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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Max Beckmann-Preis 2016 der Stadt Frankfurt am Main an Agnès Varda

Agnès Varda: Filmemacherin, Fotografin, Multi-Media-Künstlerin
„Machen Sie immer noch weiter in Ihrem Alter?“

Von Renate Feyerbacher

Am Vorabend von Max Beckmanns (1884-1950) Geburtstag überreichte Oberbürgermeister Peter Feldmann Agnès Varda den mit 50.000 Euro dotierten Preis. Die Stadt Frankfurt am Main verleiht die Auszeichnung alle drei Jahre – erstmalig 1978 – für hervorragende Leistungen im Bereich Malerei, Grafik, Bildhauerei und Architektur. Nun etwas Neues: Erstmals wurde er an eine Filmemacherin vergeben und erst zum dritten Mal an eine Frau – nach der Malerin Maria Lassnig (2004) und der Frankfurter Fotografin Barbara Klemm (2010).

Leichtfüssig schritt die 87jährige neben Oberbürgermeister Feldmann durch den Metzler-Saal im Städel Museum, den Max Hollein zur Feierstunde vorgeschlagen hatte. Faszinierend Vardas kecke Frisur in weiss-rot gehalten. Das Stadtoberhaupt begrüsste sie als „Grand-mère de Nouvelle Vague“, einer Stilrichtung des französischen Films, zu deren ausschliesslich männlich besetztem Kern sie nicht gehörte und gehören wollte: als Macho-Verein bezeichnete sie ihn. Vardas Film-Sicht ist persönlich, eigenwillig, feministisch. Die österreichische Filmwissenschaftlerin Christa Blümlinger, die in Paris lehrt und die Preisträgerin schon lange kennt, gab einen Überblick ihres vielfältigen Schaffens. Sie nannte Varda die Erfinderin eines eigenen Stils, der dokumentarisch-fiktional arbeitet und die Welt sinnlich wahrnimmt und autobiografisch geprägt ist. Baudelaire und Rilke inspirierten sie.

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Agnès Varda mit dem Goldenen Buch der Stadt Frankfurt am Main, für das sie sich begeisterte; Foto: Renate Feyerbacher

Die in Brüssel geborene Agnès Varda, die in Paris studierte, viele Jahre zunächst als Fotografin, als Porträtistin von Schauspielern arbeitete, drehte 1954 ihren ersten Film – und sie dreht auch heute noch. In ihrer Dankesrede offenbarte sie sich als Kennerin des Städel- Museums und vieler seiner Werke, erwähnte Monet und Beckmann. Zunächst sprach sie viel über Malerei, die sie begeistert. Nun entwickelt sie seit zwölf Jahren multimediale Installationen. Es ist eine sehr persönliche, bescheidene Rede, die auch von ihrem Besuch am Meeresstrand in der Normandie vor kurzem erzählt, wo sie den französischen Street art-Künstler JR porträtierte. Begeistert erzählte sie vom Sturm, der dort tobte – ein schönes, spektakuläres Ereignis.

Jemand hatte sie einmal gefragt: „Machen Sie immer noch weiter in diesem Alter?“ Ja, sie macht weiter und bedankt sich bei dem Publikum, zu dem zahlreiche Vertreter der Stadtpolitik, viele Frauen und die Max-Beckmann-Preisträgerin 2010, Barbara Klemm, gehörten, mit dem Satz: „Danke, dass sie mich ermutigen weiterzumachen.“

Danach wanderten diejenigen, die Karten ergattert hatten, ins Kino des Deutschen Filmmuseums, wo Agnès Varda ihren Film „Jacquot de Nantes“ von 1991 vorstellte. Der Film erinnert liebevoll an ihren 1990 verstorbenen Ehemanns Jacques Demy. Was er in der Kindheit erlebte, „ist im Kern Stoff seiner späteren Kinofilme, für die er zunächst gefeiert wurde, bevor er nicht mehr mit dem sich wandelnden Zeitgeist Schritt halten konnte – oder wollte“ (Deutsches Filminstitut).

Trost für diejenigen, die nicht dabei sein konnten: Agnès Varda wird am 14. April 2016 erneut ins Deutsche Filmmuseum kommen.

 

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