beschäftigen. Aber in einem Interview betont Aimard die Herausforderung: „Beethoven als der Prophet des Klanges, er macht da unglaubliche Sachen! Vielleicht kann ich – auch wenn das jetzt prätentiös klingt – als Spezialist für Neue Musik und gleichzeitig Liebhaber alter Instrumente eine Beethoven-Interpretation bringen, die nicht klingt wie alle anderen auch.“ Dirigieren wird der 1983 in Freiburg geborene David Afkam, der 2010 den Salzburger „Young Conductors Award“ gewann und auch schon beim hr-Sinfonieorchester Gast war. Ausser Beethoven präsentiert er am 2./3.Februar 2017 Schostakowitsch in der Alten Oper.

Noch ein Frankfurter Pianisten-Liebling wird kommen: der Franzose Pierre-Laurent Aimard, der Beethovens 5. Klavierkonzert spielt. In diesem Jahr war er bereits im gefeierten Beethoven-Projekt des hr-Sinfonieorchesters dabei. Erst spät sei er zu den Klavierkonzerten des Komponisten gekommen, weil er etwas gegen Faulheit habe, sich nur mit erfolgreichem Repertoire zu beschäftigen. Aber in einem Interview betont Aimard die Herausforderung: „Beethoven als der Prophet des Klanges, er macht da unglaubliche Sachen! Vielleicht kann ich – auch wenn das jetzt prätentiös klingt – als Spezialist für Neue Musik und gleichzeitig Liebhaber alter Instrumente eine Beethoven-Interpretation bringen, die nicht klingt wie alle anderen auch.“ Dirigieren wird der 1983 in Freiburg geborene David Afkam, der 2010 den Salzburger ‚Young Conductors Award‘ gewann und auch schon beim hr-Sinfonieorchester Gast war. Ausser Beethoven präsentiert er Schostakowitsch am 2./3.Februar 2017 in der Alten Oper.

Im Februar 2017 engagiert sich das hr-Sinfonieorchester zusammen mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester beim 8. Internationalen Dirigentenwettbewerb Sir Georg Solti. Es werden wieder viele Anmeldungen erwartet, aber nur die Besten erhalten eine Einladung. Eine Jury entscheidet, aber auch das Publikum, dessen Votum manchmal von dem der Jury abweicht. Richtig spannend!

„Barock+“ (Konzertreihe mit hochkarätigen Vertretern der historischen Aufführungspraxis), Kammerkonzerte, „Auftakt“ (die Debüt-Reihe wurde umbenannt), „Forum N“ für zeitgenössische Musik, Familienkonzerte und „Junge Konzerte“: dies alles wird wieder geboten werden. Fürwahr ein hochkarätiges, abwechslungsreiches Programm!

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Chefdirigent Andrés Orozco-Estrada

Am 18. September 2016 findet „Backstage für alle“ (Tag der offenen Tür beim  hr-Sinfonieorchester und der hr-Bigband) statt: Dann können Gross und Klein sich informieren und Instrumente ausprobieren. Das Sinfonieorchester, Jazz-Combos und die Big-Band zeigen ihr Können.

Ausführliche Informationen enthält die Broschüre Konzerte 2016/2017, die im Hessischen Rundfunk und vielerorts ausliegt.

Fotos: Renate Feyerbacher

 

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