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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Das Kunstwerk der Woche (10)

 

Die Arbeit einer Künstlerin oder eines Künstlers
aus den Atelierhäusern in Frankfurt am Main

Johannes Kriesche, AtelierFrankfurt

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„Musenträne des Magus“, Bodeninstallation mit akustischen und optischen Sequenzen (ein Werk zur LUMINALE 2016 im Kunstverein Familie Montez), LED-Tubes, Silikon, Glaskugeln, Handys, Eisen, ca. 150 x 100 x 60 cm, Fotos Johannes Kriesche, © VG Bild-Kunst, Bonn

Von Erhard Metz

Ein singuläres Kunstereignis steht in Frankfurt und Offenbach bevor: Die LUMINALE. Nun wissen wir nicht, von welchem Satan die Veranstalter geritten wurden, als sie die Eröffnung dieses Spektakels auf einen Sonntagabend legten, noch dazu auf den „super sunday“ der drei Landtagswahlen, an welchem der Staatsbürger doch den Gang der politischen Dinge am Bildschirm verfolgen möchte! So weit, so schlecht. Wenden wir uns lieber dem Kunstwerk dieser 10. Woche des inzwischen älter gewordenen Jahres zu.

Bereits seit vier Luminalen beschäftigt sich der Künstler Johannes Kriesche mit Licht im Außenraum. Zum diesjährigem Event hat er sich auf eine Überlegung konzentriert: Was passiert, wenn Kunstwerken, die mit Licht zu tun haben, das Licht ausgeht?

Nun, Johannes Kriesche weiss eine Antwort: „Bei der LED-Technik ist eine extrem lange Leuchtdauer schon erreicht, sie umfasst bei guten hochwertigen LEDs an die 50.000 Stunden und mehr, das ist schon sehr effektiv und nachhaltig. Nur irgendwannn erlischt sie halt doch, und dann ist es so eine Sache mit der Ersetzbarkeit. Ich gehe da einen zweiten Weg, der den Anspruch hat, dass die Lichtplastik auch ohne künstliches Licht eine hohe Wirkung hat und künstlerischen Charme ausstrahlt: Durch den Einsatz von kleinen Glaskugeln, in der Industrie auch Mahlperlen genannt (hat also nichts mit Malerei zu tun, sondern mit Mühlwerken), erreiche ich eine Reflexion des Tageslichts, was mich an meine anfängliche Begeisterung für Pointilisten in der Malerei erinnert. Das Licht ist ein Punkt, ist ein weitere Punkt …

Die erste Arbeit war ein reiner Zufall aus Neugier: In meinem Atelier hing ein Trichter an der Wand und ich steckte aus Jux einen Pinsel rein, wie ein Ready-Made. Ich beklebte den Trichter nun mit den Glaskugeln, die sich gegenseitig ein wunderbares Licht zuwerfen – und einer von sieben ‚Musenbusen# war entstanden! Daraufhin entwickelte ich einen Lichtknoten („Unlösbare Erinnerungen“) mit einem biegsamen LED-FlexTube.

Und so konnte ich die Idee weiterführen für die LUMINALE: Die ‚Musenträne des Magus‘. Im Mittelpunkt steht ein blaues Blütenblatt, das umgeben wird von einer halben Form eines Tropfens – als wenn man in einen Bernstein schaut, der ein Insekt oder Pflanzenteil aus der Frühzeit der Entwicklung in sich birgt … Der Titel der Arbeit zielt darauf hin, dass im Mittelalter ein Künstler sich nicht nur als Handwerker verstand, sondern auch als Wissenschaftler und Magier (lateinisch: Magus) und sich mit Phänomenen der Natur beschäftigte (z.B. Linsentechnik, Magnetismus). Erst in der Romantik, die sich mit einer Art Logo, der blauen Blume verbindet, die wiederum auf einen Roman von Novalis zurückgeht, wurden erneut und verstärkt optische, akustische und andere Phänome begeistert untersucht und ausgestellt.

Ich habe versucht, die blaue Blume mit der Kommunikation von heute zu verbinden: Unsere Gesellschaft kommuniziert mit diesem kleinen Apparat, der wirklich von Magie ist, dem Smartphone. Wir, Ihr, Ich, Du, Sie, Er, gebrauchen es tagtäglich und tragen eigentlich Magie mit uns herum. Wie wunderbar einerseits, jedoch andererseits wie abhängig, entsinnlicht und zeitraubend zugleich unsere Welt davon beherrscht wird – dies versuche ich mit dieser Lichtplastik anzudeuten.“

Die LUMINALE 2016 beginnt am Sonntag, 13. März 2016 mit Einbruch der Dunkelheit. Die „Musenträne des Magus“ ist – mit Lichtkunstwerken vieler anderer Künstlerinnen und Künstler – bis zum 18. März im Kunstverein Familie Montez zu sehen. Unser Rat: unbedingt hingehen!

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