„Il Trittico“ – (Das Triptychon) von Giacomo Puccini an der Oper Frankfurt
Zweite Wiederaufnahme – Zusammen an Bord die lebenden und die toten Seelen
Von Renate Feyerbacher
Fotos: Barbara Aumüller/Oper Frankfurt
„Il trittico“ hatte am 13. Januar 2008 Premiere. Die zweite Wiederaufnahme nach acht Jahren hat dank des fantastischen Sängerteams nichts an Strahlkraft eingebüsst. Zum Triptychon gehören die Einakter „Il tabarro“ (Der Mantel), „Suor Angelica“ (Schwester Angelica) und „Gianni Schicchi“. Alle drei sind verbunden durch Variationen über den Tod. Eifersucht, Begehren, Mord und Suizid kennzeichnen den „Mantel“. Sehnsucht nach dem Kind, Verzweiflung über dessen Tod und Suizid sind Thema von „Schwester Angelica“. In „Gianni Schicchi“ ist es das makabre Spiel mit einem Toten, inszeniert aus Geldsucht. Allenfalls im letzten Stück gibt es etwas zu lachen.
Giacomo Puccini (1858-1924) hat diese drei musikalisch und thematisch unterschiedlichen Stücke komponiert, die er an einem Abend vereint sehen wollte, bestand aber schon vor der Uraufführung an der New Yorker Metropolitan Opera 1918 nicht mehr auf einem Gesamt-Abend.
Il tabarro: Vincent Wolfssteiner (Luigi) und Elza van den Heever (Giorgetta); Foto © Barbara Aumüller
Das Bühnenbild von Christian Schmidt, ein Schiff mit zwei Ebenen, ist immer in Bewegung und bietet die Kulisse für alle drei Stücke: Es ist Schlepperkahn, Kloster und Sterbezimmer. Oben, neben den Räumen für die Lebenden, befindet sich das Deck der toten Seelen, die auf dem „Totenschiff“ umher wandeln. Beide Ebenen sind durch eine grosse Treppe verbunden.
Und so beginnt der Abend: Ein kleiner weiss gekleideter Junge steigt langsam die lange Treppe des Schiffes herunter und geht davon. Eine berührende Szene. Es ist das tote Kind von Giorgetta und Michele.
Der in Frankfurt geborene Regisseur Claus Guth lässt weiss gekleidete Tote in allen drei Einaktern, für die Protagonisten nicht sichtbar, auf der Bühne umher wandeln. Sie sind die Klammer für das Triptychon, für die Inszenierung, die tief, intelligent und ausgefallen ist. „Die Visualisierung des Nicht-Sichtbaren“ hat Guth fasziniert. Wie andere Regiearbeiten des Theaterpreisträgers „Der Faust“ fesselt auch „Il trittico“. Von den Sängerinnen und Sängern verlangt Guth auch schauspielerische Hochleistung. Wie bei der Premiere sang Željko Lucic („Falstaff“) in „Il tabarro“ die Rolle des Michele. Der eifersüchtige Ehemann verschmerzt es nicht, dass er die Liebe seiner Frau Giorgetta an einen anderen verlor. Er wird zum Mörder des Nebenbuhlers. Stimmgewaltig sind seine Eifersuchtsausbrüche, sanft und zärtlich sein Flehen um Giorgettas Liebe. In dieser Szene legt er den Mantel, an eine frühere Situation erinnernd, versöhnend und einigend um Giorgetta und das Kind. Vergeblich.
Gianni Schicchi: (v.l.n.r.) Karen Vuong (Nella), Suzanne Hendrix (Zita), Željko Lucic (Gianni Schicchi), Joanna Krasuska-Motulewicz (Ciesca); Foto © Barbara Aumüller
Grosse Spiel- und Sangesfreude hat Željko Lucic als betrügerisches Schlitzohr Gianni Schicchi. Er soll helfen, denn der schwerreiche, verstorbene Florentiner Bürger Buoso vermachte sein gesamtes Vermögen armen Klosterbrüdern und nichts seiner Verwandtschaft. Das wollen die zerstrittenen, geldgierigen Erben nicht dulden und bitten Gianni Schicchi, nach Lösungen zu suchen. Das vorliegende Testament des Toten muss verschwinden. Das Szenario, das dieser vorschlägt, verhilft letztendlich seiner Tochter zu Reichtum und nicht der heuchlerischen Verwandtschaft. Gianni Schicchi beruht auf einer Episode aus der „Divina Commedia“ (1321) von Dante Alighieri. Dieser hat Schicchi wegen dieses Betruges in die Hölle verbannt. Auch in der Oper geht es ähnlich aus.
Zehn Jahre, von 1998 bis 2008, gehörte Željko Lucic, der gebürtige Serbe, zum Ensemble der Oper Frankfurt, wo er seine Karriere begann. Viele Partien, mit denen er heute weltweit Erfolg hat, sang er in Frankfurt zum ersten Mal.
Suor Angelica: vorne Elza van den Heever (Suor Angelica) und dahinter Suzanne Hendrix (La zia principessa, Fürstin); Foto © Barbara Aumüller
Die Sopranistin Elza van den Heever war ebenfalls einige Jahre Mitglied im Ensemble und ist heute gefeierter Star an allen grossen Opernbühnen: New York, London, München, Zürich, Toronto, Dallas, Bordeaux. Die gebürtige Südafrikanerin hat in der Premiere vor acht Jahren die Giorgetta gesungen und jetzt wieder. Und sie singt auch die Partie der Schwester Angelica – zum ersten Mal. Ihre Interpretation der beiden Rollen sind mehr als eindrucksvoll: Hinreissend ist ihre Stimme und ihr Spiel. Die Adelige Angelica wurde nach der Geburt des unehelichen Sohnes ins Kloster verbannt. Als die verwandte Fürstin, eindrücklich interpretiert von der amerikanischen Mezzosopranistin Suzanne Hendrix, die in Frankfurt debütiert, ihr mitteilt, dass das Kind gestorben ist, will sie ihm nahe sein und tötet sich.
Vincent Wolfsteiner, Claudia Mahnke, Louise Alder, Karen Vuong und viele andere grossartige Sängerinnen und Sänger haben diesen Abend gestaltet und wurden vom Publikum ebenso wie das Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Jakub Hrůša überschwänglich gefeiert.
Weitere Vorstellungen am 20., 25., 28. und 31. März, ferner am 3. und 9. April 2016